Miles Flint 01 - Die Verschollenen
worden war.
In Gedanken vermerkte Flint die Überbrückung, ehe er ins Cockpit ging … und wie angewurzelt stehen blieb. Die dritte Leiche starrte ihm entgegen. Sie war nicht ausgestreckt wie die anderen. Sie war an den Pilotensessel gefesselt worden. Ausgeweidet war sie wie die anderen, aber der Rest – der Rest war viel schlimmer.
Flint wandte sich ab und stellte fest, dass DeRicci ihn beobachtete.
»Sie war diejenige, die sie haben wollten.« DeRiccis Stimme klang matt. »Die anderen dienen lediglich als Warnung davor, was mit Leuten geschieht, die Beihilfe leisten. Sie war diejenige, der sie den größten Vorwurf gemacht haben.«
»Falls es die Disty waren.«
Sie nickte. »Falls.«
Aber sie hörte sich ziemlich überzeugt an, und vielleicht war er das auch. Er war nicht sicher.
»Ich wollte gerade die Logbücher und Datenbanken überprüfen, und …«
»Das können Sie nicht«, tat DeRicci etwas kund, das offensichtlich sein sollte. Niemand konnte diesen Raum betreten, ohne die Frau zu beeinträchtigen – oder das, was aus ihr geworden war. »Wir werden auf die Forensiker warten müssen. Die Leichen müssen erst fortgeschafft werden. Danach können Sie die Logbücher überprüfen.«
Flint atmete tief durch. Er hatte wieder nur wie ein Raumpolizist gedacht. Logbücher überprüfen, herausfinden, was passiert war, und alles Weitere der Bodentruppe überlassen.
Nur gehörte er selbst jetzt zur Bodentruppe, und angesichts der Sauerei an Bord bezweifelte er, dass die beiden Raumpolizisten auch nur versucht hatten, die Logbücher herunterzuladen.
»Wenn wir Glück haben«, sagte DeRicci, »bekommen wir ein positives DNA-Ergebnis, und Sie müssen überhaupt nicht da rein.«
»Ob, aber das muss ich auf jeden Fall«, erwiderte er.
Sie sah ihn an, als würde sie kein Wort verstehen.
Flint bedachte sie mit einem lässigen Lächeln. »Wir müssen herausfinden, wer die Kapseln ausgesetzt hat und warum. Da draußen könnten noch mehr Leute sein. Leute, hinter denen die Disty her sind.«
»Das ist nicht unser Problem«, gab DeRicci zurück. »Falls die Disty hier Vergeltungsmorde verübt haben, ist es ihr gutes Recht, auch diese Leute zur Strecke zu bringen.«
»Und falls diese Leute nur am Rande involviert sind?«, fragte er.
»Sie kennen das Gesetz, Miles«, antwortete sie. »Wir halten uns da raus.«
Ja, Flint kannte das Gesetz. Er hatte nur noch nie etwas damit zu tun gehabt. Bis jetzt war es in all seinen Fällen nur um Menschen gegangen, die Verbrechen an Menschen verübt hatten. Natürlich hatte er von Anfang an gewusst, dass er es irgendwann mit all den verschiedenen außerirdischen Kulturen zu tun bekommen würde, die in diesem Teil des Universums lebten, aber er hatte nicht so früh damit gerechnet.
»Ich habe von diesen Dingen gelesen«, sagte er, »aber ich hatte ja keine Ahnung, wie grausig sie wirklich sind.«
Etwas in DeRiccis Gesicht rührte ihn, besänftigte ihn, ein Ausdruck jenseits der harten Frau, die zu sein sie sonst stets vorgab.
»Sie werden sich daran gewöhnen müssen. Die Disty gehören zu unseren nächsten Nachbarn und zu unseren engsten Verbündeten. Wir beschweren uns niemals über sie, egal, wie abscheulich ihr Rechtsempfinden auch sein mag.«
Dann ging sie weg, zurück zur Passagierkabine, was dem Gespräch wirksam ein Ende bereitete.
Flint starrte die Leiche an, deren Einzelteile im ganzen Cockpit verteilt worden waren. Dieser entweihte Leichnam war vor gar nicht so langer Zeit noch ein menschliches Wesen gewesen. Flint schüttelte den Kopf und zwang sich, den Gedanken zu verscheuchen. Nach dem Tod seiner Tochter hatte er gelernt, Emotionen und Intellekt voneinander zu trennen. Das war einer der Gründe dafür, warum er zum Detective befördert worden war.
Er wagte nicht, an seinem ersten, schauerlichen Tatort von dieser Trennung abzulassen, und so studierte er das Blutbad, bis es in seinen Gedanken zu einem Puzzle wurde, das gelöst werden wollte, und dann tat er es DeRicci gleich und ging.
3
E katerina lehnte sich auf dem Plüschsessel der Raumjacht zurück. Der Mann, der sie hergebracht hatte, der Mann, der gesagt hatte, sein Name wäre nicht Russel, auch wenn das der Name war, mit dem sie ihn ansprechen sollte, hatte ihr geraten, sich ein wenig auszuruhen.
Aber sie konnte weder zur Ruhe kommen noch essen. Immer wieder und wieder spielte sie in Gedanken ihre letzte Begegnung mit Simon durch. Das war das letzte Mal, dass sie einander gesehen hatten. Das
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