Miles Flint 01 - Die Verschollenen
derzeitigen Position aus aber doch einen gesunden Fußmarsch weit entfernt. »Was zum Teufel ist das jetzt wieder?«
»Verdacht auf kriminelle Aktivitäten durch einen Schiffseigner.«
DeRicci beäugte ihren Partner. »Auf den Docks sind Sie wirklich nützlich.«
»Ich bin meistens wirklich nützlich«, gab er zurück.
Der Handheld zeigte keine weiteren Informationen an, nur den Befehl, sich in einem Schiffstunnel in Terminal 5 zu melden. Dort würde jemand auf sie warten und ihnen die Situation erklären.
»Ich hoffe in Teufels Namen, dass das nichts Kompliziertes ist«, bekundete DeRicci, als sie zum Haupteingang von Terminal 4 zurückmarschierte. »Ich möchte diese Disty-Sache so schnell wie möglich ad acta legen.«
Flint fühlte sich unbehaglich. Detectives bekamen hier pro Woche insgesamt nur einen oder zwei Fälle zugewiesen. Nun aber hatten er und DeRicci schon zwei Fälle an einem Tag.
»Wir nehmen besser den Zug, der zwischen den Terminals verkehrt«, sagte er. »Wenn wir zu Fuß gehen, verlieren wir den zeitlichen Vorsprung, den das Hauptquartier uns vermutlich hat einräumen wollen.«
DeRicci runzelte die Stirn. Allem Anschein nach gefiel ihr seine neue Offenheit nicht; aber er war es müde, ihr stets die Führung zu überlassen. Sie war hier am Hafen schlicht überfordert, also würde er jetzt die Leitung in dieser Partnerschaft übernehmen, ob es ihr nun gefiel oder nicht.
Flint führte sie zu dem internen Bahnsystem, das dafür gebaut worden war, die verschiedenen Terminals miteinander zu verbinden, nachdem der Hafen den überwiegenden Teil der Raumverkehrssteuerung des Mondes übernommen hatte. Damals hatte sich der Hafen zu einem Gebilde ausgebreitet, das zu Fuß kaum zu bewältigen war. Fünfzig interne Bahnen fuhren zu festgesetzten Zeiten von Station zu Station. Nur eine lief alle Stationen im Hafen an, und die war üblicherweise überfüllt.
Flint brachte DeRicci zu dem Gleis, an dem das Shuttle hielt, das die Terminals 4 und 5 anfuhr. Da die lokalen Bahnen im Hafen nicht beworben wurden, dienten sie hauptsächlich dem Personal für seine Dienstfahrten. Wenn Touristen von einem Terminal zum anderen wollten, nutzten sie die überfüllte Hauptlinie.
Die Bahn rollte ein, und die dunklen Glasseitenwände reflektierten die Lichter im Wartebereich. Die Türen öffneten sich lautlos, und drei Arbeiter in blauen Uniformen stiegen aus. Dann stieg Flint ein, und DeRicci folgte ihm.
Es gab keine Sitze. Die Passagiere mussten sich an Stangen oder Metallringen festhalten. Die abgehärteteren Fahrgäste standen einfach mit gespreizten Beinen in der Wagenmitte. Es brauchte allerdings ein wenig Begabung und Geschicklichkeit, diese Züge zu benutzen, ohne sich dabei zu verletzen.
Flint hatte gelernt, wie es funktionierte, aber Spaß gemacht hatte es ihm nicht. Nun griff er nach einer Haltestange, und DeRicci folgte seinem Beispiel. Sie hatten den ganzen Wagen für sich allein.
Kaum war die Tür wieder geschlossen, beschleunigte der Zug in die Richtung, aus der er gekommen war, und schon einen Augenblick später hatte er seine Höchstgeschwindigkeit erreicht und fuhr nun schneller als die Hochgeschwindigkeitszüge, die zwischen den über den Mond verteilten Kuppeln verkehrten.
DeRicci sah erschrocken aus und ergriff die Metallstange nun auch mit der zweiten Hand. Der Zug wurde langsamer und hielt dann sanft an. Doch so ruhig und gleichmäßig der Vorgang auch ablief, Flint sah, wie DeRiccis Körper erst nach vorn, dann nach hinten ruckte. Sie bedachte ihn mit einem finsteren Blick, als trüge er die Schuld an den Auswirkungen der Bahnfahrt.
Flint nahm an, dass es in gewisser Weise auch so war. Er hätte seine Partnerin vor der Geschwindigkeit warnen sollen. Diese Züge waren ausschließlich auf Effizienz ausgelegt, nicht auf Komfort. Zu jener Zeit, zu der das Bahnsystem erbaut worden war, war die Armstrong-Kuppel für ihre Effizienz berühmt gewesen.
Seither hatte sich eine Menge verändert.
Die Türen glitten auf. DeRicci strich mit der Hand über ihr kurzes Haar, als hätte die kurze Fahrt einen Wind erzeugt, der es ihr hätte zerzausen können.
»Alles in Ordnung?«, fragte Flint.
»Das haben Sie nur gemacht, um mich zu quälen.«
»Das war möglicherweise der zweite Grund«, gab er lächelnd zurück. Zu seiner Überraschung erwiderte sie sein Lächeln, eine Geste, die ihn zutiefst verblüffte.
Flint hatte ihr im Stillen vorgeworfen, nicht gewillt zu sein, ihm eine Chance zugeben,
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