Miles Flint 02 - Die Lautlosen
Ausführlichkeit deutete auf irgendeine Art von Beziehung hin, aber nicht notwendigerweise auf eine förderliche.
»Vergessen wir Paloma«, sagte Flint. »Erzählen Sie mir von Ihrem Fall.«
Wagner seufzte und bedachte die Wand mit einem letzten Blick. Flint tat der Mann beinahe leid. Allmählich wurde ihm bewusst, dass der Mann wohl kaum jemals Sport trieb, ganz zu schweigen davon, mehr Zeit als nötig auf den eigenen Beinen zu verbringen.
»Sie haben es nicht erwähnt«, sagte Wagner, »aber ich gehe davon aus, dass Sie wissen, dass wir bis vor einer Woche noch vier Lokalisierungsspezialisten unter unseren Mitarbeitern hatten.«
Flint hatte es nicht gewusst, aber er nickte, während er sich im Stillen wünschte, er hätte mehr Zeit gehabt, um Informationen zu sammeln.
»Dambe – Dambe Rabinowitz – hat zur gleichen Zeit angefangen, zu der wir auch Paloma erstmals unter Vertrag genommen haben; aber er ist bei uns geblieben.« Wagner musterte seine Hände und die nun nutzlosen links. »Ich kannte ihn mein ganzes Leben lang.«
Der letzte Satz hatte einen klagenden Klang. Flint lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und beobachtete Wagner aufmerksam.
»Er ist letzte Woche gestorben. Niemand scheint sich viel dabei gedacht zu haben. Ich meine, er war ein Lokalisierungsspezialist; also hatte er keine Familie und keine engen Freunde. Nur seine Kollegen.«
Flint verzog das Gesicht. Zu seinem Glück sah Wagner ihn gar nicht an, sodass ihm Flints Miene gänzlich entging.
»Sie schienen erleichtert zu sein, dass er fort war. Er war noch von der alten Garde.« In Wagners Ton lag Geringschätzung, aber Flint wusste nicht recht, ob sie sich auf die anderen Lokalisierungsspezialisten oder auf Rabinowitz bezog. »Aber wenn Sie sich ansehen, woran er gearbeitet hat und sich dann anschauen, wie er gestorben ist, sieht die Sache ein wenig anders aus.«
»Wollen Sie damit sagen, er wurde ermordet?«, fragte Flint.
Wagner nickte knapp und blickte auf. »Zumindest denke ich das.«
»Ich untersuche keine Verbrechen mehr, Mr.. Wagner. Vielleicht sollten Sie diese Angelegenheit der Polizei übertragen.«
»Geben Sie mir noch eine Minute«, bat Wagner. »Hören Sie mich zu Ende an. Gönnen Sie mir wenigstens so viel Entgegenkommen.«
Endlich kam der Anwalt in ihm zum Vorschein. Flint hatte ihn so lange herumgeschubst, wie es nur möglich war.
»Was ich Ihnen erzählen werde, umfasst vertrauliche Informationen, Mr.. Flint. Ich erwarte, dass Sie sie auch vertraulich behandeln.«
»Derartige Versprechungen mache ich nicht«, entgegnete Flint.
Wagner starrte ihn nur weiter an. Flint erkannte die zwingende Komponente in seinem Blick – er war überzeugt, sie brachte ständig Klienten dazu, ihre Meinung noch einmal zu überdenken, und Geschworene vielleicht ebenso –, aber er ließ sich nicht davon beeindrucken.
Schließlich seufzte Wagner. »Sie werden mich hängen lassen.«
»Ich werde Ihnen die Wahl lassen«, erwiderte Flint. »Bis zu diesem Zeitpunkt ist keiner von uns eine Verpflichtung eingegangen. Sie können jetzt sofort gehen und all Ihre Geheimnisse für sich behalten.«
Wagner unterbrach den Blickkontakt und stierte erneut die Wand an, als könne die kahle Fläche ihm den Weg weisen, ehe er einmal kurz den Kopf schüttelte. »Haben Sie je von Frieda Tey gehört?«
Der Name klang vage vertraut, aber Flint konnte ihn nicht zuordnen. »Nein.«
»Ich dachte, jeder hätte von ihr gehört.« Wagner seufzte wieder. »Vor etwa zehn Jahren soll sie ungefähr zweihundert Menschen bei einem Laborexperiment umgebracht haben. Irgendeine Regierungsangelegenheit. Das war damals groß in den hiesigen Nachrichten, weil ihre Experimente im Zusammenhang mit Kuppelkolonien gestanden haben.«
Vor zehn Jahren hatte Flint den Tod seines einzigen Kindes betrauert. Auf andere Dinge hatte er damals nicht geachtet. »Ich erinnere mich nicht an den Fall.«
»Dann wird das wohl länger dauern, als ich dachte.« Wagner verschränkte die Arme vor der Brust. »Frieda Tey war eine bekannte Wissenschaftlerin. Sie betrieb medizinische Forschung und versuchte herauszufinden, wie schnell sich Krankheiten in geschlossenen Umgebungen ausbreiten und wie schnell sie mutieren können. Sie hatte ein Labor auf Io, und sie hat es geschafft, der Regierung der Erdallianz die Genehmigung abzuschwatzen, dort eine kleine Kuppelkolonie zu Experimentalzwecken zu errichten.«
Flint fing an, sich vage zu erinnern, ließ Wagner aber fortfahren.
»Sie hatte
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