Miles Flint 02 - Die Lautlosen
bereits zuvor Studien in geschlossenen Umgebungen durchgeführt, zumeist auf Basis gewöhnlicher Erkältungsviren. Sie hat auf großen Schiffen gearbeitet; aber die Zeit war dabei stets sehr begrenzt. Dieses Experiment sollte in einer funktionierenden Kolonie stattfinden; also hat sie mit Freiwilligen eine solche Menschenkolonie besiedelt und dort das Virus freigesetzt.«
Flint atmete hörbar aus. »Sie war die, die ihre Testpersonen nicht rausgelassen hat, als sie krank geworden sind.«
»Richtig«, sagte Wagner. »Das ist der Fall. Dann erinnern Sie sich also doch.«
»Vage«, gab Flint zurück.
Wagner nickte und beschloss offenbar fortzufahren, statt sich auf Flints Gedächtnis zu verlassen. »Die Kolonisten wurden krank; dann ging es ihnen wieder besser und dann wieder schlechter. Das Virus, das Frieda Tey dort freigesetzt hatte, war manipuliert worden. Es mutierte schneller als jedes andere Erkältungsvirus, das die Wissenschaftler bis dahin gesehen hatten. Die Erdallianz hat ihr vorgehalten, sie hätte diese Leute vorsätzlich mit einem gefährlichen Erreger statt mit einem gewöhnlichen Erkältungsvirus infiziert.«
»Und dann ist sie verschwunden, wie ich annehme.«
»Sie ist noch eine Weile dageblieben und hat versucht, sich und ihre Forschungsassistenten zu verteidigen. Aber die haben ihr nicht beigestanden und behauptet, sie hätte sie davon abgehalten, die Kuppeltore zu öffnen, habe die Dekontaminationseinheiten abgekoppelt und sei nicht bereit gewesen, medizinische Hilfsmittel in die Kuppel zu holen, als klar wurde, dass das mutierte Virus tödlich war.« Seine Stimme war lauter geworden. Offensichtlich machte ihm das Thema zu schaffen. »Sie hat behauptet, das Virus sei spontan mutiert und die Dekontaminationseinheiten könnten es nicht bekämpfen. Das Letzte, was sie gewollt habe, sei, das Virus in irgendeine der bekannten Welten zu tragen.«
»Also hat sie Hunderte von Menschen sterben lassen?«
»Sie hat behauptet, sie hätte keine andere Wahl gehabt. Das Virus ist schnell mutiert. Als die Information nach draußen drang und sie um Hilfe gebeten hat, waren schon alle tot. Eine Weile hat man ihr sogar Mitgefühl entgegengebracht.«
»Und dann?«, fragte Flint.
»Dann haben ihre Assistenten sich zu Wort gemeldet und die Beschuldigungen gegen sie erhoben, die ich erwähnt habe. Und sie haben behauptet, es wäre genug Zeit gewesen, die Kolonisten zu retten.«
Flint schauderte.
»Das«, sagte Wagner, »war der Zeitpunkt, zu dem sie verschwunden ist.«
»Vor zehn Jahren«, fügte Flint hinzu.
Wagner nickte.
»Und Ihre Kanzlei will was von ihr? Sie belangen?« Nicht, dass Flint ihnen deswegen einen Vorwurf hätte machen wollen; aber das war nicht der Grund, warum er Lokalisierungsspezialist geworden war. »Falls Sie sie aus diesem Grund finden wollen, brauchen Sie einen Kopfgeldjäger, keinen Lokalisierungsspezialisten.«
»Der Unterschied zwischen diesen beiden Berufen ist mir bekannt«, sagte Wagner. »Ich weiß, dass der Unterschied subtil ist, aber für Leute wie Sie ist er bedeutend.«
Flint wusste nicht, ob er damit die Lokalisierer, die Kopfgeldjäger oder vielleicht beide meinte, aber er bat auch nicht um Aufklärung.
»Frieda Teys Vater ist vor fünfzehn Jahren nach Armstrong übergesiedelt. Mein Vater hat sich um seine Geschäfte gekümmert, und als mein Vater in den Ruhestand gegangen ist, hat mein Bruder Tey als Klienten übernommen.«
Flint verlagerte ein wenig das Gewicht auf seinem Stuhl. Das war offensichtlich der unethische Teil der Geschichte.
»Als Tey vor zwei Jahren gestorben ist, hat er seinen ganzen Besitz seinem einzigen Kind hinterlassen.«
»Frieda«, sagte Flint. Langsam verstand er, wohin das alles führen musste. Es war nichts Ungewöhnliches, dass Anwälte Lokalisierungsspezialisten anheuerten, um einen Erben aufzutreiben.
»Es geht um einen Haufen Geld«, fuhr Wagner fort. »Mehr als genug, um die Kosten für eine lange Suche zu rechtfertigen und immer noch genug übrig zu behalten. Mein Bruder war sogar der Ansicht, dass es auch ohne die übrigen Bedingungen des Testaments schon unethisch wäre, ein Treuhandkonto für Frieda Tey einzurichten.«
»Welche anderen Bedingungen?«, fragte Flint.
»Frieda Teys Vater hat seine Tochter für unschuldig gehalten. Er wollte, dass ein Teil seines Besitzes dazu benutzt wird zu beweisen, dass sie lediglich Pech gehabt hat. Er wollte, dass wir ihren Namen reinwaschen.«
»Und das konnte er nicht tun, solange er
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