Miles Flint 03 - Die Tödlichen
Feinden in das System eingegeben – alle, die er finden konnte. Außerdem ließ er das System nach bekannten Kriminellen Ausschau halten. Schließlich hatte er noch einen Alarmton programmiert für den Fall, dass irgendjemand die Treppe heraufkommen sollte, nachdem die Lahiris das Zimmerbetreten hatten.
Dr. Lahiri tauchte zuerst auf. Sie war dünner als bei ihrem ersten Zusammentreffen, ihr Gesicht faltiger. Sie trug einen goldenen Blazer mit passendem Rock, der sie älter erscheinen ließ, als sie war. Ihr Blick fiel auf Flint, und er sah die Furcht in ihren Augen – die gleiche Furcht, die er auch in Carolyns Augen gesehen hatte.
Flint nickte in Carolyns Richtung, und Dr. Lahiri nickte ebenfalls, sah sich aber nicht zu ihrer Tochter um. Es schien beinahe, als hätte sie Angst vor dem, was sie zu sehen bekommen würde.
Der Richter folgte seiner Frau durch die Falltür. Er sah sich in dem Zimmer um, und sein Blick ging über Flint hinweg, als wäre dieser nicht mehr als ein Lakai.
Als Richter Lahiri seine Tochter erblickte, erstarrte er kurz, schluckte heftig und sah aus, als würde er schrumpfen.
Endlich sah auch Dr. Lahiri in die gleiche Richtung wie ihr Mann. Derweil balancierte sie auf gefährliche Weise am Kopf der Treppe. Flint trat näher. Ob er das tat, um einen Sturz zu verhindern oder irgendein Problem innerhalb der Familie, das wusste er selbst nicht recht.
»C … Carolyn?«, fragte Dr. Lahiri.
Carolyn Lahiri erhob sich halb von ihrem Stuhl, scheinbar unsicher, ob sie stehen oder sitzen wollte.
»Mommy?« Ihre Stimme klang unfassbar jung.
Ein leiser Laut entfleuchte Dr. Lahiris Kehle. Dann nickte sie. Sie schob sich an ihrem Mann vorbei, der noch immer wie erstarrt neben der Falltür verharrte, und rannte zu ihrer Tochter.
Carolyn löste sich endgültig von dem Stuhl, trat aber nicht näher. Als ihre Mutter sie erreicht hatte, schlang sie die Arme um sie, und Carolyn gab einen Laut von sich, der irgendwo zwischen einem Seufzen und einem Stöhnen angesiedelt war.
Flint wich zum Fenster zurück und versuchte, mit der Wand zu verschmelzen. Er wollte nicht länger hierbleiben, wusste aber auch nicht, wie er sich der Situation hätte entziehen können. Er hasste diesen Teil der Rückführung, hasste es, Zeuge beim Wiedersehen einer Familie zu sein. Im besten Fall gehörte er einfach nicht dazu, im schlimmsten wurde er gebraucht.
»Caleb«, sagte Dr. Lahiri und drehte sich halb zu ihrem Mann um.
Richter Lahiri nickte, rührte sich aber noch immer nicht. Es war beinahe, als wäre er derjenige, der verschwunden war; irgendwie schien er gar nicht mehr da zu sein.
»Caleb!«
Er sah Flint an, und Flint glaubte, einen Hilferuf in dem Blick zu erkennen. Dann schien sich Richter Lahiri innerlich zu wappnen, ehe er langsam und zögernd auf die Reste seiner Familie zuging.
Dr. Lahiri, deren Hand die ihrer Tochter fest umklammerte, trat zur Seite und strahlte ihren Mann an. »Es ist Carolyn. Sieh nur. Sie ist noch ganz wie früher.«
»Aber älter – und weiser, hoffe ich«, sagte Richter Lahiri, und Flint verzog das Gesicht. Der Eindruck, der sich ihm bei der ersten Begegnung aufgedrängt hatte, war offenbar korrekt. Natürlich hatte er diesen Eindruck auch schon im Zuge seiner Ermittlungen bestätigt gefunden, doch ein Teil von ihm hatte nach wie vor gehofft, das alles wären Märchen, dass sich unter Richter Lahiris rauer Schale ein Mann verbarg, der seine Familie mehr liebte, als er zugeben konnte.
»Zumindest älter«, entgegnete Carolyn in einem Tonfall, der kälter war, als Flint es je erlebt hatte. »Angesichts deiner Nachricht dachte ich, du wärest froh, mich wiederzusehen, Daddy.«
Daddy. Noch so ein Wort, das aus Carolyns Mund irgendwie merkwürdig klang.
Richter Lahiri ließ den Kopf hängen und wirkte erneut geradezu gebrechlich. »Das bin ich«, sagte er leise. »Ich habe dich vermisst, Kind.«
Farbe erblühte in Carolyns Gesicht, und Flint wandte sich ab, um der Familie ihre Privatsphäre zu lassen. Dennoch traute er ihnen noch immer nicht ganz; also beobachtete er die Begegnung über den dunklen Monitor, bemüht, lediglich die Körpersprache zu verfolgen und alle anderen Details des Zusammentreffens zu ignorieren.
»Wir sind so glücklich, dass du dich entschlossen hast, nach Hause zu kommen«, sagte Dr. Lahiri. »Wir haben ein Zimmer für dich vorbereitet, und wir wollen wirklich versuchen, das Versäumte nachzuholen. Carolyn, es ist so viel passiert; wir haben so viel verpasst
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