Miles Flint 03 - Die Tödlichen
weniger über die Person Femi, als vielmehr über die Juwelen, die sie am Leib trug.
»Ihnen ist bewusst, dass mich nur seltene und ungewöhnliche Stücke interessieren«, sagte Femi zu Honoria.
»Ja.« Honoria schluckte. Femi hatte sich von jeher nur für das Seltene und Ungewöhnliche interessiert.
Femi lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Ihre Wasserperlen rasselten noch ein bisschen. »Ich mag es nicht, wenn jemand meine Zeit vergeudet. Sollten Sie sich Ihrer Sache also nicht sicher sein, dann sagen Sie es jetzt.«
Honoria lächelte matt. »Ich werde Ihre Zeit nicht vergeuden.«
Der Kellnerroboter schwebte herbei und stellte Femis Tee ab. Ein Licht flackerte auf dem Tisch auf, vermutlich um sie über die Speisebestellung zu informieren, aber Honoria konnte nicht lesen, was tatsächlich dort stand. Offenbar war Femi in diesem Restaurant bekannt, weshalb bei der Kommunikation mit ihr auf die überall sonst verfügbaren menschlichen Sprachen verzichtet werden konnte.
Als Femi importierte Apfelstücke in ihren Tee fallen ließ, beugte sich Honoria vor und zog den Musterkoffer aus ihrer Tasche. Sie setzte den Koffer auf dem Tisch ab, öffnete den Deckel und schlug die Samtabdeckung zurück.
Die Juwelen, die sie mit allem bezahlt hatte, was ihr noch an Geld zur Verfügung gestanden hatte, glitzerten auf ihrer Unterlage. Femi beugte sich mit unverkennbarem Interesse vor.
»Preise?«, fragte sie.
»Welche Steine interessieren Sie denn?« Honorias Mund war so trocken, dass sie kaum sprechen konnte. Und sie durfte den ungeschliffenen Türkisbrocken in der Mitte nicht anschauen. Stattdessen beobachtete sie Femis Finger.
Sollte sie den Türkis nicht anfassen, würde Honoria es tun müssen, und das wollte sie seltsamerweise auf gar keinen Fall.
»Wir werden uns die Stücke wohl ansehen müssen. Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich sie herausnehme?« Femi hatte bereits ihre Präzisionslupe zur Hand genommen und griff nach einem Zehn-Karat-Rubin, ehe Honoria überhaupt Gelegenheit hatte, ihr zu antworten.
»Bitte sehr«, sagte Honoria.
Femi musterte die Steine, nahm manche heraus und legte sie wieder ab, ohne sie mit der Lupe betrachtet zu haben, und griff nach dem nächsten Juwel. Den Türkis beachtete sie nicht.
»Das älteste Stück, das ich habe, ist dieser Türkis«, sagte Honoria schließlich, als sie die Spannung nicht länger aushalten konnte.
»Türkise sind minderwertig.« Femis Worte waren nicht frei von Hohn.
»Nicht in der Erdallianz«, erwiderte Honoria, während sie im Stillen versuchte, die Panik, die in ihr aufstieg, aus ihren Zügen fernzuhalten.
Femi zuckte mit den Schultern. »Wir sind nicht in der Erdallianz.«
Sie griff nach einem Quartzkristall, der direkt neben dem Türkis lag, und als sie das tat, prallte eine ihrer Wasserperlen gegen den Türkis.
Honoria erstarrte.
»Interessanter Ton«, sagte Femi, und ihre Finger lösten sich von dem Quartz. »Sind Sie sicher, dass das ein Türkis ist? Jeder wertvolle Edelstein hat seinen eigenen Klang, wissen Sie, und dieser ist anders, als ich erwartet hatte.«
»Es ist ein Türkis«, sagte Honoria.
»Das glaube ich nicht.« Femis Daumen und Zeigefinger schlossen sich um die raue Oberfläche.
Honoria hielt den Atem an. Sie dachte an ihre Mutter, ihren Vater und ihren kleinen Bruder, der bei seinem Tod kaum ein Jahr alt gewesen war, und sie erkannte, dass sie Angst hatte.
Sie wollte nicht angsterfüllt sterben.
Honoria senkte den Kopf und zwang sich zur Ruhe. Dann ging die Bombe hoch.
6
A rek Soseki stand mitten im Kulturzentrum von Armstrong, die Hände in die Hüften gestemmt. In der großen Halle war es so kalt, als hätte jemand die Umweltkontrolle auf eisige Temperaturen eingestellt.
Über ihm ging die Decke in die Kuppel über. Die Architekten des Zentrums hatten beschlossen, die eigentliche Kuppel durch ein anderes Material zu ersetzen. Während die Kuppel von Armstrong die Farbe in einem Vierundzwanzig-Stunden-Rhythmus wechselte, um die Lichtverhältnisse auf der Erde zu simulieren, folgte die Kuppel über dem Kulturzentrum dem Mondtag, und die nächsten zwei Wochen im Sonnenschein würden bald beginnen.
Soseki hätte zwei Nachtwochen vorgezogen. Die große Halle, die darauf ausgelegt war, verschiedene Charakteristika in den Extremen von Hell und Dunkel darzustellen, sah in der Schwärze einer Mondnacht besser aus.
Aber er hatte keinen Einfluss auf den Termin der Konferenz. In einer Woche würden die Diplomaten der
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