Miles Flint 03 - Die Tödlichen
diesen Fall ausgegeben, und so war die DNA des dritten Opfers bereits am Tatort erstmals untersucht worden, um hier dann noch drei weitere Male untersucht zu werden. Informationen, deren Überprüfung und Neuüberprüfung oft Tage dauerten, nahmen in diesem Fall nur Stunden in Anspruch.
Und die Neuigkeiten waren nicht erfreulich.
Die Tote war Carolyn Lahiri, eine Frau, die seit über drei Jahrzehnten als Verschwundene galt. DeRicci hasste diesen Umstand. Erst die Verbindung zu Flint und jetzt auch noch eine zurückgekehrte Verschwundene.
Flint hatte den Fall der Lahiris übernommen; er hatte ihre Tochter gefunden, und jetzt waren alle drei tot. Egal, was auch passiert sein mochte, Flint war in die Sache verwickelt.
Und DeRicci hatte ihm einen Vorteil verschafft. Er war der Hauptverdächtige, und sie hatte ihm förmlich nahegelegt, aus der Stadt zu verschwinden.
»Eine Verschwundene wird in diesem Fall alle möglichen zusätzlichen Probleme auslösen«, sagte der Gerichtsmediziner soeben. DeRicci musste sich zwingen, ihm zuzuhören. Sie mochte Ethan Brodeur nicht, obwohl sie schon unzählige Male mit ihm zusammengearbeitet hatte. Ihre Abneigung hatte keine rationalen Gründe – er war gut in seinem Job, und er hatte ihr bei unzähligen Fällen geholfen.
Dennoch fand sie einfach alles an ihm abstoßend, angefangen mit seiner Baritonstimme, deren Tiefen er in dem Versuch, besonders sexy zu wirken, stets voll auszuloten pflegte, bis hin zu dem modifizierten Haar – Haar so dicht, dass die meisten Leute sagten, es sähe aus, als hätte er sich genug für acht Leute wachsen lassen.
Und er lächelte zu viel. Ein Mann, der sein Leben mit dem Aufschneiden von Toten bestritt, sollte nicht so viel lächeln.
»Ich bin überzeugt, ich kann die Computerleute dazu bringen, für eine präzise Datenerfassung zu sorgen«, sagte die leitende Technikerin, Barbara Passolini. Sie war zu mager und sah krank aus – sie gehörte zu jenen Menschen, die Modifikationen jeglicher Art ablehnten, nachdem sie deren Versagen in ihrem Beruf zu oft hatten erleben müssen. Tatsächlich konnte sich DeRicci sogar noch daran erinnern, wann Passolini all ihre Modifikationen hatte rückgängig machen lassen. Sie hatte damals sogar einen wahren Kreuzzug geführt, um das ganze Department modifikationsfrei zu machen.
»Sie haben noch nicht viele Verschwundene bearbeitet, richtig?«, fragte Brodeur.
»Normalerweise enden sie nicht als Mordopfer.« Passolini sah sich in dem Korridor um. Die drei Beamten hatten beschlossen, sich dort zu treffen, um allzu vielen potentiell undichten Stellen in diesem Fall vorzubeugen. Außerdem hatten sie entschieden, auf die Nutzung ihrer Hauptlinks zu verzichten, weil sie fürchteten, sie könnten angezapft werden.
»Eigentlich«, widersprach DeRicci, »enden viele Verschwundene als Mordopfer. Ich habe immer wieder damit zu tun.«
Brodeur und Passolini starrten sie an, als hätten sie vollkommen vergessen, dass sie da war. DeRicci zuckte nur mit den Schultern.
»Ich schicke sie zu Ihnen, Ethan, und sie bestätigen Rachemorde oder Ausweidung oder irgendeine andere Form des sanktionierten Mords, mit der wir es hier zu tun haben. Es dauert nur eine Weile herauszufinden, wer sie sind und warum sie sterben mussten.«
Brodeur seufzte. »Bei Tötung durch Außerirdische, seien es die Disty oder die HD, gehen wir immer davon aus, dass es sich um eine legale Tötung handelt, und handeln dementsprechend. Bei der Tötung eines Menschen durch einen Menschen legen wir dergleichen nicht zugrunde.«
»Wir wissen noch nicht, ob dies eine Tötung von Menschen durch Menschen war«, erwiderte DeRicci. »Tatsächlich wissen wir überhaupt noch nicht viel.«
»In diesem Punkt hat sie recht«, sagte Passolini, als müsste der Umstand, dass DeRicci recht hatte, als außergewöhnliches Ereignis herausgestellt werden. »Wir haben eine Menge Spuren und keine Zeit, sie zu untersuchen. Diese Wohnung ist auf sonderbare Weise gereinigt worden, als hätten die Lahiris einen Reinigungsdienst beschäftigt, der im Augenblick ihrer Ermordung gekündigt hat.«
DeRicci musterte sie mit gerunzelter Stirn und wollte gerade etwas sagen, als Brodeur ihr zuvorkam.
»Wir haben eine Verschwundene, und wir haben ihre Eltern. Wir haben eine Waffe, die am Tatort gefunden wurde, und Wunden, die durch diese Waffe verursacht sein könnten – zumindest die der Verschwundenen.«
»Aber das konnten Sie bisher noch nicht ermitteln, richtig?«, fragte DeRicci.
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