Miles Flint 04 - Das Marsgrab
nötig, und auch mit allem anderen fertig zu werden, das sich ihm möglicherweise in denWeg stellte. Flint rüstete die Emmeline ständig nach. Kam ein neues Waffensystem auf den Markt, so installierte er es. Kam ein verbessertes Antriebssystem auf den Markt, so installierte er auch das. Außerdem hatte er einige Dinge eingebaut, die er aus seiner Zeit bei der Traffic Police als nützliche Ausstattung kennen gelernt hatte und auf die er nun nicht mehr verzichten mochte: eine Arrestzelle, Anschlussmöglichkeiten für Handschellen an beiden Seiten sämtlicher Stühle und überreichlich Sicherheitssysteme, die nicht miteinander verlinkt waren, sodass niemand einfach so das Schilf übernehmen konnte. Außerdem bewahrte Flint im Cockpit und in seinem persönlichen Quartier weitere, mobile Waffen auf. Die Waffen waren getarnt und ließen sich nur mit seinem Handabdruck aktivieren.
Die Außenhülle des Schiffs war frei von Erkennungszeichen. Die Emmeline war schwarz, und schlank, gebaut für hohe Geschwindigkeiten und geformt wie ein Vogel, der den Schnabel leicht nach unten gerichtet hielt. Es gab größere Jachten in Terminal 25, viele, die beeindruckender aussahen, aber keine verfügte über die Schnelligkeit, Manövrierfähigkeit und die Sicherheitseinrichtungen der Emmeline.
Flint saß vor dem Schiff auf dem Dock und wartete, genau wie man es ihm gesagt hatte. Er hatte noch keine rechte Vorstellung davon, wie er seine Passagiere ohne Schwierigkeiten zum Mars schaffen sollte – dem Schauplatz der größten Tragödie in ihrem Leben. Wie würde DeRicci sie davon überzeugen können, ihre Zeit – und vielleicht ihre Zukunft – zu opfern, um die Nachfahren gerade jener Leute zu retten, die für eben diese Tragödie, den Tod ihrer Familienangehörigen, verantwortlich waren?
Flint hoffte, der Flug würde so einfach verlaufen, wie DeRicci sich das vorstellte. Er war in einem Maß in diese Sache involviert, das ihm nicht behagte – und er tat das nur für seine Freundin.
Obwohl das nicht die ganze Wahrheit war. Sie hatte schon Recht: Er wusste genau, was auf dem Spiel stand, und er wusste, dass nur wenige andere bereit wären zu helfen oder zumindest die notwendigen Fähigkeiten besaßen, um einzuspringen.
Langsam wurde ihm eines klar: Egal wie sehr er sich darum bemühte, sich aus der Sache herauszuhalten, es gelang ihm einfach nicht. Er steckte mittendrin in dieser Krise, und sich umzudrehen und zu tun, als ginge ihn das alles nichts an, war gar nicht möglich.
Ganz gleich, was auf dem Spiel stand.
54
J efferson verließ den Disty-Flügel des Komplexes durch dieselbe Tür, durch die er diesen betreten hatte, und richtete sich zum ersten Mal seit Stunden wieder zu voller Größe auf. Sein Rücken schmerzte, sein Kopf schmerzte, und er war schweißgebadet. Außerdem zitterte er; die Luft im Hauptkorridor war dreißig Grad kälter als die im Disty-Flügel.
Mehrere Assistenten, die untergeordneten Repräsentanten für Mensch-Disty-Fragen und Protokollchefin Ogden erwarteten ihn dort bereits. Sie standen bei den deckenhohen Fenstern, ihre Silhouetten zeichneten sich vor dem weißen Schnee draußen ab, der ewig weiterzufallen schien.
»Und?«, fragte Ogden. »Was haben wir zu tun?«
»Wir sollen die Überlebenden des Massakers nach Lowell schaffen. Das ist die größte Kuppel in der südlichen Mars-Hemisphäre. Von dort aus werden sie in einige kleinere Kuppeln gebracht, wo sie gemeinsam mit den Kontaminierten eine Zeremonie durchlaufen. Es wird eine Weile dauern, die Überlebenden nach Wells und in die Saharakuppel zu bringen. Wir werden diese Leute und ihre Familien also irgendwie entschädigen müssen. Ich wüsste nicht, wie wir das sonst rechtfertigen sollten.«
Er wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Ihm war, als wäre er schon seit drei Wochen ununterbrochen auf den Beinen.
Ogden legte sanft eine Hand auf seinen Arm. »Alles in Ordnung?«
Er sah sie an, blinzelte, erkannte, dass er sie bisher gar nicht richtig wahrgenommen hatte. Falten auf der Stirn, tiefe Schatten unter den Augen, eine neue Zornfalte zwischen den Augenbrauen: Jefferson hatte der Protokollchefin bisher nie viele Gefühle entgegengebracht; er hatte ihren Job stets als stumpfsinnig, aber notwendig eingestuft und sich eingebildet, nur ein Erbsenzähler könnte in dieser Position gute Arbeit leisten.
»Nein«, sagte er und stolperte auf einen der Stühle im Korridor zu. Er setzte sich, lehnte sich zurück, fühlte die Kälte, die
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