Miles Flint 04 - Das Marsgrab
entwickeln wird, wenn wir die Züge nicht stoppen?«
Rackam atmete flach. Kaskade? Was meinten die alle nur mit Kaskade?
»Nein«, flüsterte er.
Nakamura seufzte. Columbias schüttelte entrüstet den Kopf. Hatten sie immer schon so von ihm gedacht? Hatten sie nur vorgetäuscht, sie würden ihn respektieren?
Er fühlte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss.
Kim verschränkte die Arme vor dem Körper. »All die Disty aus der Saharakuppel werden sich in südlicher Richtung verteilen. Jetzt rechnen Sie noch die Disty aus Wells dazu! Die werden nicht direkt nach Süden gehen. Einige werden sich nach Osten wenden, andere nach Westen. Niemand wird wohl nach Norden flüchten, denn hinter der Saharakuppel gibt es nicht viel, wohin man sich flüchten könnte. Nehmen wir also an, wir haben es mit einem verrückt machenden Virus zu tun. Erhält eine große Gruppe Disty Zutritt zu einer weiteren Kuppel, werden die Disty in dieser Kuppel ebenfalls Hals über Kopf fliehen. Die Disty werden Kuppel um Kuppel infizieren und dabei immer in Bewegung bleiben, bis der ganze Planet voll ist von Disty, die vor etwas weglaufen, das keiner von uns begreift. Sie werden bald keine Orte mehr haben, an die sie sich flüchten könnten!«
Rackam biss sich auf die Oberlippe. »Aber die nächsten Kuppeln …«
»Eben«, unterbrach ihn Nakamura, »es ist unsere einzige Chance!«
»Sie sollten in Betracht ziehen, auch die Häfen zu schließen«, meinte Columbus. »Die Disty dürfen den Mars nicht verlassen, bis wir wissen, was dahintersteckt.«
Rackam schüttelte den Kopf. Er hatte endlich begriffen, worüber seine Leute sprachen, und ihm war klar, welche Auswirkungen das alles zeitigen konnte.
»Ich werde die Häfen nicht schließen«, sagte er. »Aber ich werde sämtliche Kuppeln für marsinternen Verkehr sperren. Ab jetzt werden alle Kuppeln isoliert, bis wir etwas von den Disty hören. Was besser verdammt schnell passiert!«
Wieder wirbelte er um die eigene Achse, und seine Robe bauschte sich um seinen Körper.
Er konnte die Spiegelbilder seiner Leute im Fenster sehen und wedelte ihnen mit einer Hand zu.
»Machen Sie weiter! Fort jetzt! Raus! Erledigen Sie das! Und lassen Sie mich in Ruhe, bis Sie von einem Disty kontaktiert werden!«
Er sah, wie drei kurze Blicke wechselten. Dann zuckten sie unisono mit den Schultern und verließen den Raum. Jemand schlug die Tür zu.
Rackam ließ sich auf sein Lieblingskissen sinken und schlug die Hände vors Gesicht. Er hatte gerade sein eigenes Leben ruiniert. Die Disty würden ihm das nie verzeihen.
Er würde einen Weg finden müssen, seinen Beratern die Schuld in die Schuhe zu schieben. Vielleicht konnte er die Aufzeichnungen manipulieren oder sich gänzlich aus der Besprechung herausschneiden.
Ich werde sie feuern, würde er dem Hohen Rat der Disty sagen. Sie schienen zu glauben, jemand müsse handeln, also haben sie gehandelt. Ohne meine Erlaubnis. Vielleicht können wir sie gerichtlich wegen all der Toten belangen. Würde Sie das zufrieden stellen?
Denn ihn stellte das ganz und gar nicht zufrieden.
Er hatte sich lediglich zur Übernahme eines Repräsentationspostens verpflichtet.
Er konnte und wollte keine Entscheidungen treffen, bei denen es um Leben und Tod ging.
Vor allem nicht solche, bei denen es um sein Leben ging.
30
F lint stand in der Eingangshalle des Kuppelblick-Hotels. Eine andere Frau ging jetzt hinter dem langen Tresen auf und ab; davon abgesehen war die Lobby verlassen. Flint hatte ihr den Rücken zugekehrt, während er das automatisierte Netzwerk benutzte, um Kontakt zu Aisha Costard herzustellen.
Wie schon zuvor konnte er sie auf keinem der internen Server finden. Anders als zuvor antwortete sie aber nicht auf seinen Ruf. Sollte sie in den letzten paar Tagen abgereist sein, so hätte das System sie als abgemeldet aufführen müssen.
Aber es führte sie gar nicht auf.
Er wusste nicht recht, was er nun tun sollte. Womöglich würde er um menschliche Unterstützung bitten müssen.
Als er sich zu der Frau hinter dem Tresen umwandte, erregte eine Bewegung seine Aufmerksamkeit. Zwei uniformierte Sicherheitsleute kamen direkt auf ihn zu.
Flint spannte sämtliche Muskeln an. Die beiden Männer blieben vor ihm stehen. Beide waren größer als er, und wenigstens einer von ihnen hatte modifizierte Muskeln. Aber Flint würde sie ausmanövrieren können, sollte es notwendig sein.
»Entschuldigen Sie, Sir«, sagte der Mann mit den modifizierten Muskeln. Er hatte
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