Miles Flint 06 - Kallisto
zurückgekehrt war, um sich mit dem Mord an Paloma herumzuschlagen.
Seine Heimkehr lag erst ein paar Wochen zurück, und doch schien die Reise ewig her zu sein. Und das Büro sah noch schlimmer aus als zu dem Zeitpunkt, zu dem er es verlassen hatte.
Er entriegelte die Tür mit der Handfläche, dankbar, dass die Elektronik immer noch funktionierte. Drinnen war es dunkel, und ein bitterer Geruch lag in der Luft. Jeder Atemzug schmeckte nach Staub.
»Licht«, sagte er.
Die Lampen flammten beinahe widerstrebend auf, und nun erinnerte er sich, dass er das Umweltsystem auseinandergenommen hatte, in der Absicht, es zu ersetzen, sobald er das Büro gereinigt hatte.
Aber dann hatten Palomas Dateien ihn abgelenkt, und er hatte beschlossen, dass es besser wäre, sie für alle Fälle fern des Mondes durchzugehen.
Im Zusammenhang mit Palomas Tod war er mit Wagner, Stuart und Xendor aneinandergeraten, der größten Anwaltskanzlei des Mondes.
Soweit es die Kanzlei betraf, war zwischen ihnen nun alles in bester Ordnung, aber das würde sich ändern, sobald die Nachrichtenbeiträge, die Flints alte Nemesis, nun seine Kontaktperson zur Presse, Ki Bowles, derzeit vorbereitete, von den diversen Nachrichtendiensten verbreitet würden.
Aber ihm war nicht wohl dabei, wenn Bowles die einzige Person war, die diese Dateien in Augenschein nahm. Als er, nachdem der Mord an Paloma aufgeklärt war, daran gearbeitet hatte, sein Büro zu reinigen und instand zu setzen, hatte sich in ihm das Gefühl geregt, er selbst müsse ebenfalls wissen, was diese Dateien enthielten.
Also hatte er angefangen, sie durchzusehen, als ihn dieParanoia überfallen hatte. Das Büro mit dem deaktivierten Umweltsystem und nicht mehr einwandfrei arbeitenden Computersystemen war nicht der sicherste Ort zum Arbeiten.
In seiner Wohnung gab es überhaupt keine Sicherheitsmaßnahmen. Als er noch für die Polizei von Armstrong gearbeitet hatte, hatte er geglaubt, er brauche dergleichen nicht. Und heute verkroch er sich, wenn er sich bedroht glaubte, so oder so auf die Emmeline.
Er musterte den kleinen Raum. Überall lag Staub, auch auf den Umweltsystemen, die er mitten im Raum auf dem Boden zurückgelassen hatte. Flint seufzte. Er würde das alte Computersystem mit auf die Emmeline nehmen, aber auf diese Weise würde er eine Menge Informationen verlieren.
Paloma war im Umgang mit Computern nicht gut unddoch brillant gewesen. Sie hatte so manche Tricks gekannt – auf einige davon hatte sie kurz vor ihrem Tod noch zurückgegriffen –, aber sie kannte sich mit grundlegenden Dingen wie dem endgültigen Löschen von Daten nicht aus.
Von Lokalisierungsspezialisten wurde erwartet, dass sie ihre Daten äußerst vertraulich behandelten. Paloma hatte ihm, als sie ihm ihre speziellen Regeln auferlegt hatte, gesagt, er müsse sämtliche Informationen löschen, sobald er sie nicht mehr brauchte.
Wie nicht anders zu erwarten, hatte sie selbst sich nicht an ihren Rat gehalten.
Und so hatte er, kurz nachdem er ihr Geschäft übernommen hatte, Spuren dieser Dateien gefunden – auseinandergerissene Datensätze, die sich kreuz und quer über das System verteilten, die jedoch weitgehend vollständig waren, was es ihm erlaubte, die Dateien zu allen Fällen, die sie je bearbeitet hatte, bei Bedarf wieder zusammenzusetzen.
Was er natürlich nicht getan hatte. Statt dessen hatte er das System modernisiert, ohne jedoch die alten Komponenten zu entsorgen. Zwar hatte er es als Unrecht empfunden, die alten Dateien zu untersuchen, doch hatte er sich die Möglichkeit offenhalten wollen, sollte je ein alter Klient Palomas sich an ihn wenden oder ihn gar bedrohen, ohne dass er Paloma persönlich nach dem Fall fragen konnte.
Nach ihrem Tod hatte er feststellen müssen, dass sie ihm absichtlich Geisterdateien hinterlassen hatte. Sie hatte damit gerechnet, dass er herumschnüffeln würde, hatte damit gerechnet, dass er ihr Fragen stellen würde, dass er von selbst auf die Dinge stoßen würde, von denen er nun erst nach ihrem Tod erfahren hatte. Sie hatte ihm in dem holographischen Testament viele Geheimnisse offenbart und es irgendwie geschafft, den Eindruck zu vermitteln, sie sei enttäuscht gewesen, dass er nicht skrupellos genug war, allein dahinterzukommen.
Er seufzte leise. Er war immer noch wütend auf sie.
Er fragte sich, ob er darüber jemals hinwegkommen würde.
Staub wirbelte um ihn herum. Er war noch dichter als an jenem Tag, an dem er gegangen war. Er hatte versucht, den Staub
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