Miles Flint 06 - Kallisto
diese Liebe zur Arbeit gesprochen und gleichzeitig sorgsam darauf geachtet, ihm nicht allzu genau zu verraten, was sie eigentlich tat.
Diese Gespräche waren in dem Jahr nach Emmelines Geburt verstummt, aber das hatte er ihrem neuen Lebensinhalt, dem Baby, zugeschrieben. Obwohl er derjenige war, der mehr Zeit mit Emmeline verbracht hatte. Er war derjenige, der sie getattert hatte, der aufgestanden war, wenn sie geweint hatte, und sie auf den Arm genommen hatte.
Rhondas Arbeit hatte in diesem Jahr mehr und mehr von ihr gefordert, und statt mehr Zeit für das Kind zu haben, wie sie es versprochen hatte, hatte sie viel weniger Zeit.
Flint war es egal. Er konnte einen großen Teil seiner Arbeit zu Hause erledigen und so den ganzen Tag mit Emmeline verbringen. Und an den Tagen, an denen ihm das nicht möglich gewesen war, hatte er Emmeline in die Kindertagesstätte gebracht, was auch der Grund war, warum er sich so eingehend über derartige Einrichtungen informiert hatte; er war derjenige, der beschlossen hatte, sie stundenweise dort unterzubringen – oder sie gelegentlich bei einem netten Nachbarn zu lassen.
In den Monaten vor Emmelines Tod hatte Rhonda ihre Tochter kaum gesehen. Die Arbeit forderte sie so sehr, dass sie kaum genug Schlaf bekam, wenn sie zu Hause war, und Flint hatte es ihr nicht einfacher gemacht. Er hatte von ihr verlangt, dass sie weniger arbeitete oder sich einen anderen Job suchte.
Doch sie hatte einfach erklärt, das sei nicht möglich. Kein anderer Arbeitgeber könne ihr die Zukunft bieten, die Aleyd ihr bot.
Er zerrupfte das Maisbrot und aß es gemächlich. Es blieb unten und besänftigte seinen Magen noch ein bisschen mehr. Der Geruch des Chilis, ein Geruch, den er normalerweise mochte, wirkte nun nicht mehr gar so abstoßend.
Er zwang sich, eine Pause einzulegen und zu essen.
Aber er konnte sich nicht zwingen, mit dem Denken aufzuhören.
Vielleicht hatte Rhonda recht gehabt. Vielleicht umfasste die Zukunft, die Aleyd ihr zu bieten hatte, auch einen besonderen Schutz, vielleicht auch die Übernahme der Kosten für ihre Rolle in den Prozessen, wie immer die aussehen mochte.
Vertrauliche Gerichtsdokumente deuteten manchmal darauf hin, dass sämtliche mit dem Fall in Verbindung stehenden Daten versiegelt und für die Öffentlichkeit unzugänglich waren. Aleyd hätte genau das gewollt, um die Profite der Anteilseigner vor schlechter Presse zu schützen; aber Flint hatte keine Ahnung, warum die Gyonnese da zugestimmt haben sollten.
Dann war Emmeline gestorben, und Rhonda hatte die Scheidung eingereicht. Flint gab sich stets selbst die Schuld daran, aber vielleicht hatte Rhonda damals einfach genug gehabt. Ständig war sie daran erinnert worden, dass sie ihrem einzigen Kind keine gute Mutter gewesen war, zugleich war sie wegen etwas, das er nicht verstehen konnte, in einen Prozess verwickelt worden, und nur ein Unternehmen hatte zwischen ihr und irgendeinem Strafurteil gestanden. Vielleicht hatte sie sich darauf vorbereitet zu verschwinden.
Vielleicht spielte sie eine Rolle in einem der Fälle, die noch nicht abgeschlossen waren. Vielleicht hatte sie nur in jenen Fällen eine Rolle gespielt, die abgewiesen worden waren oder mit einer Verfahrenseinstellung geendet hatten.
Aber vielleicht war das alles auch nur ein Produkt seiner Fantasie.
Es gab nur sehr wenig verwertbare Hinweise. Er konnte nur spekulieren. Und spekulieren würde ihn nicht weiterbringen.
Ebenso wenig wie eine weitere Suche in dieser Datenbank. Zu viele dieser Fälle waren unter Verschluss. Er bezweifelte, dass irgendeiner davon es je in die Presse geschafft hatte, dennoch würde er dieser Möglichkeit von einem anderen Datenport aus nachgehen.
Er brauchte jemanden, mit dem er sprechen konnte. Aleyd würde nicht mit ihm reden. Die Gyonnese auch nicht. Und wäre Rhonda dazu bereit, dann hätte sie bereits mit ihm gesprochen, bevor sie gegangen war.
Aber manchmal waren die Leute, die nur am Rande mit dem eigentlichen Ereignis in Verbindung standen, eher bereit, darüber zu sprechen. Manchmal beantworteten sie Fragen auf eine indirekte Weise, die ihm jedoch gerade genug Informationen liefern konnte, um seine Neugier zu befriedigen.
Im vergangenen Jahr hatte er gehört, dass der Anwalt, der Rhonda bei der Scheidung vertreten hatte, Martin Oberholst, sich zur Ruhe gesetzt hatte. Oberholst hatte ihm im Zusammenhang mit der Scheidung ein paar Dinge erklärt, über die Rhonda nicht mit ihm hatte reden wollen.
Der Mann war
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