Miles Flint 06 - Kallisto
Sie ist deinetwegen aus Armstrong hergekommen.«
»Sie ist gekommen, weil sie ihren Job behalten will.«
Eine Zynikerin war sie auch noch, und eine treffsichere dazu. Eine gute Beobachterin, vielleicht eine schlicht brillante Beobachterin. Gonzalez hatte keine Ahnung, wie man einen Haushaltscomputer dazu bringen konnte, seiner Programmierung zuwiderzuhandeln, aber dieses Mädchen hatte es geschafft.
»Ja«, erwiderte Gonzalez, »mein Job steht auf dem Spiel. Aber nicht wegen meines Gesprächs mit dir. Wir vertreten auch deine Mutter. Wir müssen sie finden.«
Talia sah Zagrando an und betrat nun doch den Raum, während er draußen blieb.
»Eine Besprechung mit deinem Anwalt sollte vertraulich sein«, sagte er. »Wäre ich dabei, dann wäre sie das nicht.«
Sie griff nach ihm. Er lächelte und drückte ihr kurz die Hand.
»Einer der Uniformierten wird dich zurückbringen. Wenn du mich brauchst, nimm einfach Kontakt auf. Hier kannst du dich jedenfalls sicher fühlen.«
Ihr ganzer Körper hatte sich versteift. Sie sah verängstigt aus. Gonzalez sagte keinen Ton, und sie würde sich die Angst des Mädchens auch nicht zunutze machen, so sie sich nicht dazu gezwungen sah.
»Ich möchte, dass Sie bleiben.« Talia hatte geflüstert, aber Gonzalez hatte sie dennoch gehört.
»Ich weiß«, entgegnete Zagrando. »Aber es ist besser, wenn ich gehe. Ich muss deine Mutter suchen, und ich muss mich erkundigen, was Detective Bozeman herausgefunden hat.«
»Er hat etwas herausgefunden?«
Zagrando zuckte mit den Schultern. »Das werde ich erst erfahren, wenn ich mit ihm rede.«
Sauber. Nicht überzeugend genug für Gonzalez, aber ausreichend, dass Talia plötzlich hoffnungsvoll erschien. Sie ließ Zagrandos Hand los und trat rückwärts einen Schritt in den Raum hinein, ehe sie sich umdrehte.
Die abwehrende Miene war zurückgekehrt.
Zagrando schloss sanft die Tür. Das Klicken, mit dem sie ins Schloss einrastete, war kaum zu hören.
»Warum sollte ich mit einer Anwältin reden, die so unfähig ist, dass sie nicht einmal weiß, wer ihre Klienten sind?«
Auf diese Frage war Gonzalez vorbereitet. »Du hättest nicht nur mit mir zu tun. Martin Oberholst ist zusammen mit mir hergekommen.«
Wieder ruckte das Kinn nach vorn. »Dann will ich mit ihm reden.«
»Er möchte, dass ich zuerst mit dir spreche, und wenn du dann einverstanden bist, stößt er dazu.«
»Soll das heißen, ich muss Sie anheuern?« Talia hörte sich verwirrt an.
»Deine Mutter ist eine gesonderte Klientin«, sagte Gonzalez. »Wir werden uns um ihren Fall kümmern. Wir werden die Polizei antreiben und unser Bestes tun, um sie zu finden. Aber du hast Probleme, die allein dich betreffen, und wegen dieser Probleme musst du uns anheuern.«
»Allein mich?« Nun schien Talias Interesse geweckt zu sein. Sie trat einen Schritt näher.
»Soweit ich es verstanden habe, bleiben dir nur noch zwei Tage Zeit, bis jemand deine Vormundschaft übernehmen muss. Detective Zagrando hat eine Menge Zeit für dich geschunden, aber es könnte immer noch zu wenig sein. Im Valhalla Basin gibt es offenbar sehr strikte Gesetze in Hinblick auf Kinder, deren Eltern nicht verfügbar sind.« Diese letzten Worte hatte sie mit großer Sorgfalt gewählt; Talia zuckte dennoch zusammen. »Irgendwann wirst du entweder ein Mündel der Stadt sein oder anderen Machenschaften ausgeliefert sein.«
»Wie denen von Aleyd.«
Also wusste sie Bescheid. Gonzalez nickte. »Genau.«
Talia kam nun weiter in den Raum hinein und setzte sich auf den Stuhl, der am weitesten von Gonzalez entfernt stand.
»Die denken, ich gehöre ihnen«, sagte Talia. »Liegt das daran, dass ich ein Klon bin?«
Das entscheidende Wort spie sie mit solcher Abscheu aus, dass Gonzalez sich betroffen zurücklehnte. Deshalb also hatte sie ihren Vater gar nicht erwähnt.
»Das hast du gerade erst herausgefunden, nicht wahr?«, fragte Gonzalez.
Talia legte ihre rechte Hand mit gespreizten Fingern auf den Tisch. »Hat Aleyd für mich bezahlt?«
Gonzalez wusste nicht recht, was sie Talia erzählen durfte, also überprüfte sie rasch die Vertraulichkeitsvorschriften von Armstrong, ehe sie die Gesetze der Allianz flüchtig nach Vorschriften zu dem gleichen Gegenstand durchforstete. Nichts schien eindeutig zu sein. Zwar hatte sie erst durch Rhondas Akten eine Menge über Talias Geschichte erfahren, doch hatte Rhonda Talia angewiesen, sie solle Gonzalez kontaktieren.
Das kam einer stillschweigenden Einverständniserklärung zur
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