Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Millionär

Millionär

Titel: Millionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
Vom Netzwerk:
weiß ich wie viel Kollegen in einem Callcenter hockt und von einem Kunden gesagt bekommt er wolle quatschen. Doch dann sagt Annabelle:
    »Okay. Quatschen wir.«
    »Schön!«
    »Weißt du, was ich mich gestern gefragt habe auf dem Heimweg?«
    »Ob meine Pringels schon angekommen sind?«
    »Genau. Nein, ich hab mich gefragt, wie du aussiehst. Ich meine, du bist doch kein fetter, alter Typ mit Vollbart, oder?«
    Ich muss lachen.
    »Also, wenn du sechsundfünfzig alt findest und hundertdreizehn Kilo dick, dann haben wir ein Problem.«
    »Bitte sag, dass du einen Witz machst!«
    Annabelles Stimme bekommt plötzlich eine ganz neue Farbe. Wie süß! Sie hat tatsächlich Angst, ich sei ein fetter alter Sack.
    »Ich mache einen Witz.«
    »Gott sei Dank! Und?«
    »Was und?«
    »Wie siehst du denn nun aus?«
    »Okay. Ich will ehrlich zu dir sein. Sagt dir der Name Brad Pitt irgendwas?«
    »Jetzt verarsch mich nicht ...«
    »Also gut, dann im Ernst. Wie sehe ich aus?! Stichwort Robbie Williams.«
    »Simon!«
    »Okay. Okay. Also ich bin schlank, aber nicht durchtrainiert. Groß, aber nicht riesig. Ich hab weder Bart noch Brille und ich bin keine hässliche Kackbratze! Ach ja, und ich bin 32, genau wie . egal.«
    »Okay. Das reicht mir. So telefoniert sich's doch schon viel leichter.«
    »Da siehste mal. Und du?«
    »Wie? Ich?«
    »Wie siehst du aus?«
    »Hallo? Ich erzähl doch einem wildfremden Typen am Telefon nicht, wie ich aussehe.«
    Ich bin einigermaßen irritiert.
    »Aber ... wir kennen uns doch jetzt. Und ich hab's dir doch auch gesagt.«
    »Für eine Frau ist das aber wichtiger.« »Warum ist das für 'ne Frau wichtiger?«
    »Weil von einem Mann eine Bedrohung ausgehen könnte. Von einer Frau nicht!«
    »Ha! Frauen sind die allergrößte Bedrohung überhaupt. Ich könnte auch Angst haben, dass du aussiehst wie eine überschminkte Presswurst und mich irgendwann heimlich hintern Busch ziehst!«
    »Tja. Mit der Angst musst du dann wohl leben!«
    Verunsichert stehe ich auf und schaue ein weiteres Mal aus dem Fenster. Gut und gerne hundert Leute stehen nun vor und neben der Kirche. Hochzeit? Nein. Zu schlecht angezogen. Motorradgottesdienst? Nein. Zu gut angezogen. Wahrscheinlich wieder einer der neunhundert Feiertage, die ich sowieso immer durcheinander bringe.
    »Ich hab mich auch was gefragt, Annabelle.«
    »Was denn?«
    »Ich hab mich gefragt, warum du nicht mehr nach Köln fährst.«
    Für einen kurzen Moment sagt Annabelle nichts. Da ich im Hintergrund das Geschnatter ihrer Kollegen hören kann, weiß ich aber, dass sie noch dran ist.
    »Das hast du dir gemerkt?«
    »Offensichtlich.«
    »Okay. Du kriegst die Kurzversion. Ich hab meinen Freund an Karneval mit 'ner anderen erwischt. Was sag ich - >Freund< ... meinen Verlobten. Im Hauseingang neben einer Kneipe. Im Alcazar. Kennste?«
    »Oh ja! Der kleinste Puff der Welt. Also - an Karneval.«
    »Stimmt. Das war genau vier Wochen vor der Hochzeit. Das war's dann. Ich hab meinen Hund eingepackt, hab den erstbesten Job im Ausland angenommen und . na ja . da bin ich noch. Und Fluff auch.«
    Ich muss grinsen.
    »Dein Hund heißt Fluff?«
    »Hallo? Ist das alles, was dir zu meiner Geschichte einfällt?«
    »Äh. Nein. Sorry. Er hat mit 'ner anderen Frau rumgeknutscht oder was?«
    »Er hat eine Sonnenblume im Stehen gevögelt.«
    Ich muss grinsen bei der Vorstellung.
    »Jetzt wär's vielleicht doch mal wichtig zu wissen, wie du aussiehst.«
    Ich höre ein Lachen am anderen Ende der Leitung.
    »Nee, nee, nee Simon. So billig kriegst du mich nicht dran.«
    »Als was waren die beiden denn verkleidet?«
    »Was tut das denn zur Sache?«
    »Ich will mir die Situation einfach bildlich vorstellen. Fee, Sonnenblume und .«
    »Er war als Zapfsäule verkleidet. Also so 'ne Tankstellenzapfsäule.«
    »Aral? Shell? BP?«
    »'Ne freie Tankstelle! Aber ... vielleicht möchte ich da jetzt doch nicht mehr drüber reden.«
    Ich kann nicht anders, ich muss laut loslachen über das Bild, das sich da in meinem Kopf festsetzt.
    »Simon, bitte. Ich find's nicht so lustig!«
    »Tut mir leid . «, pruste ich ins Telefon, »aber ich seh das jetzt einfach vor mir, die Tankstelle auf der Sonnenblume und du mit deinem Frosch!«
    »Weißt du was? Probier's doch das nächste Mal einfach bei der Bahnauskunft!«
    Es tutet. So schnell kann man als Mann gar nicht denken, wie manche Frauen auflegen. Regungslos sitze ich da mit meinem Saunatuch, den Telefonhörer noch immer in der Hand.
    »Was hat sie denn?«,

Weitere Kostenlose Bücher