Millionencoup im Stadion
antwortete. Doch von
dem Augenblick an schlenkerte jeder seine Arme und Beine, als gehörten sie
nicht zu ihm, um locker zu werden. Doch auch diese Übung schien nicht viel zu
nützen.
»Wenn du ein paar Kilo
abschwitzen würdest, dann wärst du schneller und könntest mit den anderen
leichter mithalten«, sagte Gaby zu Klößchen, als sie nebeneinanderher trabten.
»Der Ball hat immer die beste
Kondition. Ich mach mich da gar nicht verrückt: Lieber ein dicker Nichtstuer
als ein dünner Hungerleider«, erwiderte Klößchen. Er griff nach einem Handtuch,
welches am Rand des Feldes lag, und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht.
Danach fuhr er sich über den Nacken. »Ich bin fit wie ein Turnschuh.« Wie zum
Beweis schlenkerte Klößchen so sehr mit den Gliedmaßen, bis er plötzlich
umknickte. Mit Schmerz verzerrtem Gesicht hielt er sich den Knöchel.
Dass sich Klößchen ausgerechnet
beim Fußballspielen verletzen würde, hätte er jedem prophezeien können, in
dessen Adern nur halb so viel Schokolade floss wie in seinen eigenen. Böse
Zungen behaupteten ja, er hätte Blutgruppe Nutella... Er war einfach nicht
gemacht für eine solch aufwendige Körperertüchtigung!
»Nun macht nicht auf
Gummipuppen!« rief Salk, während er sich um den verletzten Willi kümmerte. »Ihr
seht ja, was bei eurer Unruhe herauskommt. Schluss für heute. Vielleicht seid
ihr morgen wieder normal!«
»Nicht zu fassen«, schimpfte
Tim später beim Duschen. »Ein bisschen Druck von den Hueppes und schon benehmen
wir uns wie Hampelmänner.«
Alle lachten, bis auf Karl.
Karl, lang und dünn, konnte noch niemals auf seine Muskelkraft zählen. Deshalb
blieb er meistens im Hintergrund, wenn es um herausragende sportliche
Aktivitäten ging. Er kämpfte lieber mit anderen Waffen. Mit seinem Gehirn. Nach
dem Training sagte er vor der Umkleide zu Tim: Ich glaub, du hattest recht. Es
muss uns egal sein, was sie von uns halten. Aber nicht zu egal.«
»Wie meinst du das?«, fragte
Tim.
»Ich weiß nicht...«, sagte
Karl, »vielleicht sollten wir mal vor dem Spiel meditieren oder so. Die
Nationalmannschaft macht das auch.« Karl war es ernst mit dem, was er sagte.
»Ja, natürlich.« Tim sah aus,
als leide er an Bauchweh. »Für mich klingt das ein bisschen merkwürdig. Ich
weiß nicht, ob wir die anderen dazu bringen können... Stell dir mal Andreas
Sturm und Martin Schmuck beim Meditieren vor. Ohhhmmm.« Tim musste lachen, als
er an seine beiden sportlich durchtrainierten Klassenkameraden in
Meditationshaltung und mit verknoteten Beinen dachte. Dann klopfte er Karl auf
die Schultern und sah ihn prüfend an. »Vielleicht müssen wir auch mal wieder
verlieren. Ewig kann das ja nicht so weitergehen.«
Karl alberte: »Sehr richtig,
Rekorde müssen fallen, damit man sie sich wieder holen kann. Sonst ist Sport
doch langweilig.«
Klößchen gähnte. In der kleinen
Pause vor der Deutschstunde saß er im Klassensaal auf fünf Stühlen. Zwei hatte
er sich mit den Rückenlehnen unter die Arme geklemmt, zwei unter die Beine. Den
fünften Stuhl hatte er angekippt. Er bot einen bequemen Sitz für sein
Hinterteil. Irgendwie hing noch immer das gestrige Tofuragout kiloschwer in
seinem Magen fest. Vielleicht waren es aber auch die drei Pizzas oder die
anschließende Riesenportion Tiramisu? Wie sollte er sich da schon am Morgen
leichtfüßig wie eine Gazelle über den Rasen bewegen können?
Im Geiste ging Klößchen nun
noch einmal das Referat durch, das er gleich in der nachfolgenden
Unterrichtsstunde halten sollte. Es ging — wie sollte es in diesen Wochen
anders sein — um Fußball. Um genau zu sein: um die große Welt des Fußballs.
Jeder seiner Klassenkameraden hatte ein anderes Vortragsthema gewählt. Und er
würde heute mit seinem Vortrag über die ersten fußballähnlichen Spiele den
Auftakt zum Themenkomplex 5000 Jahre Fußballgeschichte machen.
Gedankenverloren murmelte er
vor sich hin, während er sich den verletzten Knöchel rieb: »Fußball... ganzen
Welt verbreitet... begeistert so viele Zuschauer wie sonst kein anderer
Sport... die Wurzeln reichen sehr weit zurück.« Dabei schaukelte er mit dem
Stuhl, auf dem sein Allerwertester saß, sachte hin und her. »Spiele, bei denen
ein Ball mit dem Fuß getreten wurde, sind in vielen alten Kulturen bekannt.
Ähhh... da waren die Chinesen, die Mayas, die Azteken, die Eskimos,...«
Die Pausenglocke ertönte und
rief die Schüler zum Unterricht.
Die Unterrichtsstunde verging
wie im
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