Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
Teppich liegt. Er sieht kostbar aus, ich kenne mich nicht aus bei Teppichen, aber der Großteil der Gäste des „Margarita“ wohl schon.
Der Rezeptionist hat weiße Schläfen und wirkt verschwiegen. Ich gehe auf ihn zu, lächle ihn an. „Ist Anna-Maria Bischof zu sprechen?“
Seine Antwort ist freundlich: „Haben Sie einen Termin?“
„Es geht um ihr Kochbuch, das im Herbst erscheinen soll.“
„Ich bin mir nicht sicher, ob Frau Bischof in der Küche abkömmlich ist.“
Es ist halb fünf am Nachmittag, zu dieser Zeit gibt es kaum Hochbetrieb in der Küche. Aber ich sage nichts und lächle nur weiter erwartungsvoll.
Der Rezeptionist geht etwas irritiert in das Büro hinter der Rezeption, verschwindet aus meinem Blickfeld. Ich höre ihn leise telefonieren. Ich habe auf einmal schrecklichen Durst. Sie werden hier wohl eine Bar haben oder ein Café. Am liebsten würde ich sofort dorthin verschwinden. Der Rezeptionist lässt auf sich warten. Ich studiere die zwei ausladenden Ledersitzgruppen. Die helle Doppeltür zum Restaurant ist geschlossen. Davor hat man auf einem Pult die Speisekarte ausgestellt. Ich will gerade hinüberschlendern, als ein bulliger Mann um die fünfzig aus dem Rezeptionsbüro kommt und mich ansieht.
Herr Bischof, ich hab ihn auf dem Win-Sat-Fest kurz im Schatten seiner berühmten Frau gesehen. Der Grüßaugust mit Ambitionen. Sein Gesicht wirkt etwas gerötet. Ich bin gespannt, ob er mich erkennt, aber wie sollte er?
„Was wünschen Sie?“, fragt er förmlich, aber lange nicht so elegant wie der Rezeptionist.
Ich reiche ihm eine Karte. „Mira Valensky vom ‚Magazin‘. Ich plane für Herbst eine große Story über neue Kochbücher und ihre Autoren. Ich war gerade zufällig in der Gegend, und beim Gourmet-Verlag hat man mir schon vor einiger Zeit gesagt, dass Ihre Frau ein neues Kochbuch herausbringen wird.“ Das klingt doch gut und plausibel.
Dennoch scheint Herr Bischof misstrauisch. „Vielleicht kann ich Ihnen weiterhelfen.“
„Schreiben Sie am Kochbuch mit?“ Ich sage es ganz unschuldig.
„Ich bin ihr Manager.“
Sieh an, eine Köchin mit Manager. Ich kann auch anders. „Susanne Kraus hat am Kochbuch mitgeschrieben. Sie war hier bei Ihnen. Jetzt ist sie tot.“
Herr Bischof beugt sich über das Pult zu mir: „Das ist eine Verleumdung! Ich werde Sie verklagen!“
„Dürfte schwer möglich sein. Es handelt sich um Fakten. Glauben Sie mir, es ist besser, wenn Ihre Frau Zeit für mich hat.“
„Was ist das? Schon wieder Erpressung?“, brüllt er.
„Ein guter Ratschlag“, antworte ich und denke: „Warum er ‚schon wieder Erpressung‘ sagt?“
Eine Viertelstunde später sitze ich mit Anna-Maria Bischof im Garten. Keiner der sechs runden gepflegten Holztische ist jetzt, am späten Nachmittag, besetzt.
„Mein Mann ist sehr impulsiv, wenn er glaubt, mich verteidigen zu müssen“, murmelt sie.
„Also: Susanne Kraus hat für Sie das Kochbuch geschrieben“, fasse ich zusammen und nehme einen kräftigen Schluck von meinem Gespritzten.
„So würde ich das nicht sagen. Es ist branchenüblich, dass man zum Sammeln, zum Zusammenschreiben der Rezepte auf Personen mit mehr Zeit zurückgreift. Ich sage ihr, was ich drin haben will, ich gebe ihr Rohmaterial – Rezepte, die ich für Fernsehsendungen, für Zeitschriften, für Freunde, für unsere Hauszeitung zusammengestellt habe -, und sie ordnet es dann, ergänzt, bringt alles in die passende Form. Danach schreibe ich eine Einleitung. Und dann macht einer der Foodfotografen die Bilder. Für meine ersten beiden Bücher habe ich für die Fotos noch selbst gekocht, aber jetzt habe ich absolut keine Zeit mehr, ich mache lediglich Vorgaben, und ein Spezialkoch und ein Foodstylist erledigen den Rest.“
„Susanne Kraus scheint nirgendwo auf.“
Anna-Maria Bischof seufzt. „Das ist ein wunder Punkt. Ich war zu eitel. Ich wollte nicht, dass sie vorkommt, und ihr war es eigentlich egal. Es sind ja auch tatsächlich meine Rezepte. Nur dann …“
„Ihr Mann hat von Erpressung gesprochen“, helfe ich ihr weiter.
„Erpressung? Unsinn. Sie wollte … eine kleine Gegenleistung. Ich sollte sie bei MillionenKochen unterbringen.“
„Warum?“
„Sie ist – sie war – eine ausgezeichnete Köchin und sie brauchte Geld.“
„War sie nicht schon nahe am Profi?“
„Sie hatte keine Kochausbildung.“
„Wie haben Sie sie in die Kochshow gebracht?“
„Ich habe mit dem Besetzungsbüro gesprochen. Ich hatte gehört,
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