Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
auch meines wird in der Neonbeleuchtung nicht besser aussehen. „Und ich mache meine.“
Lena Sanders wird von einem ihrer Assistenten abgeholt, ihr Auto, ein Allrad-Volvo, bremst auf dem Parkplatz. Ich will die Hand zum Winken heben, da ist der Volvo schon an mir vorbei. Zuckerbrot wartet mit seinen zwei Mitarbeitern, bis auch ich in mein Auto gestiegen bin. Der Trupp der Spurensicherung arbeitet noch.
Ich will den Wachmann noch etwas fragen, aber ich habe keine Chance. Morgen.
Ich sehe auf die Uhr, es ist halb zwei. Hoffentlich hat die Kühlung in meinem Auto kein Leck. So gesehen ist es fast ein Glück, dass das Auto der Mordkommission 1 hinter mir fährt. Bei einer Panne kann Zuckerbrot mich retten. Ich drehe das Radio auf. Musik von Kurt Weil, der Song von Jenny aus der Dreigroschenoper:
Und ein Schiff mit acht Segeln wird beschießen die Stadt
… Zuckerbrot biegt ab, hier geht es zur Autobahn. Ich bleibe auf der Landstraße, ich glaube, so bin ich schneller zu Hause.
Tagsüber habe ich das Schild nicht wahrgenommen, aber jetzt leuchtet es auf der Straße zwischen den Dörfern. „Hotel Wunderberg 2 km.“
Ich bin müde. Mir ist nach einem starken Kaffee. Ich hoffe, ich finde im Hotel noch jemanden. Das Hotel ist bloß zehn Kilometer vom Win-Sat-Gelände entfernt. Ich habe auf dem Fest mitbekommen, dass einige in einem Hotel in der Umgebung übernachteten. Ich habe mich gefragt, wo Anna-Maria Bischof wohnt, wenn sie für den Sender arbeitet. Wien ist zwar auch nur eine Dreiviertelstunde entfernt, aber so ein kleines Hotel ganz in der Nähe … Ich schaue mich um, das Auto der Mordkommission ist tatsächlich verschwunden. Dann biege ich ab.
Das Hotel kann es noch nicht viel länger geben als den Sender. Es steht allein auf einem Hügel oberhalb der Ortschaft Georgendorf. Glatte Fassade, große Fenster, man hat offenbar einem Architekten getraut, der nicht im traditionellen Stil bauen wollte. Und soviel ich jetzt in der Nacht sehe, hat man gut daran getan. Unaufdringliches Design. Zu meiner Freude brennt in der Hotelhalle Licht. Die große Glastüre ist dennoch versperrt. Ich läute, sofort kommt ein junger Mann und sperrt auf.
„Ich hätte gerne ein Zimmer“, sage ich. „Und einen Kaffee.“
Er nickt freundlich, ich hole meine Notfalltasche und denke mir, allemal besser so, denn untertags mit dem Auto hängen zu bleiben, ist lange nicht so mühsam wie in der Nacht.
Der junge Mann bringt mir den Kaffee an die Bar.
„Haben Sie immer so lange Dienst?“, frage ich.
„Nein, nur wenn noch Gäste auf sind.“
Ich sehe niemanden.
„Die Letzten sind erst vor einer Viertelstunde heimgekommen, wir haben eine Salonwein-Verkostung unten im Ort.“
„Und Leute vom Sender übernachten ja auch immer wieder hier, stimmt’s?“
„Sind Sie auch von Win-Sat?“
Ich schüttle den Kopf. „Ich habe Freunde dort. Anna-Maria Bischof schläft doch auch hier.“
„Sie kennen Sie?“
„Natürlich.“
„Ja, die übernachtet fast immer bei uns, wenn sie MillionenKochen macht. Sehr nett. Sie hat sogar gemeint, ich könnte nächste Saison bei ihr arbeiten. Das wäre schon etwas. Ihr Mann war bei denen, die gerade erst heimgekommen sind.“
„Sie sind mit zwei Autos da?“
„Üblicherweise nicht, er fährt auch selten mit. Aber heute ist er am Nachmittag gekommen.“
„Und zur Weinverkostung gefahren.“
„Nehme ich einmal an, sie kaufen jetzt auch Weinviertler Wein für das ‚Margarita‘. Wir haben in den letzten Jahren super zugelegt. Unsere Weine können mit den besten mithalten. Und der Preis …“
Ich nippe an meinem Kaffee und überlege. Bischof könnte sein Auto irgendwo in der Nähe des Sendergeländes geparkt haben. Er kennt sich in der MillionenKochen-Halle aus. Er hätte nach der Show auf Lena Sanders warten können. Und dann ein Messer … Aber warum? Um den Verdacht wieder auf Bert Seinitz zu lenken, Bert Seinitz, der stinksauer war, dass er keine zweite Chance bekommt, obwohl er sie dringender brauchen würde als alle anderen? Um Zuckerbrot vorzutäuschen, dass ein Irrer umgeht, während er kein anderes Interesse hat, als sein ‚Margarita‘ zu schützen?
„Anna-Maria ging es heute nicht so gut, sie ist gleich nach der Show weggefahren“, improvisiere ich.
„Sie kommen also doch vom Sender.“
„Ja, ich hab mir die Show angesehen.“
„Anna-Maria Bischof war super drauf. Diese Helga Schuster hat hervorragend gekocht, trotzdem hat man wieder einmal gesehen, was ein Profi ist.
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