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Mina (German Edition)

Mina (German Edition)

Titel: Mina (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Almond
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fragte nach ihrem Lieblingsessen, er fragte, warum sie sich letzte Woche mit ihrer besten Freundin Claire gestritten hatte und welchen Albtraum sie vor ein paar Nächten gehabt hatte – und plötzlich nahm Maisies Leben vor den Augen der Kinder Gestalt an.
    Er zeigte ihnen noch mehr: einen Schlüssel, der Billy Winston das Leben gerettet hatte. Wie war das vor sich gegangen? Und was für einen geheimen Brief hielt Billy in seiner Schublade versteckt? Und wie hat sich Billy Winston im Alter von sieben Jahren das Handgelenk gebrochen?
    Er zeigte ihnen ein ganz gewöhnliches Hühnerei. Was wäre, wenn daraus kein Huhn, sondern ein unbekanntes Tier schlüpfen würde? Und so weiter und so weiter …
    Er bewies den Kindern, dass das Gehirn ganz von alleine Geschichten erfand, dass es natürlich war und gar nicht schwer. Er sagte, dass es bei Geschichten gar nicht um Worte ging – um die Worte, die Kindern wie Wilfred und Steepy so schwerfielen. Es ging um Bilder, ähnlich wie bei Träumen. Mina fand das alles ganz fantastisch. Sie schrieb die Antworten auf – Fragmente von Geschichten. Sie hieß jede neue Figur willkommen und freute sich, wenn die Welt dieser Figuren in ihrem Kopf und auf dem Blatt Papier Gestalt annahmen.
    Als Malcolm sie bat, mit dem Schreiben anzufangen, und als Steepy, Wilfred und Alicia Malcolm und den Assistenzlehrern ihre Bilder und Visionen erzählten und zusahen, wie sie sich in Worte verwandelten, fragte sich Mina: Was wäre, wenn es tatsächlich eine Geschichte gäbe, in der nichts Interessantes geschah?
    Sie versuchte es. Aber jedes Mal, wenn sie ein Wort aufschrieb, geschah etwas. Sobald sie einer Figur einen Namen gab, wurde diese Figur lebendig, lief in ihrem Kopf herum und auf dem Papier. Es war unmöglich, etwas zu schreiben und es in Nichts zu verwandeln. Vielleicht war Schreiben ein bisschen so wie Gott spielen. Jedes Wort war der Beginn einer neuen Schöpfung.
    Sie schrieb Satz um Satz, verwarf Satz um Satz. Neben ihr erzählte Steepy die Geschichte eines Drachen namens Norman, der aus einem Ei schlüpfte. Wilfred murmelte etwas über eine Bande von Schlägern, die Billy Winston bis zu einem verfallenen Lagerhaus verfolgten. Alicia seufzte, weil Maisies Kätzchen beinahe überfahren worden wäre.
    Mina hielt die Augen gesenkt und lauschte. Alle um sie herum schienen hierherzupassen. Einen Augenblick lang hasste sie sich selbst. Sie war ein Versager. Sie war dumm und musste stets und ständig widersprechen. Sie passte nirgends hin, nicht einmal an einen Ort, der für Außenseiter gemacht war. Sie schaute auf das Blatt Papier und erkannte, dass die einzige Geschichte, in der nichts passierte, die Geschichte war, die nicht geschrieben wurde. Es war eine leere Seite.
    Diese Erkenntnis verursachte ihr ein Gefühl der Einsamkeit und Angst. Manchmal wünschte sie sich genau das – nichts zu sein, nirgends zu sein, leer zu sein. Manchmal wollte sie ein Leben, in dem nichts passiert war, in dem nichts passierte. Manchmal wünschte sie sich, sie sei eine Geschichte, die nie angefangen hatte.
    Malcolm hatte Recht. Es war zwar wunderbar und aufregend, erwachsen zu werden, aber es war auch so verdammt schwer.
    Die Stimmen um sie herum murmelten, und manchmal lachten sie. Sie versuchte, sie auszublenden.
    Sie schaute auf die Seite, über die Visionen und Erinnerungen zogen. Sie sah sich selbst zu Hause auf ihrem Baum sitzen. Sie sah ihre Mutter in einem Café sitzen und Kaffee trinken. Sie dachte an ihren Vater tief unten in der Dunkelheit der Erde und oben im Himmel, von wo aus er auf sie herunterblickte. Und da waren das Gemurmel von Alicia, Wilfreds Zorn, Harrys Scheu und die Bilder auf Steepys Brust, Malcolms Freundlichkeit, sein rotes Hemd und das silberne Armband am Rand ihres Blickfeldes.
    Und die Erinnerung an Palaver und Trench schwappte herein, an Scullery und den SCHULLEITER und an den Prüfungstag, an Gott und Fleisch und Leere, an Geschichten, in denen das Leben selbst aus alten Knochen und Geschichten erschaffen wird, in denen nichts passiert und und und und und und und und … Und vielleicht war es all das zusammen, all diese Stückchen und Häppchen aus der Vergangenheit und der Gegenwart, die alles andere auslöschten und dieses eine Bild erschufen. Was auch immer es war, jedenfalls schaute sie auf. Sie schaute durch das Fenster hinaus ins Sonnenlicht, das auf den Schulhof fiel, und da sah sie ihn.
    Er stand gelassen und entspannt auf dem Asphalt, in der Nähe einiger

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