Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
Eleanor sah drei oder vier Pferde am hinteren Ende, deren dunkles Fell mit dem Dämmerlicht verschmolz.
Ein Polizeisergeant, den sie nicht kannte, stieg aus dem EMC Ranger und drehte seine Mütze feierlich, bis sie korrekt saß.
»Wir sind gerade erst angekommen«, sagte Greg. Er stellte ihr den Sergeant als Keith Willet vor.
Die eisenbeschlagene Haustür ging auf. Colin Mellor stand dort und lehnte sich auf einen hölzernen Spazierstock. Er war ein zweiundsiebzigjähriger Mann mit buschigem, weißem Haar und trug eine ausgebeulte grüne Kordhose und eine malvenfarbene Strickjacke. Ein riesiger Schäferhund schnüffelte um seine Beine herum und starrte die Besucher an. Eleanor lief ein leichter Schauder über den Rücken, als sie das Tier sah. Es war ein genmanipulierter Schutzhund – graues Fell, auf Schnelligkeit getrimmte Muskeln, angeblich dem Besitzer unbedingt gehorsam. Das war ein Merkmal, das die Gentechniker nicht immer erfolgreich zusammenspleißen konnten. Greg hatte ihr erzählt, daß sich einige der ursprünglichen militärischen Kampfhunde auf ihre Führer gestürzt hatten, als sie im Feld eingesetzt wurden.
Und Eleanor hatte aus erster Hand miterlebt, was diese modifizierten Ungeheuer mit Menschen machen konnten. Es war ein genmanipulierter Wachpanther gewesen, der Suzi angegriffen hatte.
»Das sind Freunde, Sparky, sieh nur«, sagte Colin und tätschelte den Kopf des Hundes. »Es sind alles Freunde.« Der Hund sah sich mit großen, geschlitzten Katzenaugen um und blinzelte träge. Dann blickte er zu Colin hinauf. Widerstrebend, fand Eleanor. Sie konnte erkennen, daß sich Joey Foulkes total angespannt hatte und seine Hand unweit der verräterischen Wölbung unter der Anzugjacke schwebte.
»Nun, kommt herein«, sagte Colin. Er unterstrich seine Worte, indem er heftig mit dem Stock fuchtelte. »Sparky hat jetzt von allen Witterung genommen. Er mag euch.« Er zog sich in den Flur zurück und scheuchte den Hund zur Seite. Eleanor ertastete Gregs Hand und hielt sich ganz fest, als sie eintraten.
Colin führte sie ins Wohnzimmer. Es lag im Erdgeschoß und war in schlichtem Teakholz möbliert. Die Polsterungen waren hellgrün. Große Verandatüren boten Aussicht über die Wiese. Bioleuchtkugeln, die in Rauchglasschirmen von der Decke hingen, verbreiteten kräftiges Licht. Schlachtenbilder verzierten alle Wände, von der napoleonischen Armee bis zur Türkei.
»Bevor wir zu irgend etwas anderem kommen«, wandte sich Eleanor an Greg, »habe ich schlechte Nachrichten für dich. Die Speicherkerne des Stamford and Rutland Mercury, der Rutland Times und der Melton Times wurden samt und sonders von Netzjockeys zum Absturz gebracht. Der Ring behauptete, die Blätter hätten der PSP zu nahe gestanden. Es gibt keine Unterlagen mehr über irgendeinen Vorfall auf Launde Abbey.«
Greg packte jeden ihrer Unterarme fest und küßte sie warmherzig. »Die Netzjockeys haben auch den Speicher der Gerichtsmedizin gelöscht«, berichtete er. Der zufriedene Tonfall verwirrte sie für einen Moment.
Colin setzte sich behutsam in einen herrschaftlichen Ohrensessel. Eleanor hatte Colin seit der Hochzeit im vergangenen Jahr nicht mehr gesehen, und selbst da hatte sie nur ein paar Worte mit ihm gewechselt. Sie fand, daß er inzwischen noch viel gebrechlicher wirkte.
»Also dann«, sagte er. »Worum geht es eigentlich?«
Eleanor hörte zu, wie Greg den Fall zusammenfaßte. Irgendwie fand sie das Rätsel, das Clarissa Wynnes Tod umgab, nicht besonders tröstlich. Gregs Intuition hatte wie üblich recht behalten. Aber die ganze Folge der Ereignisse kam ihr immer unklarer vor, eingehüllt in ein formloses graues Dunkel, das aus dem Hinterland hervorsickerte und die Fakten vor ihren Augen wegfraß. Es war traurig und deprimierend.
Greg war natürlich in seinem Element. Gabriel ebenfalls, wenn auch weniger ausgeprägt.
Mitten in Eleanors Gedanken hockte ein müdes kleines Mädchen, das am liebsten gesagt hätte: »Ich habe gesehen, wie Nicholas es getan hat. Damit ist die Sache abgeschlossen. Lassen wir es damit bewenden.« Wieso mußten Erwachsene immer so verdammt edel und entschlossen sein?
»Jemand hat sich viel Mühe gegeben, jede Spur von Clarissa Wynne auszulöschen«, sagte Greg. »Ganz zu schweigen von den Kosten. Netzjockeys sind nicht billig, und sie haben Aktionen gegen drei Zeitungen plus ein gerichtsmedizinisches Büro durchgeführt; vielleicht war die Polizeiwache Oakham daran beteiligt, vielleicht nicht, aber
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