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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Vater zu bitten, daß er es dir zeigt. Die Fallströmung der Meerenge ist echt was; diese winzige Lücke ist die einzige Öffnung, durch die sich das Mittelmeer füllt. Die Wärmeausdehnung hat den Spiegel des Mittelmeeres weniger stark angehoben als den der Ozeane; das Wasser war von vornherein wärmer. Also ist der Atlantik immer noch ein paar Meter höher, und das nach fast fünfundzwanzig Jahren. Es wird noch lange dauern, bis Gleichstand erreicht ist.«
    »Bist du darauf gefahren?«
    »Nein. Ich hatte zuviel Angst; die Fallströmung ist über fünf Kilometer lang. Ich habe mir allerdings angesehen, wie es die verrückten Machos getan haben. Man sitzt in einem der überhängenden Cafes am Felsen, und dabei vibrieren einem die Knochen von den Turbulenzen an der Basis; sie klingen wie ein unaufhörliches Donnern. Man denkt, daß der Felsen selbst in ein paar Jahrzehnten verschwunden sein wird. Nichts kann einen solchen Druck aushalten.«
    Sie erinnerte sich noch an mehr – die schnittigen, an Kanus erinnernden Kapseln, mit denen die Leute auf der Fallströmung der Meerenge entlangbrausten, wie Phosphenpunkte, die durchs Blickfeld zischten, während Charlotte die unglaubliche Wildwasserwoge aus dem sicheren Café heraus betrachtete. Zwei ihrer Begleiter hatten es selbst versuchen wollen, wohl wissend, daß die Fallströmung jede Woche ein paar Menschenleben forderte.
    Damals hatte sich Charlotte überlegt, wie wenig diese Leute das eigene Leben achteten. Die Reichen der Welt degenerierten mit jeder Generation mehr. Früher hatten sie mehr den Kitzel des Abenteuers in ihrem Zeitvertreib gesucht, bei den Bootsrennen, den Wüstenrallyes, den Polarmärschen. Jetzt fehlte das Element der Berechnung bei den Risiken, die sie eingingen, war von Leichtsinn abgelöst worden, eine Rückkehr zu dem Ideal, das da lautete: Lebe intensiv, stirb jung. Charlotte vermutete, daß das eine Reaktion auf die zunehmende Übersättigung in einer Welt war, auf der man so viel Vergnügen billig haben konnte. Der Drang nach Selbstzerstörung unterschied die Reichen wieder von den Armen.
    »Klingt toll«, meinte Fabian.
    Sie bemerkte, daß er gar nicht richtig zugehört hatte. Er sah sie immer noch an, und sein von Anbetung geprägter Blick drückte Frage und Verlangen aus. Wie würde er wohl sein, wenn er achtzehn wurde? »Ich möchte dir ein Geschäft vorschlagen, Fabian.«
    »Welches?«
    »Wenn du mir den Bikini abnimmst, ziehe ich dir die Badehose herunter.«
     
    Fabians Schlafzimmer war mit derselben teuren Sorgfalt und Aufmerksamkeit ausgestattet worden, wie man sie in so reichem Maße auf das ganze Luftschiff verwandt hatte – antike Kommode, gepolsterte skandinavische Stühle, chinesischer Teppich, zwei blasse Stilleben in schmalen, schlichten Goldrahmen. Die Schublade war jedoch zerkratzt und wies einen sehr komischen Purpurflecken auf, der immer noch klebrig war; T-Shirts, Handtücher und Shorts hingen über allen Stühlen; Schuhe und Inlineskates lagen auf dem Teppich herum; derbe Hologramme von Girlbands pappten an den Wänden.
    Fabian war also doch ein ganz normaler Teenager. Eine Bude von der Größe eines kleinen Warenhauses reichte nicht annähernd für seinen ganzen Plunder.
    Charlotte hatte die Kabine bislang nur bei schwachem Licht gesehen; bei Tageslicht wirkte alles noch schlimmer. Sie saß mit gekreuzten Beinen mitten auf dem Bett, hatte den Bikini wieder angezogen und sah Fabian zu. Er hockte auf einem Handtuch vor dem großen Flachbildschirm an der Wand und hatte French MTV eingeschaltet, wo mit gedämpfter Lautstärke ein alter Rolling-Stones-Titel lief. Fabian hielt den Blick jedoch aufs Cybofax gerichtet und löste mit einer Hand das Kreuzworträtsel der Londoner Times, während er in der anderen Hand einen Schokoladeneisriegel hielt.
    Sie hatte noch nie erlebt, wie jemand das Kreuzworträtsel so schnell löste. Fabian nahm immer wieder mal einen Bissen Schokoladeneis und las einen Anhaltspunkt, und schon tanzten die Finger über die Tasten. Er zögerte nie, konsultierte niemals das Wörterbuch des Cybofaxes. Charlotte fühlte sich versucht, ihn erneut nach einem Biowareknoten zu fragen, aber damit hätte sie das Thema aufgebauscht. Außerdem glaubte sie nicht, daß Fabian sie gestern im Pool angelogen hatte. Sie glaubte nicht, daß er sie überhaupt in irgendeiner Hinsicht hätte anlügen können.
    Wie konnte er dann das Kreuzworträtsel dermaßen vertilgen?
    »Macht das Mädchen hier nie sauber?« fragte

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