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Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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als Lord Sylvester sein Monokel fallen ließ,
zu ihr herüber kam und eine elegante Verbeugung vor ihr machte.
    »Ich bin
gekommen, um mit Miß Armitage eine Spazierfahrt zu machen«, sagte er mit einem
angedeuteten Lächeln in der Stimme.
    »Ich bin
der Meinung«, protestierte Lord Barding, und seine Korsettstangen knarrten
dabei wie die alten Balken in einem Schiffsgefängnis, »daß Miß Armitage keine
Lust hat, mit so einem Schwätzer, wie Sie es sind, auszufahren.«
    »Und wie
geht es Lady Barding?« fragte Lord Sylvester zuckersüß. »Und all den kleinen
Bardings? Und Lady Yarwood?« fuhr er fort, sich langsam umdrehend und auf den
wütenden Sir Peter herabblickend. »Sie kommen wohl wieder nicht in die Stadt?
Aber, aber! Das ist nicht nett von den Herren, ihre Frauen so auf dem Land
versauern zu lassen.«
    Lord
Barding und Sir Peter Yarwood blickten finster vor sich hin, statt zu
antworten. Sie hatten gehofft, Minerva zu betören, bevor sie erfuhr, daß sie
verheiratet waren. Jetzt waren sie in ihren Bemühungen stark beeinträchtigt.
Damit war die Wette hinfällig. Sie wandten ihren grimmigen Blick von Lord
Sylvester ab und schauten auf ihre letzte Hoffnung, Mr. Hugh Fresne, der
glutäugig wie Lord Byron am Kaminfeuer saß. Er war überzeugt, daß das
romantische Bild, das er bot, Minerva Seufzer über Seufzer entlocken mußte, und
so starrte er angespannt in das Feuer, in der Absicht, sein Profil am
wirkungsvollsten zur Geltung zu bringen.
    Das
gegnerische Lager spornte seine große Hoffnung, Lord Chumley, an.
    »Das geht
nicht, Comfrey«, sagte der. »Miß Armitage fährt lieber mit mir aus. Und ich
sag' Ihnen auch, warum. Weil Miß Armitage der Sinn nach Höherem steht, darum.
Wir haben gerade, bevor Sie hereinkamen, über die traurigen Folgen des
Spielens gesprochen. Nachdem Sie ein leidenschaftlicher Spieler sind, Comfrey,
bin ich sicher, daß diese Unterhaltung Sie ...«
    Er
verstummte unter Lord Sylvesters erstauntem Blick.
    Lord
Sylvester drehte Lord Chumley den Rücken zu, so daß dieser Herr einen
ausgezeichneten Blick auf Westons Schneiderkunst in höchster Vollendung hatte.
    »Miß
Armitage«, sagte Lord Sylvester. »Ich würde mich als den glücklichsten aller
Menschen betrachten, wenn Sie mir die Ehre Ihrer Gesellschaft erweisen würden.«
    Lady
Godolphins kleine, blaßblaue Augen flogen hin und her, von den
selbstzufriedenen Gesichtern der Minerva den Hof machenden Herren – denn
sicherlich würde sie Comfrey abweisen – zu Minerva selbst, die eingehend das
Teppichmuster betrachtete.
    Minerva
blickte auf: »Ich nehme Ihre freundliche Einladung mit Freuden an.«
    Man hörte
geradezu, wie mehrere Herren nach Luft schnappten.
    Lady
Godolphins Augen funkelten. Comfrey machte sich nichts weiter als einen Spaß.
Trotzdem hielt sie Minervas Zusage für einen sehr geschickten Schachzug.
    Etwa zehn
Minuten später ergriff Lord Sylvester die Zügel, und seine wunderbaren Braunen,
in deren einen Minerva sofort das Pferd ihres Vaters wiedererkannte, fielen in
eine zügige Gangart.
    Lord
Sylvester schaute seine Begleiterin an. Ein hübscher Strohhut beschattete
Minervas Gesicht.
    »Jetzt
möchte ich bloß gerne wissen«, überlegte Seine Lordschaft laut, »warum Sie mir
die Ehre Ihrer Gesellschaft erweisen?«
    Schweigen.
    »Ich darf
wohl annehmen, daß die Herren Ihre Ansichten teilen.«
    »Es schien
so«, sagte Minerva tonlos.
    »Es schien
so! Sie schockieren mich zutiefst. Kann es sein, daß die Herren nicht ehrlich
waren?«
    »Sie wissen
genau, daß sie es nicht waren.«
    »Wirklich.
Ich dachte, Sie hätten sie vielleicht bekehrt.«
    »Ich glaube, Sie wollen mich
zum Narren halten.«
    »Sie haben
sich selbst so närrisch verhalten ... und sehr gekonnt.«
    »Mylord,
Sie sind zu hart«, sagte Minerva wütend. »Vielleicht bin ich undiplomatisch
gewesen. Aber ich versuche, meine Wertvorstellungen unter Leuten, die keine
haben, aufrechtzuerhalten. «
    »Sehr
lobenswert. Aber es war vielleicht nicht notwendig, gar so beredt zu sein. Wir
haben – ob Sie es glauben oder nicht – ein paar wirkliche Reformer in unseren
leichtfertigen Reihen. Aber sie beschränken ihre Reformen auf Gebiete, wo es
auch Sinn hat und ihre Stimmen gehört werden. Im Unterhaus, zum Beispiel. Für die
Parlamentarier sind mit vollem Recht diejenigen Gesellschaftsmitglieder, die
sich nicht um das Allgemeinwohl kümmern, eine Geldquelle, damit sie ihre Pläne
verwirklichen können. Und wie steht es nun um den traurigen Fall der

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