Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
Vom Netzwerk:
gar nicht anders
nennen. Himmelsklänge.«
    »Ja, ja,
Mr. Armitage. Aber ich habe trotzdem das Gefühl, ich muß ... ich sollte ... es
Ihnen sagen. Es geht um Miß Annabelle.«
    Der
Pfarrer, der geistesabwesend mit seinem Stiefel im Gras herumgestochert hatte,
hielt inne und schaute den Hilfspfarrer scharf an. Seine Augen verengten sich
unter dem Rand seines Schaufelhuts.
    »Annabelle,
was! Heraus damit! Sagen Sie's! Ich befehle es Ihnen, wenn das Ihr Gewissen
erleichtert.«
    »Am
Sonntag«, sagte der Hilfspfarrer, beugte sich zum Pfarrer herab und begann zu
flüstern. »Miß Annabelle ist mit Mr. Wentwater im Wäldchen an der Ecke des
kleinen Ackers gesehen worden. Am Sonntag nachmittag. Sie benahmen sich wie
ein Liebespaar.«
    Kleine
Schweißtropfen erschienen auf der Stirn des Pfarrers, aber er beherrschte
sich. »Werden Sie deutlicher.«
    Mr.
Pettifor schaute nervös auf ihn hinunter. »Mr. Wentwater – äh ... drückte ihre
Hand herzlich und dann ... küßte er sie auf den Mund.«
    Der Pfarrer
nahm seinen Hut und trocknete sich die Stirn. »Und wie hat Annabelle das
aufgenommen?«
    »Das ist es
ja, was so schrecklich ist. Sie hat gelacht und geschäkert.«
    »Und das
ist alles? Ein Kuß und ein Händedruck?«
    »Barmherziger Himmel! Ihre unschuldige
Tochter! Ist das nicht genug?«
    »O doch,
doch. Wer hat es Ihnen gesagt, Pettifor?«
    »Der junge Jem Parsley.«
    »Aha.«
    »Jem hat
mir erzählt, daß ihm Mr. Wentwater am Sonntag vormittag einen Schilling gegeben
hat, damit er Miß Annabelle eine Botschaft überbringt.«
    »Gut,
vergessen Sie es. Sprechen Sie nicht darüber, Pettifor.«
    »Aber, Mr.
Armitage ...«
    »Vergessen
Sie es, Mann. Ich gehe jetzt zu Squire Radford. Kein Wort mehr. Ich weiß, wie
ich mit meinen Mädchen fertigwerde.«
    Ich weiß es
keineswegs, dachte der Pfarrer, als er sich eine knappe halbe Stunde später vor
Squire Radfords Haus vom Pferd schwang. Ich erinnere mich, daß Jimmy Radford
eine Tochter hatte. Kann nicht schaden, ihn um Rat zu fragen, bevor ich das
Schätzchen auspeitsche und einen Aufruhr verursache. Und mit Annabelle bin ich
noch nie fertiggeworden.
    Der Squire
war ein knorriger, kleiner alter Herr, der in der ganzen Welt herumgekommen
war. In seinem malerischen Landhaus traf man deshalb auf Marmor aus Italien,
Messing aus Indien, Seide aus China und Zedernschnitzereien aus dem Libanon.
Keiner konnte sich recht an Mrs. Radford erinnern, und es schien manchmal so,
als sei der Squire schon immer Junggeselle gewesen. Er führte den Pfarrer zu
einem Gartentisch unter einem ausladenden Bergahorn und schickte seinen
indischen Diener nach einer Flasche
Portwein.
    »Du hast
Kummer, Charles«, sagte der Squire mit seiner dünnen
hohen Stimme. Er ließ sich in dem Stuhl gegenüber dem Pfarrer nieder und
verschränkte zierlich seine dünnen, stockartigen Waden in den gemusterten
Strümpfen. Die Silberschnallen seiner Schuhe blinkten in der Sonne. Er trug
eine sorgfältig gelockte und gepuderte Perücke, die sein kleines, faltiges Gesicht
noch kleiner machte.
    Der Pfarrer
lehnte sich nach vorne und klopfte dem Squire aufs Knie. »Ich brauche deinen
Rat, Jimmy«, sagte er. »Es geht um Annabelle.«
    »Laß
hören«, sagte der Squire und reichte dem Pfarrer ein Glas. »Er wird dir
schmecken, Charles. Ein ausgezeichneter Portwein. Ah ja, Annabelle. Das ist
die, die beinahe mit Lady Wentwaters Neffen verlobt worden wäre; aber du hast
herausgefunden, daß er mit Sklaven gehandelt hat, und deshalb war es aus. Wenn
ich mich recht erinnere, hat sich Annabelle selbst gegen den jungen Mann gestellt.«
    »Ja«, sagte
der Pfarrer, nippte an seinem Wein, hob seine buschigen Augenbrauen und stürzte
den Rest in einem einzigen Schluck hinunter.
    »Mm, ja,
der ist gut. Ja, gib mir bitte noch einen. Kummer macht mich immer durstig.
Nun, sie ist gesehen worden, wie sie mit Guy Wentwater geflirtet hat. Wie du
weißt, bin ich ein heißblütiger Mann, und meine erste Idee war es, hinzugehen
und ihm mit der Peitsche eins überzuziehen.«
    Der Squire
hob die Hände vor Schrecken. »Du kannst einen Gentleman doch nicht
auspeitschen!«
    »Er ist
kein Gentleman.«
    »Jetzt
übertreibst du aber. Es ist bloß gut, daß du zuerst zu mir gekommen bist. Du
hast wahrscheinlich einen guten Grund, warum du nicht einfach mit deiner Tochter
sprichst, oder?«
    »Annabelle
langweilt sich. Es gibt nichts Gefährlicheres als ein gelangweiltes Mädchen mit
einem reichen jungen Mann in der Nähe.Sie läuft mir glatt weg

Weitere Kostenlose Bücher