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Mira und das Buch der Drachen (German Edition)

Mira und das Buch der Drachen (German Edition)

Titel: Mira und das Buch der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Ruile
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in das Maul des Monsters führten. Einen Moment lang wünschte sich Mira, einfach nach Hause gehen zu können. Sie müsste nur die Stufen hinauflaufen, würde dann in dem Maul verschwinden und käme nach viel Treppauf, Treppab bei Herrn Gwiseck wieder heraus, der wahrscheinlich immer noch in seinem Laden saß und seine versteckten Schätze behütete.
    »Hörst du das?«, flüsterte Hippolyt plötzlich. Mira spitzte die Ohren. Aus dem Maul des Monsters klangen Schritte, die sich rasch und energisch näherten. Dann hörte sie, wie zwei Stimmen sich aufgeregt unterhielten.
    Mira und Hippolyt versteckten sich hinter einer halbhohen Mauer, die nur ein paar Meter von dem Zugang entfernt war und auf die ein großes lidloses Auge gemalt war. Durch die hohle Pupille beobachteten sie, wie sich ein großer Mann unter den beiden Zähnen im Maul des Monsters duckte. Kurz darauf erschien neben ihm eine Frau mit mausbraunen Haaren.
    Mira ballte die Hände zu Fäusten. Dort standen Albert und Xenia. Die beiden waren in ein Gespräch vertieft und stiegen nun aus dem Maul die Treppen hinab.
    »Aber woher wusste er, dass die Kinder in das Treppenhaus kommen würden?«, fragte Xenia. »Ich verstehe das nicht.«
    Albert machte eine wegwerfende Bewegung. »Weiß ich’s? Irgendjemand hat’s ihm gesteckt, denk ich. Einer meinte, er hätte ’nen Kontaktmann oder so.«
    »Du meinst, es gibt da noch einen Verräter?«, fragte Xenia neugierig.
    Durch Hippolyt ging ein Ruck.
    »Was weiß ich«, erwiderte Albert unwirsch. »Mir hat jedenfalls keiner was gesagt!«
    Die beiden bogen um die Ecke, dorthin, wo zuvor auch Mirandas Eltern und die anderen Zauberer verschwunden waren.
    Hippolyt sah Mira an. »Du bleibst hier! Ich sehe nach, wo sie hingehen.«
    »Ich komme mit!«, protestierte Mira.
    Hippolyt schüttelte den Kopf und biss sich auf die Lippe. »Das ist zu gefährlich für dich. Warte hier! Versprichst du mir das?«
    Mira nickte widerstrebend, woraufhin Hippolyt kurz zu Boden blickte.
    »Was ist?«, fragte Mira.
    Hippolyt seufzte. Ich geh mal los«, murmelte er und stand mühevoll aus der Hocke auf.
    »Viel Glück!«, wünschte Mira und beobachtete, wie er, ohne sich noch einmal umzudrehen, über den Schnee davonhinkte.
    Er folgte Alberts und Xenias Spuren und schleifte dabei sein linkes verletztes Bein hinter sich her. Genauso hatte Hippolyt ausgesehen, als er über das Eis gegangen war, nachdem die Freunde ihn aus dem Baumhaus gejagt hatten.
    Für einen Moment empfand Mira tatsächlich so etwas wie Mitleid. Doch der Gedanke an den Zwerg vertrieb rasch alle freundlichen Gefühle für den Zauberer. Dankbar, ihn für eine Weile nicht mehr um sich zu haben, ließ sie ihre Augen im Garten umherschweifen und betrachtete die riesigen Steinfiguren. Sie wirkten monströs, gerade als wären sie direkt aus dem Kopf eines Menschen entschlüpft, der einen Albtraum hatte. Wenn sie doch nur die Gedanken der Figuren verstehen könnte! Was hatte die unförmige Schildkröte zu erzählen? Wusste der Elefant, der die Säule spazieren trug, Dinge über die schwarze Hexe, die ihr ganz unbekannt waren?
    Die Musik hinter den hohen Mauern verebbte und Beifall brandete auf. Mira trat von einem Bein auf das andere und fror. Wo nur Hippolyt so lange blieb? Je länger sie darüber nachdachte, desto dümmer kam ihr die Entscheidung vor, Hippolyt alleine gehen zu lassen. Er war der Letzte, der sich wehren oder auch nur davonlaufen konnte. Das Klavierspiel erklang wieder, hohe, stechende Noten, die wie funkelnde Eiskristalle in die Luft stoben.
    Mira lauschte dem Stück, und je länger es dauerte, desto mehr wuchs ihre Unruhe. Als die Musik mit einem lauten, durchdringenden Akkord endete und erneuter Applaus erklang, beschloss sie, nach Hippolyt zu sehen.
    Zögernd folgte sie seinen Fußspuren im Schnee. Sie führten am Maul des Monsters vorbei und leiteten sie um die Ecke zu dem Parkplatz. Hier mündete der Trampelpfad in einen breiten, von Schnee geräumten Weg.
    Es schien vier Eingänge ins Haus der schwarzen Hexe zu geben. Zu jedem von ihnen führte ein Gang, der von krummen Säulen gesäumt wurde. Brennende Fackeln steckten in großen eisernen Halterungen an der Wand und die verdrehten Säulen warfen im Schein des Feuers seltsame, flackernde Schatten auf den Marmorboden.
    Am Ende des rechten Gangs hörte Mira Stimmen. Und obwohl sie für einen Moment überlegte, ob es wohl besser wäre, schnell in den Garten zurückzulaufen, zwang sie sich weiterzugehen. Leise

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