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Mira und das Buch der Drachen (German Edition)

Mira und das Buch der Drachen (German Edition)

Titel: Mira und das Buch der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Ruile
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linkisch und verbeugte sich mit einer eckigen Bewegung, woraufhin die Menge anfing zu klatschen, gerade so, als zollte sie diesen Respekt einem echten Menschen.

    Der Automat begann wieder zu spielen und die Melodie flog durch den Saal, stieg nach oben und brachte den schweren diamantenen Kronleuchter zum Klirren. Dann drangen die Noten durch die Decke des Saals in eine kleine Kammer, in der die schwarze Hexe saß und in dem Buch der Metamorphosen blätterte.
    Ihr gegenüber kauerte Mira in einem riesigen altmodischen Ledersessel. Zum ersten Mal seit langer Zeit fror sie nicht mehr. Doch das nahm sie nur flüchtig wahr, denn ihre Aufmerksamkeit war auf die Dinge vor ihr auf dem Schreibtisch gerichtet. Neben einer schwarzen Kerze, deren Flamme ein erstaunlich helles Licht verbreitete, lagen dort offen die drei Kugeln: die durchsichtige Fernsichtkugel, die Marmorkugel, mit der man in die Zukunft sehen konnte, und in der Mitte die Spiegelkugel. » Jene, die den Tod bringen soll «, wie ihr vor langer Zeit Graumalkin verraten hatte.
    Mira fühlte sich vollkommen leer. Nachdem Xenia sie im Säulengang überwältigt hatte, war sie von Albert und einem weiteren Gehilfen durch das riesige Landhaus der schwarzen Hexe geschleift worden. Ein Zimmer war dunkler als das andere gewesen, bis sie schließlich in dieser kleinen Kammer landeten, die direkt oberhalb des großen Ballsaals lag.
    Nun stand Albert hinter Miras Sessel. Sein Gesicht war gerötet und er bebte vor Stolz und Aufregung. Jedes Mal, wenn die schwarze Hexe eine Seite umblätterte, machte er eine kleine demütige Verbeugung, was ihn viel kleiner erscheinen ließ. Neben ihm, zusammengekauert und auf einen Stuhl gestützt, stand Hippolyt und versuchte seinen unablässigen Hustenreiz zu unterdrücken. Mira nahm seine gebückte Gestalt nur ausden Augenwinkeln wahr und wagte nicht, ihn anzusehen. Sie fürchtete, ihr würde übel dabei werden.
    Die schwarze Hexe blätterte die vergilbten Seiten um. Eine nach der anderen.
    Da war der Fisch im Teich und die Blätter, die sich auf der Wasseroberfläche über ihn legten. Dann konnte Mira die Schmetterlinge sehen, die aus einer Schriftrolle flogen. Die Hexe verweilte kurz bei der Zeichnung mit dem Treppenhaus und blätterte dann weiter zu einem Bild mit den drei Kugeln, die nebeneinandergezeichnet waren, genau so, wie sie jetzt vor Mira lagen. Plötzlich wurde Mira bewusst, dass es zu vielen ihrer Abenteuer ein Bild in dem Buch gab, und sie fragte sich plötzlich, ob irgendwo jemand saß und sie und die Hexe malte und ob jemand sich das, was sie gerade erlebte, an einem anderen Ort einfach ausdachte.
    Was für eine dumme Geschichte , dachte sie. Sie hat kein glückliches Ende.
    Wie hatte sie Hippolyt auch nur für eine Sekunde vertrauen können? Und wie hatte sie nur denken können, dass sie gegen die schwarzen Zauberer eine Chance hatte? Nein, es war ein Ende voller Verrat und ohne Hoffnung.
    Die langen, spinnenbeinartigen Finger der schwarzen Hexe flogen über das Papier. Ab und an hielten sie plötzlich inne und ein langer Seufzer war zu hören. Dann blätterten die Finger schnell weiter und das Papier raschelte.
    In dem Moment, als Mira schon dachte, die schwarze Hexe hätte sie ganz vergessen, hob diese den Kopf und lächelte. »Ich sollte mich bei dir bedanken!«, sagte sie.
    Mira blickte sie überrascht an. Bedanken?
    Die Hexe lächelte immer noch. Doch es war nur ihr Mund,der sich verzog. Ihre Augen blieben kalt. »Hättest du von Anfang an für mich gearbeitet, du hättest es nicht besser machen können! Obwohl du es nicht wusstest, warst du die beste Dienerin von allen.«
    Hippolyt hörte auf zu husten und Albert erstarrte mitten in seiner Verbeugung.
    Die schwarze Hexe blickte Mira fast mitleidig an. »Du hast mir unendlich geholfen. Dank dir habe ich es geschafft, auch noch die letzten weißen Zauberer aufzuspüren. Wie gut, dass du mir verraten hast, wo sich deine Freunde in der Stadt befinden! Ich konnte nämlich jedes Gespräch in der Fernsichtkugel mit ansehen.«
    Der Blick der Hexe traf Mira wie ein Schlag in den Magen. Milena hatte recht gehabt mit ihrer Warnung. Niemals hätte sie mit Tante Lisbeth sprechen sollen. Nun war Pollys Versteck entdeckt! Sie dachte an die kleine Maus auf ihrer Hand, die sie so bewundernd angesehen hatte, und die aufgeregten Tiere um sich herum, die ihr alle vertraut hatten.
    Die Hexe musterte Mira, als wäre sie ein besonders interessantes Insekt, dessen Reaktionen sie unter einer

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