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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Die Frage ist, was der Zoforoth hier wollte.«
    Múrias Brust hob sich über einem tiefen Atemzug. »Horche in dich hinein, Twikus. Ich denke, du kennst die Antwort.«
    Der Traum der letzten Nacht kam ihm wieder in den Sinn. Er sagte nur ein einziges Wort. »Schmerz?«
    Grotebrecht hatte zuletzt einen immer verwirrteren Eindruck gemacht. Jetzt brach die Ratlosigkeit aus ihm heraus. »Der Chamäleone wandert durch die halbe Welt, um uns Schmerz zu bringen?«
    Múria sah ihn mit unbewegter Miene an. »Geben will er uns wohl nichts, sondern er dürfte gekommen sein, um zu nehmen. Ich hoffe für uns alle, es ist noch nicht zu spät.«
    In der Kerkerzelle herrschte gespannte Stille. Ergil lugte zwischen halb geschlossenen Augenlidern zu Falgon hinüber, der eine Öllampe in der Hand hielt, die einzige Lichtquelle in dem drei mal zwei Schritt großen Raum. Der Waffenmeister stand mit dem Rücken an der Wand, sein von Argwohn und Unbehagen erfüllter Blick lag auf dem König und seiner »Wegbereiterin«.
    Die zwei saßen auf Kaguans Schlafstatt, einer harten Pritsche, die eher an einen niedrigen langen Tisch denken ließ. Den modrigen Strohsack hatte Múria angewidert zu Boden gestoßen.
    »Lasst euch Zeit«, murmelte sie. Ihre schlanken Hände lagen in denen des Schülers.
    Ergil schloss rasch wieder die Augen und sagte: »Wir sind gleich so weit.«
    Was ist jetzt mit dir, Twikus?, drängte seine Gedankenstimme. Nisrah und ich sind der Meinung, du könntest endlich deinen Hintern bewegen.
    So ausgedrückt habe ich das nicht, protestierte der Netzling.
    Hätte ich gewusst, dass du gleich wieder den Sklaventreiber markierst, dann wäre ich am Ruder geblieben, beklagte sich Twi kus. Er hatte die Kontrolle über den gemeinsamen Körper mit Rücksicht auf die schwierige Verfolgung durch Raum und Zeit an seinen diesbezüglich talentierteren Bruder abgetreten.
    Ergil schloss wieder die Augen. Falgons verdrießliche Miene verschwand und alles wurde grün.
    Lass mich vorausgehen, dann kommen wir schneller voran, sagte sein Geist.
    Ich möchte den Tag erleben, an dem du nicht mit deinem größeren Geschick im Gebrauch der Alten Gabe angibst, nörgelte Twikus.
    »Etwas mehr Konzentration, wenn ich bitten darf!«, tadelte ihre Lehrerin.
    »Ja, Wegbereiterin Inimai«, sagte Ergil in nicht ganz echter Ergebenheit.
    Allmählich lösten sich die schemenhaften Umrisse seines Ziehvaters auf. Sie blieben in der Gegenwart zurück, wurden für die Könige ein Teil der Zukunft, während sie mit Unterstützung von Nisrah und Múria die Falten der Zeit durchstießen, bis in der Zelle vier andere Gestalten auftauchten und wieder verschwanden. Schließlich erschien wie aus dem Nichts ein Hüne.
    »Ich sehe Kaguan«, flüsterte Ergil. Er spürte, wie sich Múrias Hände in den seinen sacht bewegten.
    »Gut. Aber jetzt schweig. Versuche, dich so lange wie möglich an ihm festzuhalten. Wir müssen wissen, wo er sich jetzt aufhält.«
    Die Zwillinge richteten ihren Sirilimsinn auf den Zoforoth. Nach und nach wurden weitere Einzelheiten erkennbar. Die grünen Konturen füllten sich mit fahler Farbe.
    Kannst du unter der Kapuze etwas erkennen?, fragte Twikus seinen Bruder.
    Ebenso wenig wie du, erwiderte der.
    Bewegungslos stand der Chamäleone unter dem vergitterten Fenster. Silbernes Mondlicht fiel auf ihn herab. Anders als in der vergangenen Nacht über Sooderburg musste der Himmel hier klar gewesen sein. Ergil konnte sogar einzelne Wollfasern auf der Kutte des Zellenbewohners erkennen. Unwillkürlich musste er an eine Echse denken. Im Großen Alten hatte er den schuppigen Kriechtieren oft dabei zugesehen, wie sie völlig reglos an einem sonnigen Platz verharrten. Vielleicht bezog der Zoforoth seine Lebenskraft ja aus dem Licht der Nacht…
    Plötzlich ließ Kaguan seinen bodenlangen, weiten Mantel fallen und schleuderte ihn mit dem Fuß in Richtung Tür. Nun war er nackt. Und wieder so unbeweglich wie zuvor.
    Ergil bekam eine Gänsehaut. Er war schon allen möglichen Lebewesen begegnet, aber keinem wie diesem. Die Gemeinsamkeiten zwischen den Chamäleonen und Menschen oder Sirilim erschienen ihm angesichts der Unterschiede eher unbedeutend. Zwar stand der Zoforoth auf zwei auffallend langen Beinen und seine breiten Schultern gingen ebenfalls in Arme über, aber dicht darunter wuchsen ihm zwei weitere Gliedmaßen aus dem Leib, die kleiner und dünner als die oberen waren und in vierfingrigen Krallen endeten. Die Haupthände glichen schon eher denen

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