Mirad 02 - Der König im König
Lavamassen aus dem Vulkan hervorbrechen? Schekira gönnte sich keine Ruhe und flog unablässig hin und her, um nötigenfalls Alarm zu schlagen. Als die Sonne im Osten aufging, überbrachte sie im Gewand eines Falken die von allen befürchtete Nachricht.
»Die Ungeraden können jeden Moment durchbrechen.«
Ergil bedankte sich bei ihr, blickte in die Runde der Gefährten und sagte entschlossen: »Wir warten, bis sie möglichst weit zu uns heraufgekommen sind. Dann bringe ich uns über den Felsenwall. Das Beste wird sein, wir fliehen nach Bakus. In den Steppen haben wir die besten Chancen, den Verfolgern zu entkommen.«
»Das ist ein frommer Wunsch«, brummte Dormund. »Du erinnerst dich sicherlich, dass ihre Heere kürzlich noch vor den Mauern von Bolk standen.«
Der König seufzte. »Ja, ich weiß. Aber wenn du keinen besseren Vorschlag hast, dann lass es uns mit meinem Plan versuchen. Im Gebirge, wo die Waggs überall auftauchen können, sind wir in der Falle. Wenn sie hier eine Treibjagd auf uns veranstalten, wäre ich schon nach wenigen Sprüngen zu erschöpft, um uns zu schützen.«
Dormund schwieg.
»Falls wir kämpfen müssen, dann solltest du das hier nehmen«, sagte der Sirilo und reichte Ergil das grün strahlende Himmelsfeuer.
Der König war überrascht. »Du bist der ältere Nachkomme Jazzar-sirils«, widersprach er.
»Aber in der Thronfolge kommst du vor mir. Außerdem bin ich nicht würdig, Zijjajim zu tragen…«
»Dem wird hier niemand zustimmen, Jazzar-fajim. Was Magos dir mit seinem Bann angetan hat, war schlimmer als der Tod.«
»Dennoch ist das Verdienst von Twikus und dir größer«, widersprach der Sirilimfürst. »Er hat mit Zijjajim gegen Magos gekämpft und ihm Schmerz entrissen. Dadurch ist er geschwächt worden. Und du, Ergil, hast zur rechten Zeit begriffen, warum Tarin einst Magon besiegen konnte: Nicht das Schwert an sich bricht die Macht der dunklen Götter, sondern der schwarze Kristall, aus dem es geschmiedet wurde. Deshalb hast du deinem Bruder gesagt, er soll Magos die Ginkgonadel ins Herz stoßen.«
Ergil schüttelte den Kopf. »Es war wohl mehr Glück als Verstand im Spiel, als ich…«
Múria verdrehte die Augen und stöhnte. »Warum müssen Männer sich nur immer darin übertreffen, der Ehrenvollste und Edelmütigste ihres Geschlechts zu sein! Nimm jetzt endlich das Schwert an, Ergil. Nach dem Brauch des Alten Volkes bist du sein rechtmäßiger Erbe.«
Aus Rücksicht auf die instabile Seelenlage seiner Meisterin ließ sich Ergil die uralte Klinge Zijjajim reichen. Kaum hielt er es in der Hand, ertönte aus dem Tal der lang gezogene Laut eines Horns. Sein Blick wanderte zur Klamm.
»Sind die Waggs durchgebrochen?«
»Das werden wir gleich wissen«, antwortete Schekira und schoss davon.
Dormund murmelte: »Wenn es nicht unmöglich wäre, würde ich behaupten, den Klang dieses Horns zu kennen.«
Ergil merkte auf. »Sprich nicht in Rätseln. Wer außer den Ungeraden sollte hier zum Angriff blasen?«
»Kannst du dich wirklich nicht mehr daran erinnern, mein Lieber?«, sagte Múria.
Der König sah sie fragend an und plötzlich fiel es ihm wieder ein. Aus seiner Erinnerung stieg das Bild eines gewaltigen Waggheers auf. Es war vor die Mauern von Bolk gezogen. Nach der wundersamen Verjüngung ihres Heerführers Kawuzz hatte es die Flucht ergriffen. Darauf ertönten die gleichen Klänge, um Quondit Jimmar von Bolks Armee zur Verfolgung der Ungeraden aufzurufen.
»Herzog Qujibo?«, wunderte sich Ergil.
»Warum bist du darüber erstaunt? Hast du etwa meine Botenfalken vergessen, die ich aus Soodland in alle Welt geschickt habe?«
»Natürlich nicht. In den Nachrichten ging es aber um den Zoforoth. Es sollte verhindert werden, dass er den Kitora erreicht.«
»In meinen Briefen an die alten Weggefährten deines Vaters stand noch einiges mehr. Offenbar hat Qujibo daraus die richtigen Schlüsse gezogen. Letztlich werde Mirad von dem dunklen Gott in den eisigen Höhen des Kitoras bedroht, gab ich unseren Verbündeten zu bedenken. Selbst wenn uns Kaguan und das Schwert Schmerz in die Hände gefallen wären, hätte Magos sich ja nicht in Luft aufgelöst.«
»Dann wusstest du von Anfang an, dass unsere Reise hier enden würde?«, entfuhr es dem zunehmend überraschten König.
»Ich habe nur meine Schlüsse aus deinem Traum von der Leiter im fernen Süden gezogen.«
Ergils Erstaunen schlug in Sprachlosigkeit um. Ehe er die Fassung wiederfinden konnte, kehrte Schekira
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