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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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aber ich habe schon oft bereut, ihm das Vermächtnis unserer Ahnen anvertraut zu haben. Er war noch zu jung für diese Bürde. Ich wollte ihn damals ermutigen, stattdessen ist ihm das Vorrecht zu Kopf gestiegen. Sein Maul ist größer als sein Herz. Mit seiner Prahlerei wird er uns noch alle ins Verderben stürzen. Aber auf dich kann ich mich verlassen, Tiko.«
    »Du hast immer gesagt, ich sei nicht ernsthaft genug.«
    »Das stimmt. Du hast noch zu viel Schlacke im Kopf, doch in deinem Herzen sammelt sich reines Gold. Gumo scheint mir das seine eher mit rostigen Nägeln angefüllt zu haben. Du wirst zur gegebenen Zeit das Richtige tun. Davon bin ich fest überzeugt.«
    »Hast du mir das Geheimnis gerade jetzt anvertraut, weil die Nachrichten aus Soodland dich beunruhigen, Vater?«
    »Du weißt so gut wie ich, was auf der Sooderburg geschah, als der junge König seinen Oheim Wikander besiegte.«
    Tiko nickte. »Es hätte doch nichts Besseres geschehen können, oder?«
    »Vernünftiger wäre es gewesen, Torlunds Sohn hätte das unselige Ding ein für alle Mal zerstört. Jetzt liegt es auf dem Grund des Schollenmeers.«
    »Die See ist tief.«
    Der Schmied verzog das Gesicht. »Vielleicht nicht tief genug.«
    »Das ließe sich herausfinden. Wir könnten die Ginkgonadel befragen.«
    »Und ihr geheimes Versteck offenbaren?« Kubuku schüttelte den Kopf. »Das werden wir schön bleiben lassen.«
    »Warum?«
    »Weil wir mit ihr am Ende alles verlieren könnten.«

 
    4
     
    DIE SAGE VOM SCHWERT »SCHMERZ«
     
     
     
    Die trällernde Meerjungfrau war ein Gasthaus für bescheidene Ansprüche. Den Gedanken, einen König dort einzuquartieren, hätten die meisten für absurd gehalten. Twikus dagegen fand sogar Gefallen daran. Einerseits waren er und sein Bruder ja in einer Blockhütte im Großen Alten aufgewachsen und andererseits hatte er schon als kleiner Junge eine diebische Freude daran gehabt, andere an der Nase herumzuführen. Der Wirt Grindel schien für diese Zwecke geradezu wie geschaffen zu sein.
    Ebendieser achtsame Mann, dem man die Entdeckung des Zoforoths verdankte, ahnte nicht im Geringsten, wer die drei Reisenden waren, die ihn, von ihren Mützen und dicken Mänteln fast vollständig verhüllt, um zwei Zimmer für die Nacht baten. Popi, dessen Kraft man ob seiner Kleinwüchsigkeit leicht unterschätzte, wuchtete ganz allein das schwere Gepäck die Treppe hinauf in die Gemächer. Als das erledigt war, wurden die Türen verschlossen und eine Kerze angezündet. Niemand sollte von dem Ausflug erfahren, den die Könige von Soodland von hier aus zu unternehmen gedachten.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Popi. Sein Blick lag besorgt auf Twikus, der mit verschränkten Beinen auf dem Strohsack saß und sich zu konzentrieren versuchte.
    »Später«, zischte Múria. Sie hatte sich gleich daneben niedergelassen und hielt die Hand ihres Schülers.
    Der Zweck des Unternehmens bestand darin, mehr über Kaguans Absichten zu erfahren. Dem Verlauf der Falten von Zeit und Raum konnte man am einfachsten folgen, wenn man sich an den Ursprungsort eines Ereignisses begab und sich von dort vorantastete. Der Zoforoth war in der Trällernden Meerjungfrau abgestiegen. Möglicherweise hatte er hier Helfer getroffen, geheime Botschaften verfasst oder irgendetwas anderes getan, das zu wissen sich lohnte.
    Einmal mehr vereinten die Zwillinge ihren Geist, ließen sich von Nisrah und Múria stützen und begaben sich auf die Wanderschaft durchs grüne Reich der Vergangenheit. Die Kammer, in der Kaguan gewohnt hatte, war schnell gefunden. Twikus hatte aus den Erfahrungen seines Bruders gelernt und bewahrte ausreichend Abstand zu dem Chamäleonen, um von diesem nicht abermals entdeckt zu werden.
    Kaguan blieb so fremd und geheimnisvoll, wie er es schon bei der ersten Begegnung gewesen war. Tagsüber verließ er nie sein Zimmer. Ohne seinen Umhang stand er oft stundenlang unbeweglich vor dem Fenster oder lag wie ein Toter auf den nackten Dielen des Fußbodens. Vielleicht war das seine Art zu schlafen.
    Wenn die Nacht heraufzog, kam Leben in ihn. Dann vollführten die beweglichen Schuppen seines Körpers ein rätselhaftes Spiel, das darin zu bestehen schien, immer neue Muster aus Farben und Stellungen zu erschaffen. Besonders turbulent ging es auf dem Kopf zu. Hin und wieder bildeten sich darauf Gesichter, manchmal sogar mehrere zugleich, die in unterschiedliche Richtungen zu blicken schienen.
    Lange nach Mitternacht pflegte Kaguan das Gasthaus

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