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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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brauche Gewissheit darüber, was mit ihnen geschehen ist, egal ob sie noch leben oder, was wir beide hoffen, längst im Haus der Toten weilen.«

 
    10
     
    DIE PANDORIER
     
     
     
    Das Vogelgezwitscher hören konnte er. Den Duft des Waldes zu riechen vermochte er ebenfalls. Sogar die milde Brise, die zwischen den Bäumen hindurchstrich, spürte er auf dem Gesicht. Aber Ergil war nicht in der Lage, sich zu bewegen. Nicht einmal die Augenlider ließen sich heben.
    Er fühlte, wie sich eine warme Hand auf seine Stirn legte. Irgendwie wusste er, dass sie Inimai gehörte. Wie aus großer Ferne drang gleich darauf ihre Stimme an sein Ohr.
    »Seid ihr wach, Ergil und Twikus? – Fürchtet euch nicht, weil euer Körper sich eurem Willen widersetzt. Diese Schutzmaßnahme ist nötig, um euch vor dem Gift des Gapas zu retten. Ich kenne dessen Wirkung aus meiner Zeit bei den Sirilim. Es ist der Hauptbestandteil des unheilvollen Trunks, den euer Oheim Wikander euch als Kindern verabreicht hat. Ihr braucht jetzt Ruhe. Absolute Ruhe! Schon kleinste Bewegungen können euch erneut der Erinnerungen berauben, ein bisschen mehr kostet euch den Verstand. Deshalb musste ich euch eine Medizin einflößen, die euch zwei oder drei Tage lang in diesem unangenehmen Zustand verharren lässt. Aber glaubt mir bitte, es ist unumgänglich. Danach müsste euer Blut gereinigt sein.«
    Múria hielt für einen Moment inne, als suche sie auf dem Gesicht ihres Schutzbefohlenen nach irgendeiner Reaktion, aber Ergil konnte nicht einmal mit der Wimper zucken. Er hörte ein leises Seufzen. Dann: »Die äußerlichen Wunden sind übrigens weniger ernst. An der linken Schulter musste ich euch eine hübsche Naht machen. Euer rechtes Handgelenk bereitet mir noch ein wenig Sorgen. Es ist um die Bisswunde herum angeschwollen. Am besten ihr versucht zu schlafen, dann werdet ihr bald wieder gesund. Das verspreche ich euch.«
    »Seid Ihr sicher, dass der König Euch hören kann?«, vernahm Ergil die Stimme seines Knappen.
    »Ja, Popi. Nur auf seine Antworten müssen wir vorerst verzichten.«
    »Er sieht so tot aus.«
    »Wenn du ihm Mut machen willst, solltest du ihm etwas anderes erzählen, kleiner Mann.«
    Ergil spürte, wie seine Linke von zwei Händen gedrückt wurde. »Hoffentlich könnt ihr mich hören, Ergil und Twikus. Ich wollte euch sagen, wie Leid es mir tut. Die Angst hatte mich gelähmt, als die Gapas uns auf dem Schneehügel angriffen. Ich war wie erstarrt. Erst als das Biest über euch hergefallen ist, bin ich aufgewacht. Aber ich kam zu spät. Der Harpyienmann hatte euch schon gebissen. Ich bin nicht länger würdig, euer Schildknappe zu sein. Der Hasenfuß möchte, dass ihr ihn aus euren Diensten entlasst.«
    Was redest du da, Popi? Ohne dich wäre Soodland jetzt seiner Könige beraubt, rief Ergil. Keine Kontrolle über den eigenen Körper zu haben, war für ihn eine durchaus vertraute Situation – er musste diesen ja regelmäßig seinem Bruder überlassen –, aber selten hatte er die Handlungsunfähigkeit so sehr bedauert wie in diesem Moment. Mit einem Mal hörte er Múrias sanfte Stimme.
    »Wann hörst du endlich damit auf, dein Licht unter den Scheffel zu stellen, Popi? Du hast heute Ergil und Twikus das Leben gerettet.«
    »Ich habe sie tödlich verletzt.«
    »Red keinen Unsinn. Du kannst nicht dich für das verantwortlich machen, was der Gapa den Königen angetan hat. Nur du allein warst im entscheidenden Augenblick bei ihnen. Niemand hat dich den Hügel hinuntergetragen. Du bist aus freien Stücken hinabgestiegen, um gegen den Gapa zu kämpfen. Das ist die Wahrheit. Alle haben es gesehen. Ab jetzt will ich das Wort ›Hasenfuß‹ wirklich nie mehr aus deinem Munde hören. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?«
    »Ja, Herrin«, hörte Ergil die kleinlaute Stimme seines Knappen.
    Gleich darauf klang die Geschichtsschreiberin wieder sanft. »So gefällst du mir schon besser, kleiner Mann. Und jetzt bleib bei deinen Herren. Ich will mich um Dormund und Falgon kümmern. Sie haben auch ein paar Kratzer abbekommen.«
    »Mein Schwert und ich werden sie bis zum letzten Blutstropfen verteidigen, Herrin.«
    Ergil vernahm ein Schnauben, den Ausruf »Männer!« und dann die sich entfernenden Schritte seiner Meisterin.
    »Irgendwie kann man es der Dame Múria nie recht machen«, sagte Popi.
    Ach, hast du das auch schon bemerkt?, antwortete Ergil im Geiste, obwohl sein Retter ihn nicht hören konnte.
    »Die Herrin meinte, du hättest nach dem

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