Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
nicht eure Zeit? Ich habe das Gefühl, der Rat des Lichts tut sich schwer damit, der Empfehlung seines Vorsitzenden zuwiderzuhandeln.«
»Es spricht für deine Klugheit, wenn dir das aufgefallen ist.
Aber ich bin der Oheim deines Großvaters und er respektiert mich. Wenn ich wirklich scheitere, dann schlage ich mich allein nach Soodland durch, um für dich, dein Reich und die Freiheit aller Herzländer zu kämpfen.«
Ergil sah ein, dass Jazzar-fajims Vorschlag vernünftig war. Sie umarmten sich.
»Möge deine Hoffnung nie wanken, mein tapferer Neffe. Pass gut auf dich auf«, sagte der Sirilo.
»Und du auf dich, Oheim. Ich danke dir für alles.«
Jazzar-fajim sah Ergil fest in die Augen. »Du dankst mir?« Er lachte. »Ich bin dir zu großem Dank verpflichtet. Schließlich hast du mich von Magos’ Bann befreit. Und mir die Freude geschenkt, wieder in Inimais Nähe zu sein. Das allein wäre schon Grund genug, dich nicht im Stich zu lassen.«
Es bereitete Harkon Hakennase großes Vergnügen, vor den Gefährten sein Wissen auszubreiten. Dabei hatte man nie den Eindruck, der alte Zausel wolle damit prahlen. Oder sagen wir besser: selten. Er wirkte nur gelegentlich etwas zerstreut und neigte zu Wiederholungen, was aber bei Menschen seines Schlages völlig normal ist. Während die Mondwolke nach Südwesten flog, gab der Abenteuerforscher erschöpfend Auskunft über die Bewohner des – sehen wir einmal von Floranien ab – wohl seltsamsten Königreiches der Welt: das Land Xk.
Schon der Name, der für auf Hochmiradisch getrimmte Zungen kaum auszusprechen war, ließ erahnen, dass man sich von lieb gewonnenen Vorstellungen über das Zusammenleben intelligenter Geschöpfe verabschieden musste, wollte man die Xk und ihre Kultur auch nur annähernd begreifen. Die Sirilim und Elven nannten sie »Wurmlinge«, die Menschen dagegen sprachen meist nur despektierlich von den »Maden«. Derlei Umschreibungen waren im Grunde nur ein Ausdruck großer Hilflosigkeit. Niemand kannte das sehr zurückgezogen lebende Volk wirklich, niemand außer Harkon Hakennase.
Er habe, versicherte er mit großem Ernst, einige der erquicklichsten Monate seines gewiss nicht öden Lebens in Xk verbracht, die meiste Zeit davon in der Hauptstadt Xkisch. Sein Besuch stand im Zeichen des Kulturaustauschs. Damals hatte er noch darüber gestaunt, dass er nicht der erste Mensch gewesen war, der das Land der Wurmlinge bereiste. Vor sehr langer Zeit sei schon einmal eine Abordnung weiser Männer »vom Ende der Welt« gekommen, um von den Wurmlingen zu lernen, hatten ihm die Xk erzählt. Daher wüssten diese inzwischen wohl mehr über die Menschen als umgekehrt. Nicht im Traum hätte er gedacht, dass diese Forschungsreisenden jene Männer waren, die mit xkischem Wissen das Wasser von Silmao zusammenmischten.
Übrigens fanden seine Reiseberichte aus dem abgeschiedenen Reich im Südwesten des Herzlandes kaum Verbreitung. Nur wenige interessierten sich dafür. Zu fremd erschien wohl den meisten die Kultur der Xk.
Auch bei seinen Mitreisenden weckte das, was Harkon über die Bewohner des Landes zu berichten wusste, nur verhaltene Begeisterung. Vor allem Popi überraschte seine Freunde mit immer neuen Grimassen. Dagegen stand Tiko dem Ganzen sehr aufgeschlossen gegenüber (in Silmao galten fette Maden als Delikatesse).
Die larvenähnlichen Körper der Xk seien in ihrer ursprünglichen Gestalt blassgelb, halb durchsichtig, in zwanzig oder mehr Segmente unterteilt und übermannsgroß, erläuterte der kleinwüchsige Abenteurer. Aus ihren Leibern könnten sie, scheinbar willkürlich, Fortsätze unterschiedlicher Stärke und Länge ausstülpen, deren Enden gewöhnlich mit Saugnäpfen versehen waren.
Das Kopfsegment sei ein Kapitel für sich. Ungefähr doppelt so lang wie die anderen Körperringe, verfüge es reihum über vier große Augen und oben über eine weitere große Saugvorrichtung. Diese habe an den Rändern eine »Behaarung« aus dünnen beweglichen Tentakeln und zudem in der Mitte eine Sprech- und Fressöffnung. Zur Zerkleinerung von Nahrung dienten einerseits ein rings um das Maul herum angeordneter Kranz aus dreieckigen Zähnen sowie ein besonders ätzender Speichel, der auch schon einmal eingesetzt werde, um einen etwas festeren Leckerbissen vor der eigentlichen Einverleibung aufzulösen.
Erwähnenswert sei überdies die »Kleidung« der Xk, merkte Harkon dann noch an. Sie bestehe aus Schleim, den sie aus unzähligen Drüsen in schier
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