Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
Arbeit?« Ergil deutete auf seine Sfinx. Es war kurz nach Mitternacht und man konnte die Form der riesigen Figur bis hinauf zum Harkonhaupt bereits gut erkennen. Zwar leuchteten überall noch die Flammen der Feuerschalen hindurch, aber das erstaunliche Nachtschattengewächs hatte schon damit begonnen, das Flechtwerk mit einer glatten Außenhaut zu überziehen.
Uxxuls Hauptsaugnapf gab einen schnalzenden Laut von sich. »Als Schiedswurm Ihrer Majestät, der allerschillerndsten, überaus fruchtbaren Quaxxa, muss ich trotzdem auf die formgerechte Fertigstellung der Ersatzsfinx bestehen. Bitte betrachtet das nicht als Zeichen unseres Misstrauens. Ihr seid wahrhaft ein großer Meister und Euer Haupt könnte – so wie ich Eure bisherige Arbeit einschätze – eines Tages ein ebenso bedeutendes Standbild wie dieses hier zieren.«
»Ihr seid sehr freundlich, ehrenwerter Uxxul, aber das wäre zu viel der Ehre. Im Übrigen seid unbesorgt, ich verspreche Euch, dass weder ich noch einer meiner Gefährten das Gerüst besteigen wird, ehe Ihr Euer Urteil gefällt habt.«
Uxxul und Waxx wechselten einen Blick, was aufgrund ihrer ringsum verteilten Augen kaum erkennbar war. Große Teile der schleimigen Haut des Hauptwurms wechselten ins Gelbe.
»Also gut«, sagte Uxxul. »Ihr dürft fortfahren.«
Ergil bedankte sich. Seine drei Wandellinge hatten sich von der kurzen Unterhaltung ohnehin nicht aufhalten lassen. Schon bedeckte ihr Netz eine Grundfläche so groß wie ein vierrädriger Heuwagen und würde gleich damit beginnen, in die Höhe zu wachsen.
Während die Sfinx ihrer Vollendung entgegenspross, beriet er sich mit seinen Freunden über die Abreise. Harkon warnte davor, die Gastfreundschaft der Königin länger als unbedingt nötig in Anspruch zu nehmen. Die Wissbegier der Xk sei unerschöpflich. Sie würden sich alle möglichen Vorwände einfallen lassen, um den Aufenthalt der Besucher in die Länge zu ziehen. Ergil erklärte den kräftigeren seiner Gefährten – Popi, Tusan und Tiko –, wie er sich den Abtransport des Rohstoffes vorstellte und wie sie ihm dabei behilflich sein konnten. Dann kehrte auch schon Schekira zurück. Das Käuzchen landete auf Harkons Schulter, um ihm Bericht zu erstatten. Ergil fühlte sich von dem ungewohnten Verhalten seiner Freundin seltsam berührt, spürte aber keine brennende Eifersucht, wie er es erwartet hätte. Vielleicht brauchten die Zornissen ja länger, um sich von der Austrocknung zu erholen.
»Ich hätte Schleim auf Bein geschworen, dass so etwas unmöglich ist. Was für ein herzerweichender Anblick!«, schwärmte in diesem Augenblick Uxxul. Er stand mit Hauptwurm Waxx unter dem Haupt der neuen Sfinx. Die beiden Figuren glichen einander wie ein Ei dem anderen. Sogar die Färbung des roten Granits und des gelben Hauptes hatten die Wandellinge täuschend echt hinbekommen.
Auf dem Weg zu den zwei Wurmlingen bemerkte Ergil Unruhe am Rande des Platzes. Anscheinend war auch das Volk überwältigt von der neuen Sfinx. Die Postenkette hatte Mühe, die ungestümen Wurmlinge am Durchbrechen zu hindern.
»Dann seid Ihr also zufrieden, ehrenwerter Uxxul?«, fragte Ergil den Professor.
»Meine Erwartungen sind mehr als übertroffen worden. Wie habt Ihr diesen Duft hinbekommen, Hoheit?«
»Verzeihung. Ich verstehe nicht…«
»Euer Denkmal riecht gar vorzüglich nach allerfrischesten Sprossen.«
»Äh – es ist ja auch, wie Euch kaum entgangen sein dürfte, eben erst gewachsen.«
»Wird es auch dem Wechsel von Sonne, Wind und Regen standhalten?«
»Absolut. Ich besitze ein Schiff aus demselben Material. Es dürfte mittlerweile viertausend Jahre alt sein.«
»Oho! Nach unseren Maßstäben sind schon tausend eine Ewigkeit.«
»Dann ist unser Handel perfekt und das Wort Eurer Königin gilt?«
Der Professor verbog sich und erklärte feierlich: »So hat sie gesprochen, so soll es sein.«
»Nur um irgendwelchen Missverständnissen vorzubeugen, ehrenwerter Uxxul: Ich kann mein Gerüst also jetzt zum Einsatz bringen?«
»Gewiss. Ich vermag allerdings nicht zu verhehlen, wie es mich schmerzt, die alte Sfinx bald verstümmelt zu sehen. Allein Euch in ihrem Antlitz herumkratzen zu sehen, könnte ich nicht ertragen. Deshalb will ich, während Ihr auf die Plattform klettert, in den Palast eilen, um Ihrer Majestät Bericht zu erstatten. Hauptwurm Waxx steht Euch zu Diensten, falls Ihr Hilfe benötigt.«
Ergil verbeugte sich. »Ich komme schon zurecht. Aber trotzdem danke.«
Professor Uxxul
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