Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
Schwierigkeit dar, als sie etwa dreißig Fuß hoch in der Luft schwebte. Mit ihren unzähligen Tentakeln hielt sie sich an steinernen Halbringen fest, die rings um den Ruheplatz in den Boden eingelassen waren. Im Vergleich zu dem gigantischen illuminierten Lebewesen nahm sich die Riesennase der Sfinx winzig aus.
»Wenn ich mich nicht irre, schicken wir uns gerade an, die Qualle Ihrer Majestät zu entern«, freute sich Harkon. Sein Blick war – wie auch der aller anderen – steil nach oben gerichtet, wo sich ein geschlossenes Maul befand, das enorme Ähnlichkeit mit der Sprech- und Fressöffnung der Xk besaß, diese jedoch an Größe um ein Vielfaches übertraf.
Popi schüttelte sich. »Kann ich mir nicht vorstellen. Quaxxa verlässt doch nie ihre Bruthöhle.«
»Nenne mir ein gekröntes Haupt, das sich mit dem begnügt, was es zum Leben braucht«, sagte Tusan leidenschaftslos.
Ergil hätte dem gerne widersprochen. In Anbetracht des Umstandes, dass er ungefähr zehn Schlösser und Burgen besaß, in die er nie seinen Fuß gesetzt hatte, wechselte er jedoch das Thema. »Gibt es einen Grund für deine plötzliche gute Laune, Harkon?«
»Allerdings, mein lieber Freund. Aus langjähriger Erfahrung kann ich dir versichern, dass die gekrönten Häupter gewöhnlich die edelsten und schnellsten Tiere besitzen. Möglicherweise habe ich es ja noch nicht erwähnt, aber wir müssen uns auf eine längere Verfolgungsjagd einstellen, wenn wir uns entschließen diese Wolkenqualle zu stehlen.«
»Haben wir eine andere Wahl?«
»Nein.«
»Ich dachte mir schon, dass du so etwas sagen würdest.«
»Sieh es mal so: Mit der königlichen Rennqualle und dem lebensechten Modell meines Riechkolbens sind wir den Verfolgern immer eine Nasenlänge voraus.« Harkon kicherte.
»Sag mir lieber, wie wir in die fliegende Laterne hineinkommen.«
»Ich schlage vor, das fragst du am besten sie.«
Ergil seufzte. Auch mit dieser Antwort hatte er gerechnet. Er lief zu einer bläulich schimmernden Halteleine, sammelte sich und legte seine Rechte darauf.
Der Tentakel war weder schleimig noch kalt. Obwohl die Wolkenquallen an Meereslebewesen erinnerten – in manchem auch an die Xk –, waren sie als Geschöpfe der Luft offenbar eher der Wärme zugetan. Während Ergils Sinn den gigantischen Körper erkundete, bemerkte er sogar einige Ähnlichkeiten mit seinem letzten Luftschiff, der Mondwolke. Offenbar verwandelten auch die Flugquallen in ihrem kuppelartigen Leib die Luft in ein heißes Gemisch, das ihnen Auftrieb verschaffte. Aber das war nebensächlich. Ergil suchte nach einem Geist, mit dem er in Kontakt treten konnte…
»Ich höre Geräusche«, drängte sich Schekiras Stimme mitten in seine Konzentration.
»Mir gelingt es nicht, zum Bewusstsein der Qualle durchzudringen«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Da kann ich dir leider nicht helfen.«
Aber vielleicht ich, mein allerliebster Gespinstling, erbot sich eine Stimme, die mitten in Ergils Kopf erklang.
Er schnappte nach Luft. Der Einwurf des Netzlings hatte ihn kalt erwischt. Jetzt erzähl mir nicht, du würdest dich mit Quallen auskennen, Nisrah.
Würdest du mich nur ein wenig mehr beachten, dann wüsstest du, dass wir Weberknechte zu fast allen Lebewesen eine geistige Ebene finden, antwortete der Netzling verschnupft. Das macht uns ja gerade zu etwas so Besonderem. Toleranz liegt uns im Knoten. Oder hast du schon vergessen, wie ich mit Soldina, dem Meer der Zungen…?
Ist ja schon gut, unterbrach Ergil die Standpauke. Du brauchst nicht gleich wieder beleidigt zu sein. Ich bekenne mich schuldig. Wenn du etwas für uns tun kannst, dann bitte schnell! Die Wurmlinge sind schon im An – äh – rutsch.
Ergil spürte deutlich, wie sich von seinem Nacken ein Körperfaden des Netzlings durch den rechten Ärmel seiner Jacke schob, sah ihn am Handgelenk austreten und sich an den Tentakel der Qualle heften.
Mit einem energischen Bitte nicht stören! meldete sich Nisrahs Stimme ab.
Vom Palast her erklang mittlerweile ein Geräusch, als würden tausend Lakaien mit triefend feuchten Wischlappen die gepflasterten Parkwege schrubben. Fünf Augenpaare starrten Ergil so erwartungsvoll an, dass er sich am liebsten in heiße Luft aufgelöst und damit die Wolkenqualle zum Aufsteigen bewegt hätte. Er war sich selten so hilflos vorgekommen.
Die Palastwache näherte sich den Nasendieben in einer Zangenbewegung. Im vielfarbigen Schein des Flugwesens waren die vordersten
Weitere Kostenlose Bücher