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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Kämpfe nur tagsüber stattgefunden. Der alte Fuchs war wirklich schlau!
    Schließlich gab Borst das Zeichen.
    Torbas befahl seinen Männern in den inneren Ring zurückzukehren. Jetzt war er nur noch allein zwischen den beiden Mauern. Er ging, den Schild fest über sich haltend, zum äußeren Tor und öffnete alle bis auf einen Riegel. Den Blick starr auf dieses letzte Querholz gerichtet, zog er sich zurück, erst langsam, dann immer schneller.
    Er war noch ein gutes Stück vom inneren Tor entfernt, da krachte der eiserne Widderkopf am Ende des Rammbocks erneut gegen das Außentor und der Sperrbalken zersplitterte. Torbas drehte sich um. Höchste Zeit, sich in Sicherheit zu bringen. Er lief auf das offene Portal zu. Aber während er sich diesem näherte, geschah etwas Merkwürdiges. Jeder seiner Schritte schien das Tor ein Stückchen weiter zu schließen. Als er es endlich erreicht hatte, war es ganz zugefallen.
    Torbas hämmerte dagegen. »Was soll das? Habt ihr mich vergessen? Macht sofort auf!«
    »Das können wir nicht«, hallte dumpf eine Stimme von innen.
    Irgendwie kam sie dem Waffenmeister bekannt vor, aber vor lauter Wut und Verzweiflung und weil der Schlachtenlärm fast alles übertönte, konnte er sie keinem Besitzer zuordnen. Stattdessen rief er: »Was? Wieso denn nicht?«
    »Weil der Feind schon den zweiten Kreis betreten hat und keiner in die Burg gelassen werden darf.«
    Torbas blickte gehetzt zum äußeren Tor, das ungefähr sechzig Schritte weit entfernt und wie erwähnt seitlich in eine Bastion eingelassen war. Eine muntere Schar von Soldaten stürmte laut schreiend hindurch. Jeden Moment mussten sie ihn entdecken. Er trommelte mit den Fäusten gegen das Tor. »Was heißt hier Feind, ihr Hornochsen? Ich bin doch einer von euch! Lasst mich gefälligst rein!«
    »Nein«, antwortete es von innen. »König Borst hat Wert darauf gelegt, vor allem dich nicht hereinzulassen.«
    Ein kalter Schauer lief über Torbas’ Rücken. Jetzt erst wurde ihm der Sinn dieser Worte bewusst. Das Tor war nicht von ungefähr zu früh zugefallen. Borst hatte es so angeordnet. Ich bin für ihn der Feind!
    Mit einem Mal bekam vieles, was der König gesagt hatte, einen anderen Sinn. Wie er in der letzten Nacht im Karzer plötzlich so aufmerksam geworden war – alles nur Täuschung. Und wie er am Morgen ganz unschuldig gefragt hatte, ob sein Adjutant in der Burg noch jemanden eingeweiht habe? Nichts als ein geschicktes Verhör des alten Fuchses. Das Interesse am Thron des Großkönigs war nur vorgetäuscht, um ihn, Torbas, auszuhören und das ganze Ausmaß der Verschwörung zu ergründen. Und er war darauf hereingefallen.
    Ein zischendes Geräusch brachte Torbas in die Wirklichkeit zurück. Gleich darauf bohrte sich schnarrend neben seinem Kopf ein Pfeil ins Tor. Als hätte ihm das Geschoss einen Schleier vom Verstand gerissen, fiel ihm jäh der Name des Mannes auf der anderen Seite der eisenbeschlagenen Holztür ein.
    Wütend brüllte er: »Ihr seid ein Verräter, Herzog!«
    »Ich glaube, da bringt Ihr etwas durcheinander«, antwortete Qujibos voll tönende Stimme von drinnen.
    Zwei weitere Pfeile machten Torbas auf das Nahen der Eroberer aufmerksam. Er stemmte sich vom Tor weg und lief in den von Trümmern und Leichen übersäten Innenring zurück, weg von den Soldaten. Als er einigen Abstand zur Mauer gewonnen hatte, drehte er sich noch einmal um und blickte zum Nordwestturm hinauf.
    Ergils Reichsverweser war auf die Mauerzinne herausgetreten und sah mit versteinerter Miene zu ihm hinab.
    Torbas zog mit feierlicher Bedächtigkeit sein Langschwert aus der Scheide und streckte es dem König von Pandorien entgegen. Borst erwiderte die Geste.
    Sodann stürmte der Waffenmeister den Soldaten Entrins, Godebars und Hjalgords entgegen, angetrieben von einem Zorn, der nicht sein eigener war. Er forderte von seinen Gegnern einen hohen Blutzoll, ehe er sie aufs innere Tor vorrücken ließ.
    Als Waltran in Begleitung einer zwölfköpfigen, von seinem alten Weggefährten Brist angeführten Eskorte zu Pferd die schwelenden Überreste der Palisade erreichte, war es bereits dunkel. Fast zweihundert seiner Männer hatten im Kampf gegen einen einzigen Verteidiger ihr Leben gelassen. Die Neugierde des Generals war geweckt. Ein wenig abseits von seinen Leibwächtern zeigte ihm ein Soldat das Haupt des tapferen Recken. Es baumelte an zwei Zöpfen. Ein Pandorier! Ein Landsmann! Waltran erlitt einen Schock, drückte sich sein parfümiertes

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