Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
Tor durchquerte und zwischen die beiden mächtigen Steinwälle trat, schlug ihm der Lärm wie eine donnernde Woge entgegen. Der vielleicht fünfzig Schritt breite Streifen, der die beiden Ringe trennte, war voll gestopft mit Kriegern.
    Viel zu voll, dachte Waltran. Sicher, auf den Gegner mochte es ziemlich imposant wirken, wenn hunderte von Soldaten gegen seine Bollwerke anrannten, aber eigentlich behinderten sich die Männer nur gegenseitig. Immerhin war der Widerstand noch nicht gänzlich erlahmt. Die Angreifer auf den Sturmleitern wussten die Verteidiger noch recht wirksam abzuwehren.
    »Nicht zu nah, Herr General, sonst kommen wir in die Reichweite ihrer Siedepfannen!«, warnte Brist. Der Hauptmann spielte auf die Sturzbäche kochenden Öls an, die auf seine Kameraden herniederfielen.
    Waltran winkte einen anderen Hauptmann heran und befahl, die Zahl der Soldaten in dem Zwischenraum um die Hälfte zu reduzieren, die Sturmleitern fürs Erste wegzulassen und dafür mehr Brandpfeile abzuschießen. Der Mann eilte fort, um die Anweisung unter seine Kameraden zu verbreiten.
    In diesem Moment rief einer der Leibwächter: »Das ist eine Falle…« Weiter kam er nicht, ein Pfeil steckte ihm in der Brust. Waltran wunderte sich, weil das Geschoss weder den erhobenen Schild noch den Panzer des Mannes durchschlagen hatte. Es schien aus dem Nichts gekommen zu sein.
    Unvermittelt regnete es rings um sie herum Pfeile. Das Geschrei der Soldaten, das zuvor hauptsächlich ein Ausdruck ihrer Angriffslust war, schlug jäh in panisches Angstgebrüll um.
    Waltran drehte sich um, spähte durch den Ring seiner Leibwächter hindurch nach oben und erschauderte. Auf der äußeren Mauerzinne, die eben noch verlassen gewesen war, standen Seite an Seite dunkle Gestalten.
    »Die Sirilim!«, hauchte er.
    »Wir sollten schnellstens hier verschwinden, Herr General«, drängte Brist.
    Aber Waltran starrte nur wie versteinert zur Hexenarmee nach oben, die, so viel hatte man ihm gesagt, kein Licht brauchte, um ihre Ziele zu treffen. Er wurde das Gefühl nicht los, einer der Schützen blicke ihm direkt in die Augen. Als von irgendwo ein Lichtschimmer den Mann auf der Zinne streifte, sah der Herzog dessen pechschwarzes Haar und wunderte sich ein letztes Mal, weil er immer gedacht hatte, alle Sirilim seien blond.
    Dann ließ der Schemen seine Bogensehne los, und als habe der Pfeil die Luft überhaupt nicht durchquert, durchbohrte er im selben Moment General Waltrans Herz.

 
    30
     
    DAS HIMMELSPHÄNOMEN
     
     
     
    Auf der Spitze des Knochenturms spürte man früher als anderswo, dass die milde Witterung der vergangenen Wochen ausklang. Die Rückkehr der Sirilim hatte zwar die unnatürliche Kälte, die in Magos’ Fluch begründet lag, für kurze Zeit eingedämmt, sie aber auf Dauer nicht besiegen können. Múria lehnte an Jazzar-fajims Brust, während sie nach Osten blickten, wo der Horizont sich blutrot zu verfärben begann.
    Das Schlachten hatte fast die ganze Nacht hindurch angedauert. Borst mochte dieses Wort nicht, er sprach lieber vom »Kampf ohne Gefangene«. Nicht ganz zu Unrecht verwies er darauf, dass man sich in einer belagerten Festung mit sehr beschränkten Vorräten keine Arrestanten leisten könne und zudem jeder fliehende Soldat im Handumdrehen wieder zum angreifenden Soldaten würde, aber diese Feldherrenlogik erschloss sich Múria nur zum Teil. Am Ende hatten jedenfalls mehr als tausend tote Soldaten der Achse zwischen den beiden Wällen in ihrem Blut gelegen, was die Heilerin doch sehr an ein großes Schlachten erinnerte. Und sprachen nicht selbst die stolzen Heerführer bei jedem Waffengang, der größer als ein Scharmützel war, von einer Schlacht?
    Es hatte Múria auch überhaupt nicht getröstet, von einem General zu hören, der Lohentuvims Schießkunst zum Opfer gefallen war. Als sie sich später den Toten ansah, erkannte sie ihn sofort wieder. Es war Waltran, dieser pandorische Graf, der ihr und ihren Gefährten während der Verfolgung Kaguans einige Umstände bereitet hatte, bis das Possenspiel dann von Tantabor beendet worden war. Bei Waltrans Leiche lagen sein Hauptmann – Brist, soweit sie sich noch an seinen Namen erinnerte – und einige andere viel zu junge Gesichter, die ihr bekannt vorkamen.
    Eine heftige Bö blähte ihren Mantel und weckte Jazzar-fajims Beschützerinstinkt. Sie fühlte ihren Rücken von starken Armen noch fester gegen seine Brust gedrückt. Er schmiegte seine Wange an die ihre, sein Kinn lag auf

Weitere Kostenlose Bücher