Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
warum die Alte Gabe ihm den Schein der Flammen in gleißendem Orangerot gezeigt und er die Übelkeit empfunden hatte. Die Ursache all dieser Wahrnehmungen… nein, Warnzeichen war nicht Nisrahs Abwesenheit gewesen, sondern die Anwesenheit der schwarzen Kristallklinge. Kaguan hatte das Schwert mit dem einfachsten Trick der Welt getarnt, hatte Feuer in Feuer versteckt.
Der Chamäleone benutzte zwei Hände, um die beiden Hälften der Waffe aufzuheben. Die andere Klaue hielt weiter drohend das Kristallfläschchen hoch. »Wunderst du dich nicht, wie ich die Bruchstücke von Schmerz anfassen kann, obwohl sie doch eben noch im Feuer gelegen haben?«
Ergil drehte sich zu Múria um. Sie lag immer noch mit verdrehtem Körper am Boden, von ihren Augen war nur das Weiße zu sehen. Atmete sie noch?
»Ich will es dir sagen«, versprach der Zoforoth, weil die Reaktion des Königs ausblieb. »Der Kristall kann mit keinem normalen Feuer geschmiedet werden. Er wird nicht einmal richtig heiß, wenn er darin liegt. Der Vater deines jungen Freundes hat mir gezeigt, dass nur das ›Kalte Feuer‹ die Bruchstücke wieder zusammenfügen kann.«
»Dann tu’s doch!«, stieß Ergil zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Kaguans Schuppen rasselten vom Scheitel bis zur Sohle. »Ich habe nicht behauptet, mir wäre das geheime Rezept in allen Einzelheiten bekannt. Zumal dieses Schwert auf dem Kitora doch so auffällig leicht zerbrochen ist, findest du nicht? Tiko Bartarin wird mich lehren, es diesmal richtig zu machen.«
»Das bezweifle ich«, knurrte Ergil.
»Sollte er sich weigern, wird deine Mutter nie wieder ins Hier und Jetzt zurückkehren. Sie wird in der Zwischenwelt sterben. Einsam. Und langsam.«
Ergil schloss die Augen. Er ahnte, dass Kaguan die Zornissen beschwor, die sich in ihm verkapselt hatten. Brächen sie erneut hervor, wäre er dem Zoforoth wehrlos ausgeliefert.
»Was tust du da?«, fragte Kaguan gereizt.
»Ich bewahre die Ruhe.«
Der Chamäleone lachte leise. »Du hast viel gelernt, seit wir uns das letzte Mal begegnet sind. Also schön, Sohn der zwei Völker. Schaffe Múria ins Schlafzimmer. Dann rufst du deinen Knappen. Er soll den jungen Bartarin holen. Aber kein falsches Wort! Ich kann die Phiole jederzeit in meiner Faust zerdrücken.«
Ergil war froh, sich endlich um die Verletzte kümmern zu können. Eine kurze Untersuchung ließ ihn aufatmen. Der Schlag hatte seiner Meisterin nur die Besinnung geraubt, nicht das Leben. Behutsam hob er sie vom Boden auf und wunderte sich, wie leicht sie war. Sanft legte er sie auf sein großes Bett, strich ihr eine blonde Strähne aus dem Gesicht, küsste ihre Stirn und wisperte: »Ich komme bald wieder.«
»Beeil dich!«, verlangte der Zoforoth mit kalter Stimme.
Ergil kehrte in das Kaminzimmer zurück und rief nach Popi.
»Kein falsches Wort«, wiederholte Kaguan und seine Gestalt nahm die Musterung eines Wandteppichs an.
Der Ratgeber-Kammerdiener-Adjutant des Königs betrat den Raum und sah sich verwundert um. »Wo ist…?«
»Múria«, unterbrach ihn Ergil, wobei er den Namen betont in die Länge zog, »hat sich hingelegt. Die letzten Stunden waren anstrengender für sie, als sie sich selbst eingestehen wollte. Solange Múria schläft, möchte ich einige Dinge mit Tiko besprechen. Könntest du ihn bitte für mich rufen?«
Ergil bemerkte einen unschlüssigen Ausdruck im Gesicht seines Freundes, so als wolle er noch etwas fragen, und drängte: »Es eilt, Popi. Aber sag Tiko bitte, er möchte leise sein, damit er Múria nicht weckt.«
Der Ritter drehte sich um und verließ den Raum.
»Du machst das sehr gut«, lobte Kaguan.
Wenig später öffnete sich die Tür. Tiko kam herein. Er wirkte besorgt. Von Popi war auf dem Flur nichts zu sehen. Ergil atmete auf. Dem jungen Ritter schien also aufgefallen zu sein, dass sein Herr nicht ohne Grund wiederholt von »Múria« gesprochen hatte, obwohl er sie sonst immer »Inimai« nannte.
»Was ist?«, fragte der Schmied. Für Ergil hörte es sich an wie:
»Popi hat mir gesagt, dass etwas passiert ist, weiß aber nicht, was. Erklär du es mir.« Also versuchte er es.
»Es tut mir unendlich Leid, Tiko, aber…« Weiter kam er nicht, weil neben dem Susaner der Zoforoth erschien und das Reden übernahm.
»… unpassenderweise hat Kaguan meine Pläne über den Haufen geworfen. Er will unbedingt ein Schwert schmieden.«
Der junge Bartarin starrte Ergil fassungslos an.
»Er hat gedroht, das Lebenselixier zu vernichten«,
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