Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
blicken.
So zogen sich die Stunden endlos dahin und Ergil wurde immer verzweifelter. Jetzt war er kreuz und quer durch das Herzland gereist, hatte das Geheimnis des Wassers von Silmao gelüftet und es wieder neu hergestellt, nur um hier in einem Loch tatenlos zuzusehen, wie all die Anstrengungen zunichte gemacht wurden. Wenn er das Schmieden der Kristallklinge verhinderte, dann würde Kaguan das Lebenselixier vernichten und Magos’ Fluch konnte sich gänzlich entfalten. Ließ er den Zoforoth hingegen sein Werk vollenden, um die Phiole zu retten, dann würde sich der dunkle Gott durch das Schwert Schmerz erneut in den Faltenwurf Mirads einweben können. Ergils Zwickmühle hätte nicht größer sein können.
Die Herstellung des Kalten Feuers war eine langwierige Prozedur. Tiko beschrieb dieses als ein dunkles, wolkenartiges Gebilde, das den schwarzen Kristall geschmeidig machen würde, sodass man ihn wie Waffenstahl schmieden konnte. Anfangs sah Ergil aber nur ganz normale glühende Kohlen. Kaguan musste unter Zuführung von Hitze in etlichen Tiegeln Substanzen mischen. Offenbar war die Einhaltung einer präzisen zeitlichen Abfolge jedes einzelnen Arbeitsschrittes sehr wichtig. Auch auf das richtige Mischungsverhältnis der Zutaten achtete Tiko peinlich genau. Während im Fortgang des Verfahrens die verschiedenen Stoffe zueinander fanden, nahm die Anzahl der Tiegel ab und ihre Größe zu.
Bald wurde es in der Schmiede unerträglich stickig. Dem Zoforoth schien das nichts auszumachen. Er nahm – zumindest erkennbar – keine Nahrung zu sich. Ergil und Twikus dagegen verlangten ab und zu eine Unterbrechung der Arbeit. Sie tranken Unmengen von Wasser. Zwischendurch stärkten sie sich auch mit Zwieback und Käse, die mit auf Tikos Liste gestanden hatten. Als sie einige Stunden Schlaf forderten, wurde Kaguan sehr ungehalten. Doch der junge Schmied machte ihm klar, dass der kleinste Fehler das Schwert zerstören konnte. Schließlich gab der Chamäleone nach. Er kauerte sich wie eine Statue vor den Ausgang und sagte: »Drei Stunden.«
Während der Ruhepause, die Ergil auf Decken in einem Winkel der Schmiede verbrachte, bekam er tatsächlich Besuch. Eine graue Maus kletterte über ihn hinweg. Schon um Kaguan nicht zu reizen, verhielt er sich völlig still. Das kleine Tier arbeitete sich bis zu seinem Ohr vor und es überraschte ihn nicht allzu sehr, als es zu flüstern begann.
»Ich bin’s, Kira. Wenn du wach bist, beweg dich.«
Ergil rümpfte einmal die Nase, als würde sie kitzeln.
»Gut. Jetzt hör mir zu. Múria geht es gut. Sie hat nur furchtbare Kopfschmerzen. Die Schlacht tobt unvermindert weiter. Borst meint, morgen, spätestens übermorgen, fällt der zweite Verteidigungsring. Und jetzt zu euch: Kaguan kommt hier nicht lebend raus. Jazzar-fajim hat drei seiner Brüder abgestellt, die nur darauf warten, ihn zu Gesicht zu bekommen. Dann können sie ihn auch ohne die Alte Gabe töten…« Schekira verstummte, weil Ergil ganz hektisch mit der Nase wackelte.
»Willst du mir erklären, dass er das Lebenselixier hat?«
Er antwortete mit einmaligem Rümpfen.
»Das wissen wir. Múria hatte es gerade noch mitbekommen, weil du zusammengezuckt bist, als der Zoforoth dir die Phiole entrissen hat. Sie will es dir überlassen zu entscheiden. Wenn wir den Zoforoth bei der ersten sich bietenden Gelegenheit angreifen sollen, dann wackel einmal mit der Nase. Andernfalls, wenn wir warten sollen, bis du wieder im Besitz des Wassers von Silmao bist, rümpfe sie zweimal.«
Ergil tat Letzteres.
»Hab der großen Schwester schon gesagt, dass du so entscheiden wirst. Also gut. Der Zoforoth ist mir ein wenig zu schnell, um mich an ihm vorbeizustehlen. Ich warte, bis der Ausgang frei ist, ehe ich hinausschlüpfe. Passt auf euch auf, ihr zwei. Und vergesst nicht: Wir sind bei euch, auch wenn ihr uns nicht seht.«
Um sich zu bedanken, seufzte Ergil wie ein Träumender. Die kleine graue Maus krabbelte wieder über seine Decke und verschwand.
Mit viel Arbeit und wenig Schlaf verbrachten die Freunde und ihr Peiniger eine Nacht, einen ganzen Tag und auch noch die nächste Nacht in der Hitze der Schmiede. Ab und zu, wenn Tiko einmal der Geduldsfaden zu reißen drohte, drückte der Zoforoth dem König ein Stück des Kristallschwerts in den Leib, das genügte in der Regel, um den jungen Schmied wieder gefügig zu machen. Wenn er sich allzu widerspenstig zeigte, hob Kaguan eine seiner drei Fäuste und drohte damit, die Phiole zu
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