Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
Steinboden. Ergil traute seinen Augen nicht, als eine der Parierstangen – jener Handschutz über dem Griff, der dem Schwert das Aussehen eines Kreuzes verlieh – in tausend Splitter zerbarst.
Irgendetwas stimmte mit Kaguan nicht. Er mochte ja überrascht und abgelenkt sein, aber warum reagierte er nicht auf diesen sonderbaren Umstand? Oder tat er etwa genau das? Er hockte wie eine riesige schwarze Gottesanbeterin über seinem Opfer und sagte mit auffallend zitternder Stimme: »Niemand enttäuscht mich ungestraft.« Dann holte er blitzschnell mit seinen Hauptarmen aus und schlug Gondo sämtliche zwölf Klauen in den Hals.
»… meine Belohnung…«, seufzte der Zwergling noch einmal. Hierauf wurde sein Blick glasig und der Kopf sank schlaff zur Seite.
Unterdessen hatte Ergil den Schreck überwunden und machte sich nun seinerseits daran, den Kampf mit dem Zoforoth aufzunehmen. Im Vorwärtsstürmen hatte er die lange Schmiedezange aus dem Kohlenbecken gezogen und holte damit zum Schlag aus. Dabei bemerkte er rechts von sich eine Bewegung.
Es war Tiko. Er hatte sich schneller wieder in der Gewalt gehabt und in der Deckung der eisernen Kohlenkiste an die beiden Kämpfenden herangepirscht. Jetzt hechtete er vor und rollte sich seitlich hinter dem Zoforoth am Boden ab. In dieser Bewegung klaubte er das Schwert Schmerz auf und während er sich mit dem Schwung dieser Bewegung – jetzt versetzt vor Kaguan – wieder erhob, holte er mit dem Schwert aus.
Ergil traute seinen Augen nicht, als die unversehrte Nebenhand des Zoforoths hinter dessen Körper erschien. Ein glitzernder Gegenstand löste sich aus der Krallenhand. Die Phiole mit dem Lebenselixier! Der König stemmte die Beine gegen den Schwung an, um sich irgendwie in die Flugbahn des Kristallgefäßes zu werfen. Während seine Stiefelsohlen über den Felsboden schlitterten, haftete sein Blick an dem sich entfernenden funkelnden Fläschchen. Als es in die wabernde Schwärze unter der Esse fiel, kam es ihm so vor, als sei er selbst ins Kalte Feuer getaucht.
Mit einem noch nicht erstarrten Rest seines Bewusstseins nahm er hinter sich ein glitschendes Geräusch wahr und gleich darauf einen dumpfen Schlag. Dann hörte er Tikos Stimme.
»Du hättest dich nicht mit den Bartarin anlegen sollen, Kaguan.«
Ergil meinte, sein Körper sei zu Eis erstarrt. Alles ist umsonst gewesen, dachte er. Irgendwie schaffte er es aber doch, sich umzudrehen.
Tiko stand mit der schwarzen Klinge über dem reglosen Zoforoth. Dessen schuppiger Leib sah seltsam stumpf aus, als bestehe er aus dunkler Asche. Unter ihm ragten noch die kurzen Beine des Zwerglings hervor. Ein Stückchen weiter links lag Kaguans Kopf.
»Er hat meinen Vater ermordet«, sagte Tiko mit bebender Stimme. Seine Augen glänzten von Tränen, die sich nicht länger zurückhalten ließen.
Ergils Blick löste sich vom Gesicht des aufgewühlten Freundes und heftete sich an das schwarze Schwert. »Wir müssen es zerstören, Tiko.«
Jetzt sah auch der Schmied hinab. Er hob die Klinge nur ein Stück, als sei sie mit einem Mal schwerer geworden. »Meinst du? Kaguan ist tot. Magos vertrieben. Vielleicht sollten wir es behalten?«
»Tiko! Merkst du nicht, dass dieses verfluchte Ding schon damit beginnt, dich zu umgarnen? Niemand kann das Böse beherrschen und daraus etwas Gutes machen. Mein Oheim Wikander ist den Verführungen dieser Klinge erlegen und den toten Zwergling da scheint es auch in den Wahnsinn getrieben zu haben. Wie können wir Schmerz vernichten?«
Der junge Schmied blinzelte, als sei er gerade erst erwacht.
»Du hast Recht. Das Schwert ist trügerisch. Werfen wir es in das Kalte Feuer.«
»Genügt das, um es zu zerstören?«
Ein diebisches Grinsen stahl sich auf Tikos Gesicht. Er stemmte das Schwert auf Augenhöhe hoch, deutete auf die abgebrochene Parierstange und antwortete: »Sieh selbst. Der Kristall ist enorm spröde geworden. Wenn Kaguan die Klinge auf den Amboss geschmettert hätte, wäre sie in Myriaden und Abermyriaden von Splittern zerborsten.«
»Wie das?«
»Zum einen habe ich ihn zur Eile angespornt. Jeder gute Waffenschmied weiß, dass man einen Stahl lange mit dem Hammer bearbeiten muss, damit er die richtigen Eigenschaften annimmt. Wichtiger ist jedoch, dass ich die überlieferte Rezeptur abgewandelt habe. Wäre das Schwert aus Eis, könnte es auch nicht zerbrechlicher sein. Weil die Klinge so enorm scharf ist, konnte ich Kaguan trotzdem damit töten (ich hatte ihm eigentlich die Spitze
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