Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
weshalb man den König und seinen susanischen Begleiter trotzdem schon von weitem als Fremde ausmachte. Popi war ein Sonderfall. Er schmückte sich mit dem Pelz ebenjenes Schneekrokodils, das Twikus einst erlegt und Tantabors Gerber zugerichtet hatte. Wie von dem Rebellen versprochen, war die kostbare Trophäe mit einer Karawane nach Soodland geschickt und dort in einen Mantel umgearbeitet worden. Nun pflegten sich bestenfalls Könige und Fürsten in solche weißen Felle zu hüllen, weshalb es Popi tatsächlich schaffte, die meiste Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
    »Warum glotzen die mich alle so an?«, grummelte der kleine Ritter vor sich hin, während sich das Dreiergespann einen Weg durch die Menge bahnte.
    Ergil erklärte es ihm.
    Sein Ratgeber-Kammerdiener-Adjutant zog darauf ein schiefes Gesicht. »Ich hätte die Haut des gefräßigen Räubers wohl besser zu Hause lassen sollen.«
    »Und was soll ich machen? Mir einen Sack über den Kopf ziehen?«, fragte Tiko. Mit seinen Mandelaugen war er tatsächlich ebenso ein Exot wie Popi in seinem weißen Schneekrokodilmantel.
    »Es sieht sowieso jeder, dass wir Fremde sind«, sagte Ergil schicksalsergeben. »Gehen wir was trinken. Ich komme um vor Durst.«
    »Du hättest den Trockenfisch, den du bei dem fliegenden Händler am Kai gekauft hast, nicht so gierig hinunterschlingen sollen«, erklärte Tiko und deutete über die Köpfe der Menschen hinweg. »Da drüben hängt ein Schild. Scheint ein Gasthaus zu sein.«
    Es war eine Spelunke der übelsten Art. Schon der Name hätte Ergils Misstrauen wecken sollen: Zum durstigen Hering. Was konnte man da schon erwarten?
    Lärm und Gestank. Diese zwei Sinneseindrücke überfielen die Gefährten mit Urgewalt, als sie die Tür zum Hering öffneten. Das Loch – anders konnte man es nicht nennen – war brechend voll und dem Stimmengewirr nach zu urteilen fand irgendwo hinter den dicht gedrängten Leibern ein Spiel statt, das die Gäste johlend, brüllend und pfeifend begleiteten. Oder eine Schlägerei. Der Boden war knöcheltief mit Sägespänen bestreut, die Ergil an klumpige Mehlsuppe erinnerten und ein modriges Aroma verbreiteten. Selbiges vermischte sich mit dem Geruch schalen Biers, ungewaschener Körper und ranzigen Fetts zu einer herben Duftnote, die wohl nur Abdecker und Gerber ohne ernsthafte gesundheitliche Schäden über längere Zeit ertragen konnten.
    »Buh! Bloß raus hier«, brüllte Popi schon an der Tür.
    »Nur auf einen Trunk! Bis zur nächsten Schenke bin ich ausgetrocknet«, bettelte Ergil.
    Weil man einem König nicht widerspricht, gaben seine Freunde schweren Herzens nach. An der Wand entlang, wo die Gäste weniger dicht standen, drängelten sie sich bis zu einer Theke, die lediglich ein Brett war, das auf zwei großen Fässern ruhte. Als der Gast im Raulederkostüm den stoppelbärtigen Wirt nach Wasser fragte, bekam der Mann einen Lachanfall. Also bestellte Ergil Bier.
    Nach erstaunlich kurzer Zeit wurden drei überschwappende Holzkrüge auf den Schanktisch abgeladen. Zur Verwunderung der Freunde nahmen sie den Gestank kaum noch wahr. Der Lärm blieb zwar unangenehm, wechselte aber in der Lautstärke, wodurch ihren gepeinigten Gehörgängen immer wieder kurze Phasen der Erholung vergönnt waren. Auf Anfrage, was denn der Grund für den Trubel sei, erntete Ergil vom Wirt zunächst einen unverständlichen Blick, dann die Auskunft: »Kampfiltisse.«
    »Kampfil-Tisse?«, wiederholte Ergil. Tisse, egal welcher Sorte, waren ihm völlig fremd.
    »Kampfiltisse«, krähte der Wirt. »Kimorisches Nationalheiligtum«, fügte er noch hinzu und trat die Flucht an, weil ihm die ahnungslosen Fremden vermutlich gehörig auf die Nerven gingen und zudem mindestens zwei Dutzend trockene Kehlen lautstark nach Befeuchtung schrien.
    Während Ergil und seine Gefährten ihren Gerstensaft tranken, beobachteten sie die anderen Gäste. Ab und zu konnten sie auch einen Blick auf die »Arena« in der Mitte des Schankraumes erhaschen. Dort hatte die johlende Menge einen Kreis gebildet, in dem sich zwei Iltisse aufs Blut bekämpften. Sie trugen Halsbänder, an denen Lederriemen befestigt waren, deren Enden in den Händen ihrer Besitzer lagen. Für einen kurzen Moment öffnete sich eine größere Lücke in der Menge und Ergil sah einen schwarzbraunen Ratz über seinem schneeweißen Widersacher. Das Fell des Unterlegenen war an mehreren Stellen blutrot gefärbt. Angewidert wandte sich Ergil von dem grausamen Schauspiel ab.
    Dabei

Weitere Kostenlose Bücher