Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
Steven geteilte Meer.
Manches im Leben scheint sich endlos zu wiederholen, dachte er. Zum dritten Mal scharte sich eine »Gemeinschaft des Lichts« um ihn und beinahe alle – Schekira, Tusan, Nisrah, Bombo, Popi und Tiko – hatten ihm auch früher schon treu zur Seite gestanden. Nur der Oheim seines Großvaters, der Sirilo Jazzar-fajim, war neu hinzugekommen.
Andere fehlten diesmal im Kreis von Ergils Gefährten und er vermisste sie schmerzlich: sein Ziehvater Falgon und der tapfere Dormund. Letzterer würde in den nächsten Tagen selbst ein Schiff besteigen und nach Silmao aufbrechen. Oramas III. kannte und schätzte den berühmten Waffenschmied und würde ihn als Emissär des soodländischen Königs empfangen. Vielleicht existierte ja doch noch irgendwo in Susan ein kleiner Rest des Lebenselixiers. Wenn dem so war, würde Dormund den Mazar um dieses Wasser von Silmao bitten. Oramas war klug. Er würde die Gründe für dieses kühne Ansuchen verstehen und es unterstützen. Wenn die Mission des Schmiedes erfolgreich verlief, konnten Múrias Botenfalken den König überall finden und ihn umgehend nach Soodland zurückrufen.
Dormund hatte Ergil gefragt, ob er Tiko zum Abschied ein besonderes Geschenk machen dürfe.
»Ich habe es dir zurückgegeben, weil du sein Schöpfer bist. Du kannst frei darüber verfügen«, antwortete der junge König.
»Irgendwie gehört es aber auch dir. Falgon war wie ein Vater für dich.«
»Das stimmt. Trotzdem finde ich, du hast eine weise Entscheidung getroffen. Wenn du es unserem Freund anvertraust, zeigst du ihm damit, wie wertvoll er in deinen Augen ist. Tiko liegt sehr viel an deiner Anerkennung, gerade jetzt, wo Kubuku tot ist.«
»Glaubst du? Er ist manchmal wie ein Buch mit sieben Siegeln für mich.«
Ergil schmunzelte. »Kein Wunder, er ist eben ein typischer Susaner. Aber seine Äußerung gestern im Saal des Bundes zeigt, dass er innerlich hin- und hergerissen ist. Einerseits würde er gerne mit dir in seine Heimat reisen und seine Familie Wiedersehen, andererseits möchte er mich nicht im Stich lassen.«
»Sollte Kaguan jemals wieder freikommen, dann ist der Junge bei dir besser aufgehoben.«
»Das ist der Grund, weshalb ich ihn bat, mich zu begleiten.«
Dormund drückte die Schulter des Königs. »Für einen Achtzehnjährigen bist du mächtig erwachsen.«
»Ich habe ja auch schon mächtig viel durchgemacht in dieser kurzen Zeit.«
»Das ist wahr! Ich danke dir für dein Verständnis, Ergil.« Der Schmied umfasste die breite lederne Schwertscheide mit seinen Pranken und atmete tief durch. »Dann werde ich mal zu ihm gehen und mich verabschieden.«
Und so kam es, dass Tiko, Sohn des Kubuku, susanischer Schmied aus dem Geschlecht der Bartarin, in den Besitz des Schwertes Biberschwanz gelangte.
Es war einfach unglaublich! Kein Schiff der Welt konnte sich mit der Silberginkgo messen. Bombo hatte sich beim Loggast mehrmals rückversichert, als er das Etmal bestimmte: mehr als achthundert Meilen in vierundzwanzig Stunden. Er war ganz aus dem Häuschen.
Bereits am Morgen des folgenden Tages lief die Gemeinschaft des Lichts den Hafen der kimorischen Hauptstadt an.
Wollte man Städte mit dem besten Freund des Menschen vergleichen, dann wäre Ostgard ein wilder Straßenköter, Silmao ein edler Saluki, Sooderburg ein Wolfs- und Kimsborg ein wilder Schlittenhund. Und die Abenteurer tummelten sich in König Helviks Residenzstadt wie im Fell der Vierbeiner die Flöhe.
In Begleitung von Popi und Tiko schlenderte Ergil durch die Gassen des Hafenviertels und kam sich vor wie damals, als er zum ersten Mal den Großen Alten verlassen hatte. Er staunte über die bunten Holzhäuser, die Waren der fliegenden Händler, den Gestank der zum Trocknen aufgehängten Felle, den Lärm der Garküchenbesitzer, die auf kleinen Karren ihre gegrillten Fische und Krebse anpriesen, die Schlägereien betrunkener Glücksritter, die Freizügigkeit der Dirnen, die Nachlässigkeit der Stadtgarde sowie die vielen Hunde und Schlittenwölfe. Tusan und Jazzar-fajim würden wohl kaum Mühe haben, neben Proviant und Ausrüstung die Gespanne einzukaufen, mit denen die Expedition die Reise fortsetzen würde, wenn die Silberginkgo erst das ewige Eis erreicht hatte.
Ergil steckte in der schlichten Lederkleidung eines Waldläufers. Die Kappe auf seinem Kopf hatte er tief in die Stirn gezogen, um möglichst unerkannt zu bleiben. Tiko war ähnlich ausstaffiert. In Kimsborg trugen die meisten Männer jedoch Fell,
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