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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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schon für Ersatz sorgen.«
    »Gut, dass die Tierchen so selten und kostbar sind, dass nicht jeder Spion einen Falken besitzt«, sagte Tiko. »So muss Gondo seine Nachricht zu Wasser und zu Lande nach Pandor befördern. Wie lange wird er wohl dazu brauchen? Anderthalb Monate?«
    »Angenommen, er schlüpft durch die Kontrollen, die wir mit unserer Anzeige ausgelöst haben, und findet schnell ein Schiff, das ihn bei günstigem Wind übers Schollenmeer bringt – dann könnte er es wohl auch in fünf Wochen schaffen.«
    Popi nickte. »Der Zwergling ist zäh. Ich hätte nicht gedacht, dass er den Zungenwald überlebt. Helviks Garde wird ihn nicht aufhalten können.«
    »Fünf Wochen ist wenig Zeit, wenn man sich über das Ende der Welt hinauswagen und wieder zurückkehren will«, brummte Bombo.
    »Eigentlich hatte ich etwas anderes hören wollen«, bemerkte der König mit düsterer Miene.
    »In meiner Heimat sagt man: ›Des Menschen größte Schwäche liegt im Aufgeben‹«, erklärte Tusan. »Aber als Gemeinschaft sind und bleiben wir stark, egal ob dieser Gondo uns verrät oder nicht. Die Stromländer haben noch ein anderes Sprichwort. Es lautet: ›Wer nicht kann, was er will, muss wollen, was er kann.‹«
    Ergil lächelte schwach. »Das gefällt mir schon besser. Dann lasst uns nicht zögern zu tun, was in unserer Macht steht, um die Machenschaften unserer Feinde zu vereiteln.«

 
    9
     
    DER EISIGE OZEAN
     
     
     
    Majestätisch glitt der Rumpf des Sirilimschiffes durchs Schollenmeer. Die Silberginkgo hatte zwei Tage im Hafen von Kimsborg gelegen. Jetzt war sie voll beladen mit allem, was man für einen zwölfmonatigen Aufenthalt in einer Eiswüste benötigte. Jeder an Bord wusste, dass ihnen weit weniger Zeit bleiben würde, um Magos’ Fluch abzuwenden.
    Der junge König von Soodland stand allein am Bug und sah gedankenverloren auf das blauschwarze Meer hinaus, in dem unzählige weiße Eisinseln trieben. Seine Hand steckte im Mantel und spielte mit der Giftphiole, die über seinem Herzen hing. Drei oder vier Schwertwale begleiteten das Schiff. Gerade hatte sich eines der Tiere in Blickrichtung aus dem Wasser geschraubt und war nach einer ganzen Drehung um seine Längsachse wieder platschend ins Meer zurückgefallen. Kalte Gischt sprühte Ergil ins Gesicht. Mit einem Rest seines Bewusstseins spürte er die Nässe auf der Haut und den eisigen Fahrtwind, der durch seinen Mantel blies – das Frieren auf dem Oberdeck war der Tribut an die hohe Geschwindigkeit des Seglers –, aber seine eigentliche Aufmerksamkeit galt der Silberginkgo.
    Er und Twikus hatten das Sirilimschiff während ihrer letzten Seereise aus Furcht vor einer Entdeckung durch Magos nur zaghaft erkundet. Allein dieses vorsichtige Abtasten mit ihrem Geist musste ausgereicht haben, um trotzdem von dem dunklen Gott aufgespürt zu werden. Jetzt hatte er sich von Mirad zurückziehen müssen und Kaguan, der ihn durch das Neuschmieden des Schwertes Schmerz zurückholen wollte, saß im Kerker unter der Sooderburg. Ergil durfte seiner Neugierde also endlich freien Lauf lassen.
    Schon als Kind hatte er die Tiere und Pflanzen des Waldes mit seinem Sirilimsinn erforscht. Ohne zu wissen, über welche Gaben er verfügte, war er so zu Einsichten und Erkenntnissen gelangt, die den guten Falgon oft staunen ließen. Hier war es anders. Ergil wusste um seine Fähigkeiten als Durchdringer und ging wesentlich gezielter vor, um sich dem Wesen der Silberginkgo zu nähern. Ohne jede Frage war sie das merkwürdigste Geschöpf, mit dem er sich jemals ausgetauscht hatte.
    Der Rumpf, die Segel und die Takelage waren eindeutig pflanzlich. Irgendwie mussten die Sirilim das Gefährt gezüchtet haben, so wie man einen hübschen Zierbaum durch Abstützen und Beschneiden in die gewünschte Form bringt. Im Hafen von Kimsborg hatte sich gezeigt, dass selbst erfahrene Seeleute die ungewöhnliche Konstruktion des Seglers zwar bestaunten, aber seine organische Beschaffenheit nicht durchschauten. Vermutlich erschien ihnen allein der Gedanke an einen natürlich gewachsenen Viermaster völlig abwegig.
    Was Ergil jedoch wesentlich mehr faszinierte, war das Bewusstsein des Schiffes. Es nahm seine Umgebung wahr, konnte mehr oder weniger vernünftige Schlussfolgerungen daraus ziehen und entsprechend reagieren. Schon an der Art und Weise, wie es sich im Meer der Unendlichkeit den unterschiedlichsten Bedrohungen entzogen hatte, war Ergil sein Denkvermögen aufgefallen. Jetzt stieß er tiefer

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