Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
als sei er ein Seekranker, der im Begriffe stand, sich jeden Moment zu übergeben. Jazzar-fajim indes lächelte.
»Du sprichst von der Silberginkgo, nicht wahr?«
Ergils verschlossene Miene klärte sich auf. »Dann spürst du es auch?«
Der Sirilo nickte.
Bombo stieß einen unwilligen Laut aus. »Wenn es euch nicht allzu große Mühe macht, dann könntet ihr uns zurückgebliebene Menschenkinder vielleicht freundlicherweise in eure Empfindungen einbeziehen.«
Ergil wandte sich dem Kapitän zu. »Entschuldige. Ich wollte nur sagen, dass mir aufgefallen ist, wie widerstrebend unser Schiff sich zum Beidrehen überreden ließ. Mir scheint, die Silberginkgo wäre gerne weitergefahren.«
»Weitergefahren? Wohin denn?« Bombo streckte seine kurzen Arme zur Barriere aus. »Sag jetzt nicht, sie kann auf ihren Flossen über das Eis da wandeln.«
»Wohl kaum. Aber vielleicht sollten wir ihr trotzdem ein wenig mehr Vertrauen schenken. Sie hat uns doch bis jetzt noch nie enttäuscht.«
»Was schlägst du also vor?«
»Geben wir der Silberginkgo die Gelegenheit, uns ihre Absicht kundzutun.«
Bombo schüttelte sich, als habe er gerade eine bittere Medizin geschluckt. »Das kann unmöglich dein Ernst sein, oder?«
»Doch. Sag deinen Männern, sie sollen sich hier mit uns versammeln, damit die Silberginkgo sich nicht gegängelt fühlt.«
»Gegängelt?«, japste der kleine Kapitän. »Sprechen wir beide noch über ein und dasselbe? Über ein Schiff?«
Ergils Antwort bestand in einem langen ernsten Blick.
Bombo seufzte. »Na, meinetwegen. Die Silberginkgo ist sowieso ein bisschen verrückt. Lassen wir sie sich austoben.«
Er gab Befehl zum Sammeln.
Wenig später hatten sich alle Mann mittschiffs auf dem Oberdeck eingefunden, um Zeugen eines Schauspiels zu werden, das wohl nie ein Seemann zuvor beobachtet hatte.
Ergil malte mit seinem Geist ein Bild aus Neugier, Fernweh und Übermut, von dem er hoffte, damit das Sirilimschiff zum Handeln zu ermuntern.
Und tatsächlich! Es reagierte. Zunächst spürte er eine ausgelassene Freude, wie er sie zuletzt bei der Überquerung des Soodlandbelts wahrgenommen hatte. Die Silberginkgo hatte ihn also verstanden. Wenig später ging ein Zittern durch den großen Rumpf. Bald schwenkte das Heck des Viermasters ganz von alleine herum, bis seine Längsachse mit der Eiskante einen stumpfen Winkel bildete. Auch die Rahen drehten sich wie von Geisterhand, damit der Westwind die Segel füllen konnte. Dann nahm das Schiff Fahrt auf.
»Ich fass es nicht! Sie segelt ohne uns«, keuchte Bombo. Wie alle anderen stand er an der Backbordreling und blickte nach vorn.
»Wieso nicht?«, entgegnete Ergil. »Pferde können ja auch ohne ihre Reiter laufen.«
Der Kapitän sah ihn verständnislos an.
»Eine Hand für das Schiff«, sagte jemand, offenbar um die Landratten zu warnen. Die alte Seemannsregel, die bei schwerem Wetter schon manchen davor bewahrt hatte, über Bord zu gehen, schien auch hier angemessen. Jeden Moment konnte der Vorsteven gegen die Eiskante krachen. Alle griffen nach der Reling oder suchten anderswo Halt.
Nur einmal mehr der König nicht. Er stand zwar breitbeinig da, wirkte ansonsten aber völlig entspannt. Während er die weiße Eule auf seiner Schulter kraulte, strahlte er eine heitere Zuversicht aus. Und dann geschah das Unglaubliche.
Die weiße Barriere öffnete sich vor dem Schiff. Jedenfalls sah es im ersten Moment so aus. Erstaunlicherweise vollzog sich dieser Vorgang ohne Knacken und Knirschen. Kein Wunder, denn der Vorsteven der Silberginkgo musste das Eis nicht brechen. Er berührte es nicht einmal. Es löste sich einfach rund um den Bug auf, um sich – und das war vielleicht das Merkwürdigste – hinter dem Schiff wieder nahtlos zu schließen.
Bombo hatte sich weit über die Reling gebeugt, spähte nach unten und staunte einmal mehr: »Ich fass es nicht!«
»Unser Freund ist leicht zu beeindrucken«, kicherte Schekira.
»Wir fahren durch die Vergangenheit«, erklärte Ergil dem Kapitän.
Der hob den Kopf und starrte ihn ungläubig an. »Jetzt mach aber mal halblang. Wie soll das gehen?«
»Nun, ich würde sagen, die Silberginkgo ist nicht nur von den Sirilim gezüchtet worden, sie besitzt auch einige ihrer Fähigkeiten; vor allem ihr Gespür für den Faltenwurf der Welt. Um es einfach auszudrücken: Sie versetzt sich und eine dünne Aura, mit der sie sich umgibt, in eine Zeit zurück, in der es hier kein Eis gegeben hat.«
»Du meinst, sie schwimmt durch…
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