Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
seine an den Grenzen versammelten Heere geben würde, setzte sie ihn einem Hagelschauer von Falschnachrichten aus.
    Entrin hörte ein Klopfen, dann eine dumpfe Stimme, die er jedoch nicht verstand. Hatte der Baron etwas vergessen? Die Posten am Eingang zum Audienzsaal öffneten die Tür. Tatsächlich! Es war Baron Nartoz, der in den lang gestreckten Raum stürzte und die Sechzigfußstrecke ein weiteres Mal in Angriff nahm. Der Baron war ein feiner, kleiner Mann mit schütterem grauen Haar und einer Hakennase. Er trug eine Halskrause, ein goldbesticktes Wams aus grünem Samt, eng anliegende schwarze Beinkleider und niedrige Stulpenstiefel mit auffallend langer, nach oben gewölbter Spitze. Atemlos kam er vor dem Thron zum Stehen.
    »Leiden wir neuerdings an Vergesslichkeit, Baron?«, fragte Entrin. Solche kleinen Sticheleien bereiteten ihm ein diebisches Vergnügen.
    »Nein, Majestät«, keuchte Nartoz. »Mein Verstand arbeitet besser als jeder andere im Land.«
    Entrins fleischige Stirn legte sich bedrohlich in Falten.
    »Besser als die meisten anderen, wollte ich sagen«, korrigierte sich der Oberspion mit einer Verbeugung. Dabei rieb er sich die Hände, als wolle er sie in Unschuld waschen.
    »Was veranlasst Euch dann zu diesem schweißtreibenden Aufmarsch?«, erkundigte sich der König.
    »Soeben ist einer meiner Männer eingetroffen. Aus Kimsborg.«
    Entrin gähnte. »Welche guten Nachrichten können schon aus Helviks kaltem Nordland kommen?«
    »Genau dasselbe habe ich auch zu Gondo gesagt«, freute sich der Magistrat.
    »Gondo?« Der König zupfte sich am schwarzen Vollbart. »Ist das nicht dieser dämliche Zwergling, der die Könige von Soodland in Ostrich hat entwischen lassen?«
    »Ebender, Majestät. Ebender. Er ist in sage und schreibe nur dreißig Tagen von Kimsborg bis nach Pandor gereist, um Euch eine aufregende Botschaft zu überbringen. Im Moment wartet er vor der Tür. Er sieht ziemlich mitgenommen aus, alles andere als vorzeigbar, und riechen tut er auch nicht gut, aber angesichts der Dringlichkeit…«
    »Ist ja schon gut, Baron. Ich werde Euch nicht in den Kerker werfen, nur weil der Zwerg stinkt – sofern seine Botschaft erfreulicher ist als das Feuerwerk aus Unsinn, das Ihr vorhin für mich abgebrannt habt.«
    »Zwergling, Majestät.«
    »Wie belieben?«
    »Gondos Mutter war eine Wagg und nur der Vater ein Zwerg.«
    »Dann ist er eben ein Bastard.«
    »Wenn Ihr ihm für seine Treue danken wollt, dann nennt ihn einen Zwergling.«
    »Erst mal soll er mir seine Ergebenheit beweisen. Herein mit dem Wicht.«
    Nartoz gab den Wachen am anderen Ende des Raumes einen Wink. Die Tür wurde geöffnet und Gondo trat ein.
    Der Spion schlurfte in einem Tempo durch den Saal, das nicht andeutungsweise erahnen ließ, wie er die Entfernung Kimsborg-Pandor in einem Monat hatte bewältigen können. Entrin überlegte, ob er den Zwergling für diesen Mangel an Respekt belangen sollte.
    »Er ist ziemlich erschöpft, Majestät«, flüsterte Baron Nartoz, als habe er die Gedanken seines Herrn erraten.
    Entrin schnaubte. »Hoffentlich fällt er nicht tot um, ehe er uns seinen Bericht abgeliefert hat.«
    Endlich hatte der Zwergling eine im Boden eingelassene Linie aus rotem Marmor erreicht. Die Leibgarde bezeichnete Besuchern gegenüber den dahinter liegenden Bereich als »Todeszone«, weil man ihn nicht unaufgefordert übertreten konnte, ohne nachher einen typischen Querschnitt pandorischer Waffenschmiedekunst in seinem Körper wiederzufinden. Gondo blieb stehen und verneigte sich.
    Entrin betrachtete missmutig die Spitzen der abgewetzten Stiefel, die unerhört weit auf die Linie ragten. Aus der Nähe sah der kleine Spion tatsächlich erschöpft und zerschunden aus, aber er hielt seinen unförmigen, dicht behaarten Kopf stolz in die Höhe. Sein zotteliger schwarzer Fellmantel war verfilzt und stank erbärmlich. Der König beugte sich vor und rang sich ein Lächeln ab.
    »Sei gegrüßt, Gondo. Wie ich höre, hast du eine Menge Unbilden auf dich genommen, um mir geschwind eine Nachricht von größter Wichtigkeit zu überbringen.«
    Der Zwergling verbeugte sich noch einmal, was Entrin einigermaßen besänftigte. »Ihr werdet stolz auf mich sein, Majestät. Im ganzen Heer Eurer Spione gibt es keinen wie mich. Wohl bin ich der Kleinste und trotzdem doch der Feinste.«
    »Für Selbstbeweihräucherung verteile ich keine Belohnungen«, grunzte Entrin und ihm fiel auf, dass die bärlauchgrünen Augen des Wichts beim letzten Wort

Weitere Kostenlose Bücher