Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
sich schließlich in seine Bestimmung ergeben. Bald konnte er sogar schon wieder lachen, als er verkündete: »Wer weiß, ob die Rückkehr der Silberginkgo nicht noch zu etwas anderem nützt. So kann ich die Spione Entrins, Godebars und der übrigen herzallerliebsten Ratsherrn an der Nase herumführen. Sie werden annehmen müssen, dass du wieder in Sooderburg das Heft in der Hand hältst.«
Weil sich in einer Wolke, selbst wenn sie aus Mondtau besteht, schlecht ein Lagerfeuer anzünden lässt, hatte Ajuga ein besonderes Mittel zum Schutz gegen die Kälte in großer Höhe empfohlen. Ein Gemisch aus Pflanzenresten, das er »Mulch« nannte. »Wenn es gärt, dann wird euch warm«, hatte er versprochen.
»Und wie kommen wir an diesen Mulch?«, war Ergils nächste Frage.
»Ihr werdet ihn finden, wo ihr ihn braucht«, hatte Ajuga geantwortet.
So war es auch. Der Mulch lag in verschwenderischer Fülle am Strand – die Gefährten hatten ihn zunächst für angeschwemmten Tang gehalten. Die Samenwolke war so freundlich, unter dem Boden des Aufenthaltsdecks einen eigenen Heizraum auszuformen, in den das faulige Material eingelagert wurde. Die braungrünen Haufen rochen modrig, aber es war auszuhalten. Der zusätzliche Ballast, den sie für das Luftschiff darstellten, erwies sich als ein größeres Problem. Um Gewicht zu sparen, durfte nur noch das Allernötigste an Gepäck ins Mannschaftsdeck geschafft werden. So war die Wolke zur Mittagszeit bereits fertig beladen und zur Abreise bereit.
Zum Abschied fielen sich die Männer um den Hals. Schekira machte den Seeleuten noch einmal in ihrer Elvengestalt Mut. Dafür empfing die Gemeinschaft des Lichts eine ganze Ladung von Segenswünschen, die dem fliegenden Wal zum Glück nicht schwer im Magen lagen.
Nur Ergil, Popi, Tiko, Jazzar-fajim, Tusan sowie Nisrah und Schekira begaben sich in die Wolke – die letzten beiden fielen praktisch nicht ins Gewicht. Auf die Mitnahme des Botenfalken musste man verzichten, weil das Tier im Innern der Samenwolke wie wild mit den Flügeln geschlagen hatte und selbst von den beiden Durchdringern nicht zu beruhigen gewesen war. Damit gab es keine Möglichkeit mehr, Múria über das Gelingen oder Scheitern der Mission zu benachrichtigen, ein Gedanke, der Ergil wenig behagte.
Deutlich langsamer als beim ersten Probeflug hob das Luftschiff vom Strand ab. Die wohl ersten Flugreisenden in der Geschichte von Mirad winkten ihren Gefährten auf dem Sirilimschiff zu. Bald war die versteckte Bucht nur noch eine Pfütze und die Silberginkgo ein schneeweißer Wasserkäfer darin.
Schnell hatte die Samenwolke einen Westwind gefunden, der sie wie angewiesen direkt auf den Weltenbruch zutreiben ließ. Das Tempo nahm rasch zu. Binnen kurzem konnten die Reisenden unter sich einen Baumriesen sehen, der sich sogar aus der Vogelperspektive deutlich aus seiner Umgebung abhob.
»Lebe wohl, Ajuga«, murmelte Ergil. Seine Hand streichelte über Schekiras Gefieder. Sie hatte, nicht weil es notwendig gewesen wäre, sondern aus alter Gewohnheit, die Gestalt eines Eisvogels angenommen und hockte auf der linken Schulter ihres besten Freundes. Der hörte von der anderen Seite ein Flüstern, das er zunächst irrtümlicherweise ebenfalls als einen Abschied vom König der Bäume auffasste.
»Dass ich das jemals erleben dürfte, hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Er ist so nahe.«
Er wandte sich dem Quell des ehrfürchtigen Staunens zu. Tiko spähte aber nicht zu Ajuga nach unten, sondern geradewegs nach Osten. Ergil folgte dem Blick des Freundes und dann glaubte er zu begreifen, was dieser gerade empfand. Mit gedämpfter Stimme beschrieb er, was beide gerade sahen.
»Magons Eispalast. Wir werden wohl gleich drüberfliegen. Erfüllt es dich mit Stolz, dass dein Urahn an diesem Ort die Welt gerettet hat?«
Tiko riss sich von dem glitzernden Gefunkel los und betrachtete nachdenklich das Gesicht des jungen Königs. Plötzlich lächelte er. »Es erfüllt mich mit Stolz, neben dem Mann zu stehen, der uns alle am Kitora vor dem Verderben bewahrt hat.«
»Das ist das Verdienst von Twikus«, sagte Ergil und die Erinnerung an seinen Bruder versetzte ihm einen schmerzhaften Stich.
Die beiden Freunde hatten zu leise gesprochen, um von ihren Gefährten verstanden zu werden. Daher platzte Tusan ahnungslos in ihr Gespräch. »Hast du unserem Packesel schon einen Namen gegeben?«
Ergil drehte abermals den Kopf, seine Gedanken indes verhielten sich wie eine
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