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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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wissen?«
    »Ich habe einige gefragt.«
    »Du machst Witze.«
    »Nein. Sie säugen ihre Jungen genauso wie eine Maus oder eine Kuh.«
    »Ich will aber nicht mit einer Maus tausende von Meilen fliegen. Oder mit einer Kuh.«
    »Möglicherweise brauchst du das auch nicht.«
    Die eben noch verbissene Miene des Kapitäns heiterte sich für einen Moment auf, um sodann jäh in einen fragenden Ausdruck abzugleiten. »Heißt das, wir fahren jetzt doch mit dem Schiff zurück?«
    »Einige vielleicht schon. Ajuga hat uns nicht versprochen, alle mit diesem Luftschiff in den Grünen Gürtel zu fliegen. Er meinte: ›Um den Sohn der schlafenden Königin in die Stadt der Sirilim zu bringen, benötige ich nur eine Nacht der Vorbereitung. ‹ Von einer mehr als dreißigköpfigen Besatzung war nicht die Rede. Von den Schlittenwölfen und der Ausrüstung ganz zu schweigen. Da kommt ein ziemliches Gewicht zusammen.«
    »Aber dieses… Ding ist mindestens fünfhundert Fuß lang!«
    »Wie wäre es, wenn wir einfach ausprobieren, welche Lasten unser neues Schiff tragen kann?«, schlug Jazzar-fajim vor.
    Der König nickte. »Ich hatte sowieso die Absicht, mich zunächst allein mit der Mondtauwolke zu beschäftigen.«
    »Um deine Furcht zu überwinden?«
    Ergil spürte einen Anflug von Ärger. Sofort musste er an die Zornissen denken und kämpfte das dunkle Gefühl nieder. Sein Oheim hatte ja Recht. »Unter anderem«, räumte er lächelnd ein. »Aber ich würde auch gerne einen geistigen Zugang zu unserem neuen Transportmittel finden.«
    »Du möchtest dich mit ihm unterhalten? Wie wäre es, wenn ich dir helfe? Es dürfte ohnehin besser sein, wenn zwei mit dem Schiff vertraut sind. Dann können wir uns ablösen.«
    Nach kurzem Zögern stimmte Ergil zu.
    Mit seinem Urgroßoheim bezog er vor dem »Maul« der Samenwolke Aufstellung. Es stand immer noch offen, was unzweifelhaft als Einladung zum Eintreten zu verstehen war. Trotzdem kämpfte Ergil noch mit sich. Obwohl es sein Bruder war, der damals in den Namenlosen Sümpfen gegen den Mondtau gekämpft hatte, war auch er von dem furchtbaren Ereignis gezeichnet. Offenbar hatte es tiefere Narben in seiner Seele hinterlassen, als er bisher auch nur ahnte.
    Jazzar-fajim war einfühlsam genug, um seinen Neffen nicht zu drängen. Um ihm die Angst zu nehmen, ging er einfach voran. Mit einem großen Schritt betrat er die Zugangsluke des Luftschiffes – oder um beim Walbild zu bleiben, den Unterkiefer. Er wechselte von einem Fuß auf den anderen. Dann drehte er sich zu seinem Neffen um. »Der Boden ist zwar weich, aber nicht klebrig. Komm!« Er winkte den Zauderer näher.
    Ergil klaubte die letzten Krümel Mut zusammen, die von der beklemmenden Erinnerung noch nicht fortgewischt worden waren, und folgte Jazzar-fajim ins Schiff.
    Gemeinsam drangen sie tiefer in den riesigen Körper ein. Zu Ergils Überraschung war das Luftschiff nicht einfach eine leere Hülle. Wie bei der Silberginkgo gab es auch hier Decks. Der Raum, den die zwei Steuermänner betraten, war gut dreißig Fuß hoch, sechzig breit und weit über einhundert Fuß lang. Die Außenwände leuchteten, als sei die Sonne darin eingeschlossen. An manchen Stellen sickerte die Helligkeit nur sehr gedämpft herein, andernorts war der Rumpf praktisch durchsichtig und gewährte Ausblicke auf die Umgebung. Für einen Moment fühlte sich Ergil in Olams Palast der Schmetterlinge zurückversetzt. Auch dieser hatte aus unzähligen Lebewesen bestanden, deren stete Flügelbewegungen immer wieder Licht einfallen ließen.
    »Hast du so etwas je gesehen?« Es war Jazzar-fajim, der sein Staunen zuerst in Worte fasste.
    Ergil nickte, sagte aber: »Nein.«
    »Alles in Ordnung mit dir?«
    »Ehrlich gesagt weiß ich das nicht so genau. Es ist nicht einfach, zu vergessen, woraus dieses Luftschiff besteht.«
    »O doch! Ist es«, widersprach der Sirilo. »Du musst dich nur auf etwas anderes konzentrieren. Lass uns versuchen, zu der Wolke Verbindung aufzunehmen.«
    Unwillkürlich streckte Ergil die Hand aus, wie er es immer bei Múria getan hatte. Sein Oheim packte mit festem Griff zu. Zuerst versuchte Ergil wie mit dem Weberknecht zu reden.
    Mondtau, hörst du mich?
    Er lauschte.
    So wirst du nicht weiterkommen, mein lieber Freund.
    Ergil zuckte zusammen. Nisrah! Musst du mich so erschrecken?
    »Was ist?«, flüsterte Jazzar-fajim.
    »Ich spreche gerade mit meinem Freund, dem Netzling.«
    »Ach so! Dann sag mir Bescheid, wenn du bereit bist.«
    Ergil nickte.
    So, so.

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