Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
wäre ebenfalls sehr daran gelegen, den Grund für diese meiner unmaßgeblichen Meinung nach unnötigen Mühen zu erfahren, meine Liebe.« Der Fürst von Grotsund hatte in weiser Voraussicht einen Mantel angezogen, dessen ausladender Kragen so aussah, als habe jemand ein ganzes Rudel Rotfüchse darauf festgenäht. Der Edelmann pflegte sich nur in feinste Tuche und Pelze zu hüllen. Mit seinen gut siebzig Jahren war er nun wirklich nicht mehr der Jüngste. Wenn es darauf ankam, konnte er sich aber immer noch bewundernswert gerade halten. Nur in unbeobachteten Augenblicken sah man ihn manchmal müde in sich zusammengesunken. Er war schmalbrüstig und nicht sehr groß. Sein knochiges Gesicht erinnerte stets ein wenig an das einer Puppe, deren Züge und Furchen mit einem zu grobem Werkzeug aus dem Holz befreit worden waren. Nur die lebhaften großen grauen Augen verrieten dem aufmerksamen Beobachter, dass in seinem kantigen Schädel ein brillanter Verstand arbeitete. Hörte man den Ersten Kanzler wie eben sprechen, dann drängte sich stets der Eindruck auf, er sei verschnupft. Selten war der blasierte Tonfall jedoch ein Ausdruck von Hochmut, eher schon der Gepflogenheiten uralten Adels, sich irgendwie und sei es durch geckenhaftes Benehmen aus der Masse abzuheben.
    Múria deutete mit ausgestrecktem Arm auf den Soodlandbelt. »Ich wollte, dass ihr euch das anschaut.«
    Die zwei Männer sahen erst die ruhige See, dann einander an.
    »Könntest du ein bisschen deutlicher werden?«, erkundigte sich Borst.
    Ihre Brust hob sich, als sie bedeutsam Atem holte. »Ich wollte nicht, dass wir in Wikanders Labyrinth über unsere Situation sprechen.« Sie warf Torbas einen Blick zu, ehe sie fortfuhr: »Einerseits weiß man dort nie, wer alles zuhört, und andererseits kann es für Feldherrn nicht verkehrt sein, das Schlachtfeld persönlich in Augenschein zu nehmen.«
    »Von der Felddame ganz zu schweigen«, fügte Halbart hinzu, ohne sein holzschnittartiges Antlitz auch nur im Geringsten zu verziehen.
    Múria überhörte den Einwurf.
    »Aufmarschgebiet wäre wohl das passendere Wort«, grunzte der erfahrene pandorische Krieger.
    Obwohl sie ihren Mitregenten damit nichts Neues verriet, machte Múria ihnen die ernste Situation klar. Dank des weit verzweigten Netzes von Getreuen, das sie seit ihrer Zeit als Herrin der Seeigelwarte mit Nachrichten aus ganz Mirad versorgte, war sie recht gut über die dramatische Lage in dem ihr anvertrauten Reich im Bilde. Ostrich und Pandorien hatten ihre Heere vereint und an mehreren Orten die Grenzen überrannt. Jetzt zogen sie brennend und plündernd durch die Lande. Im äußersten Süden wurden sie von stromländischen Söldnern unterstützt. Hjalgord habe die Kämpfer gedungen, hatte Múrias Gewährsmann aus Seltensund gemeldet. Offiziell tat König Hilko, Hjalgords Vetter, weiterhin so, als halte sich das Stromland aus allem heraus.
    Infolge der langen strengen Winter und aufeinander folgenden Missernten war die Bevölkerung von Soodland ausgezehrt und kaum zur Gegenwehr fähig. Deshalb hatte Borst eine schmerzvolle, aber, wie er meinte, die einzig wirksame Verteidigungsstrategie ausgegeben: Nehmt alles mit, was ihr tragen könnt. Den Rest vernichtet. Flieht in die Berge und Wälder.
    Damit hatte er zumindest ein wenig Zeit herausgeschunden, denn eine Armee von einhundertfünfzigtausend Mann bedeutete unter anderem einhundertfünfzigtausend Bäuche, die gefüllt sein wollten. Die vereinigten Armeen der Verräter Entrin und Godebar plagten Versorgungsprobleme. Aber ob das reichen würde, um die Eroberung der Insel Soodland abzuschmettern? Innerhalb eines Monats waren sie schon fast bis auf Bjondal vorgerückt.
    Borst gehörte nicht zu den Männern, die irgendetwas dem Zufall überließen. Deshalb hatte er unmittelbar nach dem Einmarsch der feindlichen Heere auch den Befehl zur Verstärkung der Verteidigungsanlagen der Sooderburg gegeben. Zudem verachtete er stolze Eitelkeit, die sich zu schade ist, andere um Hilfe zu ersuchen. Ohne Umschweife hatte er die Verbündeten Soodlands um Waffenhilfe gebeten.
    Quondit Jimmar Herzog von Bolk schickte unverzüglich einen Botenfalken los, um die Mobilmachung seines Heeres zu veranlassen. Eine ähnliche Nachricht war nach Tarabant, der Hauptstadt von Yogobo, gegangen. Zwischen König Yabun Balkasars Reich und dem verbündeten Herzogtum am Zusammenfluss von Groterspund und Fendenspund lag allerdings das Bollwerk aus Pandorien und dem Stromland. Um Verstärkung

Weitere Kostenlose Bücher