Mirage: Roman (German Edition)
unbemerkt, zur Ecke des Daches gerobbt. Er hielt eine Flasche voll von einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit in der einen Hand und versuchte, einen in den Flaschenhals gestopften Stofffetzen mit einem störrischen Feuerzeug zum Brennen zu bringen.
»Nein«, sagte Samir. Und wieder war er im freien Fall, aber diesmal lähmte ihn die Angst nicht, sondern beflügelte ihn. Wie ein fliegender Akrobat verdrehte und reckte er sich, zog die .45er Automatik aus dem Halfter des Gefreiten Dimashqi, drehte sich wieder um, drückte die Fahrzeugtür auf, stieg aus und zielte nach oben. Die ersten drei Schüsse gingen ins Leere, aber der vierte traf die Flasche, gerade als es dem Minuteman gelang, den Lappen in Brand zu setzen.Der Minuteman wurde zu einem Flammenmann mit einer lodernden dreizackigen Krone.
Samir schoss weiter, bis das Magazin leer war. Dann duckte er sich neben Mustafa und Amal. »Es tut mir leid«, sagte er weinend. »Es tut m…«
Der Boden bebte. Sämtliche Fenster des Piggly Wiggly flogen heraus, und das Dach beulte sich nach oben aus und schleuderte Minutemen in die Luft. »Shaitan!«, schrie einer der Marineinfanteristen in der Annahme, der Kampfhubschrauber sei zurückgekehrt. Aber das war kein Raketenangriff; es war eine weitere Bombe, die im Supermarkt – beziehungsweise in der Tiefgarage unter dem Markt – detoniert war.
Das Dach fiel wieder herunter, und mit einem langgezogenen Grollen brachen die Außenwände zusammen und kippten die letzten paar kreischenden Christen in den Schutt. Danach trat Ruhe ein, eine Zeit der Stille, während der selbst das Dröhnen des Tankstellenbrands stummgeschaltet zu sein schien. Als eine halbe Minute vergangen war, ohne dass weitere Schüsse gefallen wären, begannen sich die Männer zu entspannen.
Eine Stimme rief: »Mustafa al-Bagdadi!«
Köpfe – und Waffen – drehten sich um. Vielleicht fünfzig Meter von den MZF entfernt war ein blasser Mann erschienen, der mit erhobenen Armen auf dem Parkplatz vor einem Grußkartenladen stand. Seine Hände waren offen und leer, und er hatte sein Hemd aufgeknöpft, um zu zeigen, dass um seinen mageren Oberkörper weder Sprenggürtel noch Pistolenhalfter geschnallt waren.
Das MZF fuhr los und blieb neben ihm stehen. Die Soldaten sprangen heraus und drückten den blassen Mann auf die Knie.
Mustafa richtete seine Aufmerksamkeit auf den Mann. »Ich bin Mustafa al-Bagdadi«, sagte er. »Wer sind Sie und was wollen Sie von mir?«
»Mein Name ist Timothy McVeigh«, erwiderte der Blasse. »Ich bin ein Agent der texanischen CIA, und ich bin hierher geschickt worden, um Sie zu finden – um Sie zu beschützen.« Seine Augen huschten zu dem Toten und dann zu dem Haufen Schutt auf der anderen Straßenseite, bevor er sich wieder Mustafa zuwandte. »Der Direktor möchte Sie sprechen, Sir.«
Christian Intelligence Agency
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(Weitergeleitet von CIA)
Die Christian Intelligence Agency (»Christlicher Nachrichtendienst«) oder CIA (die von den Agenten bisweilen auch »Christus in Aktion« genannt wird) ist der primäre Spionage arm der Regierung der Evangelikalen Republik Texas . Offiziell besteht die Aufgabe der CIA darin, geheime Informationen über ausländische Regierungen, Organisationen und Einzelpersonen zu sammeln und zu analysieren. Allerdings wird angenommen, dass der Dienst auch Inlandsspionage betreibt und als Geheimpolizei agiert, die politische Dissidenten gefangen hält, foltert und ermordet.
Der Dienstsitz der CIA befindet sich im rund 15 Kilometer westlich der Stadt Waco gelegenen Crawford …
N ein«, sagte Umm Husam bestimmt. »Das kann ich nicht gestatten.«
Sie standen auf dem Parkplatz einer anderen Ladenzeile jenseits der Kreuzung. Weitere MZF und ein Panzer waren eingetroffen, und jetzt war die Straße in allen vier Richtungen gesperrt. Die einzigen Zivilfahrzeuge, die man durchgelassen hatte, waren ein paar Feuerwehrwagen, deren Besatzungen sich unter den wachsamen Augen von Marineschützen bemühten, den Tankstellenbrand zu löschen. Zwei Kampfhubschrauber kreisten in der Luft, und ein Rettungsheli war gerade gelandet. Jetzt, wo der noch immer bewusstlose Leutnant Fahd zum Stützpunkt zurückgeflogen wurde, war Umm Husam die Ranghöchste vor Ort.
»Ich verstehe Ihren Widerwillen, mir zu erlauben, mit diesem Mann zu gehen«, sagte Mustafa. »Aber wenn er mich töten wollte, hätte er das, glaube ich, inzwischen längst getan.«
»Wenn er Sie tötet, kann er Sie nicht entführen«, sagte Umm Husam.
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