Mirage: Roman (German Edition)
aufsteigenden Feuerbälle und Rauchwolken. Da sie wussten, dass Gott auf ihrer Seite war, schlossen sie, dass der erste Hinterhalt ein voller Erfolg gewesen war und die Marineinfanteristen gerade abgeschlachtet wurden.
Dies alles weckte in ihnen zwiespältige Gefühle. Natürlich wollten sie die Feinde Gottes tot sehen. Aber genau das war es: Sie wollten Gottes Feinde tot sehen und an ihrem Tod mitwirken. Wo war sonst der Witz, ein Krieger Christi zu sein, wenn man nicht kämpfen durfte?
Anstatt also Gott für den Sieg zu danken, baten sie Ihn um einen weiteren Gefallen: Bitte, Herr, beteten sie mit lautlosen Lippen, während sie die Straße entlangspähten. Bitte, lass sie nicht alle sterben. Spar ein paar Muslime für uns auf.
Gott war, wie sie bald erkannten, zum Wünscheerfüllen aufgelegt.
Mustafa hatte Leutnant Fahd ins Heck des Geländewagens geladen, sodass sich der Soldat auf dem zweiten Fondsitz um ihn kümmern konnte. Die Kugel des Heckenschützen hatte eine tiefe Delle in den Helm geschlagen und, ohne die Kevlarschicht zu durchdringen, dem Leutnant eine Gehirnerschütterung beigebracht. An seiner Schläfe bildete sich schon ein dunkler Bluterguss, und als der Soldat seine Aufmerksamkeit zu erregen versuchte, flatterten seine Augenlider nur minimal.
Mustafa saß vorne auf und lauschte dem Geschnatter des Funkgeräts. Der Kampfhubschrauber hatte Probleme: Nachdem er den Mörser ausgeschaltet hatte, war eine Boden-Luft-Rakete auf ihn abgefeuert worden. Aus der hektischen Übermittlung ging nicht klar hervor, ob der Hubschrauber getroffen worden war oder ob er lediglich manövrierte, um den Raketenwerfer ins Visier zu bekommen.
Die Kolonne bog um die Kurve. Direkt dahinter wich der Wald zu ihrer Rechten einer Ladenzeile, deren Geschäfte sich bis zu einer Tankstelle an der Ecke der nächsten Querstraße hinzogen. An der linken Seite der Straße stand ein einzelnes langgestrecktes Gebäude. Einzelne Buchstaben auf dem Dach bildeten die zwei Worte PIGGLY WIGGLY, die ein lächelndes Schweinchengesicht flankierten.
An der Kreuzung war eine Straßensperre eingerichtet worden. Zwei Lastwagen der Dominion Wasser- und Stromversorgung standen Schnauze an Schnauze auf der nachOsten führenden Seite der Schnellstraße. Und auf ihrer Seite des Mittelstreifens parkte ein großer gelber Schulbus gerade quer über beide Spuren ein.
Der Fahrer des vordersten MZF ging vom Gas. Das war kein gewöhnlicher Schulbus. An seine Seite waren Stahlbleche angeschweißt worden, die eine Arme-Leute-Version der Panzerung der MZF ergaben. Als er die Fenster eingehender betrachtete, sah er innen keine kleinen Kinderköpfe, nur große Köpfe mit dreieckigen Hüten und Gewehrläufe und …
»Panzerfaust!«, schrie der MG-Schütze. Der Fahrer vollführte einen Rechtsschlenker, ebenso der Fahrer des zweiten Wagens. Das dritte MZF war gerade eine Spur zu langsam, und die Granate traf es an der linken Seite, oberhalb des hinteren Radkastens. Die Explosion war ohrenbetäubend, und der Reifen war augenblicklich platt, aber die Panzerung verhinderte, dass Splitter in den Insassenraum eindrangen. Mit klingelnden Ohren sah Amal zu Salim auf, aber auch er schien unverletzt zu sein – er stand unerschütterlich in seiner Kanzel und feuerte schon seinerseits auf den Schulbus.
Alle MZF-Schützen feuerten auf den Schulbus, dessen improvisierte Panzerung sich als weit weniger effektiv als die der Militärfahrzeuge erwies. Der Bus verwandelte sich in ein Sieb.
Weitere Milizionäre tauchten auf dem Dach des Piggly Wiggly auf. Sie hatten Gewehre, eine weitere Panzerfaust und ein MG, das direkt über dem Schweinchenkopf in Stellung gebracht wurde. Die meisten von ihnen begannen, auf die Kolonne zu schießen, aber ein Minuteman, dessen Gewehr mit Brandgeschossen geladen war, zielte auf die Tankstelle.
»Gib Gas, gib Gas«, skandierte der Fahrer des vordersten MZF. Mustafa schaute nach vorn und hatte gerade bemerkt, dass die Asphaltfläche rings um die Zapfsäulen völlig durchnässt war, als sich die Luft selbst zu entzünden schien und die Tankstelle hinter einer gigantischen Flammen-Chrysantheme verschwand. Der Fahrer trat voll in die Eisen; sie wurden in ihren Sitzen nach vorne geschleudert und dann, als das zweite MZF auf sie auffuhr, wieder zurück.
Das dritte MZF, das etwas zurückgefallen war, versuchte, sanfter zu bremsen, aber durch die Reibung zerfetzte der beschädigte Reifen. Der Wagen geriet ins Schleudern, erwischte ein Schlagloch und
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