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Mirage: Roman (German Edition)

Mirage: Roman (German Edition)

Titel: Mirage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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schießen.
    »Und wer ist der geheimnisvolle Schütze?«, fragte Iyad.
    »Abdallah al-Hashemi«, sagte Mustafa. »Ein Kollege. Wir wollten ihn eigentlich nur einen Schuh auf Amal werfen lassen, aber er fand, eine Schreckschusspistole würde dramatischer wirken.« Die Personenschützer der Senatorin hatten ihre eigene Rolle in der Farce ein bisschen zu ernst genommen und Abdallah im Zuge seiner Festnahme eine Schulter ausgekugelt. »Die Sache ist ein wenig aus dem Ruder gelaufen.«
    »Na ja, aber die Mahdisten haben sie geschluckt«, sagte Iyad. »Wenn ihr wolltet, könnten wir euch jetzt sogar ein Treffen mit Muqtada as-Sadr höchstpersönlich organisieren … Für die Typen, die ihr tatsächlich treffen werdet, war es wahrscheinlich fast Perlen vor die Säue geworfen.«
    »Wen werden wir denn treffen?«, fragte Amal.
    »Eine Handvoll Möchtegerne. Keine richtigen Mahdi-Krieger, mehr so was wie eine untergeordnete Hilfstruppe. Bei dem Gespräch mit einem von ihnen hatte ich den Eindruck, dass sie den Überfall auf den Laster ganz in Eigenregie veranstaltet haben – was gut für uns ist, weil es bedeutet, dass sie es eilig haben, die Sore abzusetzen. So Gott will, müsstet ihr euch schnell handelseinig werden.« Er warf einen Blick auf den Aktenkoffer, den Mustafa in der Hand hatte. »Du hast das Geld?«
    »Ja.« Die Rial-Scheine in dem Koffer waren – auf Anordnung des Präsidenten – von einem größeren Posten Drogengeld abgezweigt worden, den die Halal kürzlich konfisziert hatte. Es erschien, wenn schon nicht recht, so doch billig, das Lösegeld für Saddams Eigentum aus Saddams eigenen widerrechtlichen Gewinnen zu bezahlen.
    »Gut. Dann wollen wir mal.«
    Samir räusperte sich.
    »Genau«, sagte Mustafa. »Samir wüsste gern, wo das Treffen stattfindet, damit wir eine Nachricht hinterlassen können, wohin wir fahren.« Tatsächlich nervte Samir ihn damit seit Stunden pausenlos.
    Iyad musterte Samir argwöhnisch. »Bei wem wollen Sie eine Nachricht hinterlassen?«, fragte er. »Bei Ihrer Mutter?«
    »Ja«, entgegnete Samir mit ausdrucksloser Miene. »Wenn was schiefläuft, möchte ich, dass sie weiß, wo sie die Leiche abholen kann.«
    »Sollte es dazu kommen, werden die Mahdisten Ihre Leiche schon korrekt zu entsorgen wissen«, sagte Iyad. »Aber keine Angst, es wird uns schon nichts passieren.«
    »Noch etwas«, sagte Mustafa und ließ den Blick rasch über die anderen Fahrzeuge auf der Straße gleiten. »Es besteht die Möglichkeit, dass wir beschattet werden. Nicht von unseren Leuten«, stellte er klar. Oder vom al-Mukhabarat, den Saddam zurückzupfeifen versprochen hatte. »Von al-Qaida-Agenten.«
    »Al-Qaida sollte versuchen, in Sadr-Stadt einzudringen?« Wieder schmunzelte Iyad. »Wenn Gott nur so großzügig wäre … Jetzt kommt endlich, wir wollen nicht die ganze Nacht hier rumstehen.«
    Auf Stadtplänen sah das Viertel gar nicht so aus, als ob es schwierig wäre, hineinzugelangen: ein Rechteck von fünf mal sechs Kilometern, das sich in nordöstlicher Richtung erstreckte, angefangen beim Kanal, der das Viertel wie ein Burggraben von Rusafa trennte. Was die Stadtpläne nicht zeigten, wohl aber Satellitenaufnahmen im Internetz, waren die Trupps von schwarzgekleideten Schutzengeln, die entlang der gesamten Grenze von Sadr-Stadt, an jeder Durchgangsstraße und jeder Gasse, Wache standen und den ankommenden Verkehr überprüften. Weitere Schutzengel tummelten sich auf den Bahnsteigen der Hochbahn,ebenso hilfs- wie abwehrbereit. Die Bahnhofsaufzüge funktionierten nur selten, aber ein an den Rollstuhl gefesselter Fahrgast konnte sich darauf verlassen, dass man ihn umgehend auf die Straße hinuntertragen würde – es sei denn, die Schutzengel identifizierten ihn als Baath-Spion in Krüppelverkleidung, in welchem Fall er sogar noch schneller die Straße erreichen würde, aber mit dem Kopf voran.
    Die am schärfsten bewachten Übergänge befanden sich entlang der Nordwestgrenze, die Sadr-Stadt mit dem Bezirk al-Azamiyya gemeinsam hatte. Die dieser Grenze zugeteilten Schutzengel waren besonders wachsam, und ihnen stand auf der Azamiyya-Seite eine ebenso wachsame Bürgerwehr aus dienstfreien Polizisten und Baath-treuen Straßenschlägern gegenüber. Die zwei Gruppen von Grenzwächtern beschimpften sich gegenseitig über die Safi-ad-Din-al-Hilli-Straße hinweg, und dieser Austausch von Verbalinjurien steigerte sich gelegentlich zu körperlichen Auseinandersetzungen und sogar zu regelrechten

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