Mirandas Monsterwelt
das Knistern und Knacken, als die Zweige und Äste Feuer gefangen hatten. Sie brannten trotz der auf ihnen sitzenden Feuchtigkeit und sonderten einen stinkenden Rauch ab, den der Wind ausgerechnet in meine Richtung trieb und mir so den Atem nahm.
Ich mußte weg.
An Flucht war natürlich nicht zu denken, das hatte ich auch nicht vor.
Angriff ist bei dämonischen Gegnern noch immer die beste Verteidigung, und so sah ich zu, in die unmittelbare Nähe der Hütte zu gelangen, indem ich einen Bogen schlug.
Sehr schnell bewegte ich meine Beine und entkam auch dem unmittelbaren Dunstkreis des Feuers. Seine Hitze nahm ab, aber die Flammen hatten jetzt die gesamte Hütte erfaßt und zerstörten auch das Dach. Wie lange, gierige, alles an sich reißende Finger schlugen sie schwankend und tanzend hervor, griffen in die Luft und suchten nach einer neuen Nahrung, um sie zu verschlingen.
Ich hatte den Muldenhang inzwischen erreicht und lief ihn geduckt hoch.
Meine Füße rutschten einige Male zurück, da auf dem Untergrund eine gewisse Feuchtigkeit lag, ich hielt mich auch fest und sah vor mir das dichte Sumpfgebüsch sowie die beiden gelben Augen, die mich anstarrten.
Gelbe Augen!
Der Gedanke kam etwas zu spät, dafür kam der Werwolf.
Mit Brachialgewalt bahnte er sich den Weg. Für einen Moment hatte ich das Gefühl, als würde er aus der Gummiwand springen, so schnell war er auch bei mir.
Als ich mich umdrehte, erwischte er mich trotzdem. Harte Pranken schlugen gegen mich, rutschten aber am Leder meiner Jacke ab, und die Bestie konnte sich ebensowenig halten wie ich, so daß wir beide den Hang hinunterrollten.
Ich überschlug mich, der Werwolf ebenfalls, aber ich kam nie zum Schuß, weil er mir kein Ziel bot.
Er war schneller als ich. Sein böses wildes Fauchen wehte mir entgegen, ich drehte mich liegend herum, wollte auf ihn zielen, als er mit einem gedankenschnellen Sprung verschwand und im Schatten untertauchte.
Ich ärgerte mich, stand ebenfalls auf und zielte mit der Beretta in diese Richtung.
Nichts war mehr zu sehen.
Ich ließ die Waffe sinken, da es keinen Zweck mehr hatte, nach der Bestie zu suchen. Sie hatte einen ersten Angriff gestartet, mich überrascht und mir bewiesen, daß sie längst nicht aufgegeben hatte.
Ich warf einen Blick auf die Hütte.
Das helle Feuer hatte sie völlig eingerahmt. Zum Glück trieb der Wind den Rauch von mir weg. Im Innern der Hütte sah es so aus, als würde Metall in einem Ofen schmelzen. Da lief alles zusammen und ineinander, es krachte und knirschte, auch die Möbel brannten und zerplatzten manchmal mit explosionsartigen Geräuschen.
Aber eines sah ich doch.
Das Auge!
Ein glühendes Oval, das inmitten des Feuers stand und sich nicht vom Fleck rührte.
Würde der Zyklop dem unheimlichen Feuer trotzen?
Eigentlich unwahrscheinlich, auch Dämonen waren gegen Flammen nicht gefeit, aber sie waren ebenfalls stets für eine Überraschung gut, wie mir die nächsten Sekunden bewiesen.
»Hallo, John Sinclair!« hörte ich Mirandas Stimme. »Gefällt dir meine Monsterwelt?«
Ich wirbelte herum.
Ungefähr dort, wo der gierige Werwolf verschwunden war, sah ich das blonde Mädchen aus dem Gebüsch treten. Es lächelte, und es hatte sich wie eine lebendige Mauer vor dem Körper der Bestie aufgebaut, deren rechte Pranke auf Mirandas Schulter lag.
»Da wären wir, Sinclair!«
***
Ja, sie waren da, und ich schaute sie mir genau an, während ich an den Titel eines Buches dachte.
Die Schöne und das Biest!
So war es auch hier.
Einmal Miranda, auf der anderen Seite der Werwolf. Und sie wußte genau, was sie wollte, denn sie sagte zu mir. »Wenn du jetzt schießt, wirst du nicht ihn treffen, sondern mich!«
»Ich weiß.«
»Willst du das?«
»Glaubst du denn, daß es mir etwas ausmacht?« fragte ich zurück.
Sie nickte. »Ja, das wird es. Du bist nämlich zu menschlich, Sinclair, ich habe es gespürt. Du würdest nicht über meine Leiche gehen, um einen Sieg zu erringen.«
»Der Zombie ist vernichtet!«
»Da war ich auch nicht in der Nähe!« Die Bestie machte es geschickt.
Sie traute mir nicht über den Weg und zeigte, wenn sie sich schon bewegte, nur so wenig von ihrem fellbedeckten Körper wie möglich.
Wenn ich schoß, lief ich tatsächlich in große Gefahr, Miranda zu treten, und das wollte ich auf keinen Fall.
»Und wie geht es jetzt weiter, Miranda? Es ist doch deine Welt. Du mußt es wissen.«
»Das weiß ich auch.«
»Ich höre!«
»Ich werde dir nicht
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