Mirandas Monsterwelt
Satz nach rechts in Sicherheit bringen wollte, mich aber zu spät abgestoßen hatte, denn die Geschwindigkeit der Waffe war einfach zu hoch.
Ich wurde an der Hüfte erwischt und hatte das Gefühl, von einer kräftig geschlagenen Eisenstange getroffen worden zu sein. Automatisch drang der Schmerzensschrei über meine Lippen, die eigentlich fließende Bewegung wurde zu einem grotesk anmutenden Abschlußsprung, und ich knickte auch ein, wobei ich den Arm ausstreckte und mich mit der rechten Hand abstützte, so daß ich nicht zu Boden fiel.
Ich schaute auf Miranda.
Sie hatte sich die Sache anders vorgestellt, denn der Bumerang lag wie verloren auf dem harten Untergrund und hatte sein Ziel nicht erreicht.
Auch ich war angeschlagen. Eine Prellung würde zurückbleiben, und so etwas ist immer unangenehm.
Das Mädchen schüttelte den Kopf, wischte über ihre Stirn und konnte nichts begreifen. Es bewegte die Lippen, ohne ein Wort zu sagen. Und die Schritte wirkten wie abgehackt, als sich Miranda in Bewegung setzte und auf mich zukam. Erst als sie mich fast erreicht hatte, blieb sie abrupt stehen und schaute mir ins Gesicht.
Ich stemmte mich hoch, biß die Zähne zusammen und hielt mir die Hüfte.
Meine Stimme klang nicht eben sehr verständlich, als ich sagte: »Auch jetzt hast du Pech gehabt, Miranda. Deine Monsterwelt ist nicht das, was du dir vorstellst.«
Ich bückte mich und griff nach der silbernen Banane, die Miranda keinen Erfolg gebracht hatte. »So etwas muß man können«, sagte ich zu ihr, aber sie hörte mich gar nicht.
Miranda stand mit offenem Mund, und ihr Blick war in eine unbekannte Ferne gerichtet, als würde sie dort etwas sehen, was nur ihr allein bekannt war.
Ich näherte mich ihr. Leise, fast behutsam, sprach ich das blonde Mädchen an. »Miranda? Hörst du mich?«
Ich bekam keine Antwort, legte ihr eine Hand auf die Schulter und versuchte es noch einmal. »Bitte, Miranda, antworte! Du mußt es tun. Du mußt mir sagen, was du…«
Da drehte sie den Kopf. »Sie sind tot«, hauchte sie. »Du hast sie vernichtet. Du hast sie geschafft. Sie sind nicht mehr da. Drei von vier Monstren mußten sterben…«
»Das ist wahr, Miranda. Allmählich wird deine Welt, auf die du so stolz gewesen bist, entvölkert.« Ich bewegte ihren Kopf. Meine Hand hatte ich dabei unter ihr Kinn gelegt. »Schau auf den Werwolf! Sein Fell ist zerfallen, grau wie Asche geworden, und der Wind wird es bald wegfegen, so daß nur noch die Knochen zu sehen sind. Das war einmal die Bestie. Jetzt zu einem andern. Der Zyklop lebt ebenfalls nicht mehr. Er konnte dem Bumerang nicht entwischen. Ich war zu flink, und in der Hütte liegt der Zombie, erwischt und vernichtet von einer geweihten Silberkugel. Schau auf die qualmenden Reste deiner Behausung. Sie sind symbolisch für das, was hier passiert ist. Deine Welt bricht zusammen. Sie kann nicht mehr bestehen, denn sie ist nicht natürlich gewachsen. Sie hat kein Recht…«
»Hör auf zu reden!« Ihre Stimme klang tonlos. Sie ging auch einen Schritt zur Seite, als wollte sie nichts mehr mit mir zu tun haben.
Außerdem war sie bleich geworden, und sie richtete ihren Blick gegen den düsteren Himmel, der wolkenverhangen war. Sie wirkten ebenso dünn wie der über den Boden kriechende Dunst, so daß sich hinter ihnen die Silhouette des Mondes abzeichnete.
Er gab dem Bösen Kraft!
Ich wußte es, und ich wußte auch, daß noch ein vierter Feind im Dunkel lauerte.
»Der Vampir wird dich vernichten!« flüsterte Miranda. »Ihm entkommt keiner. Ich habe ihn mir immer gewünscht und ihn auch von meiner Mutter bekommen. Du wirst gegen ihn keine Chance haben. Er wird mich, meine Mutter und all die anderen rächen, das verspreche ich dir.«
»Dann soll er sich zeigen!«
»Das braucht er nicht.«
Ich hob die Schultern und spürte dabei das Ziehen in meiner Hüfte.
»Jedenfalls werde ich gehen und dich, Miranda, mitnehmen. Ob du nun willst oder nicht.«
Sie gab mir keine Antwort, schaute mich nur länger als gewöhnlich an, und ich stellte fest, daß sie an irgendeinem Problem knackte. Plötzlich schüttelte sie den Kopf.
»Du hast dir selbst die tödliche Falle gestellt, John Sinclair. Glaub es mir, du wirst nicht mehr entkommen, auch wenn es dir gelingen sollte, den Vampir zu töten. Ich schwöre es dir.«
Da die Worte so ernst gesprochen worden waren, wurde ich nachdenklich. Was konnte sie nur damit gemeint haben? An eine Lüge wollte ich nicht glauben, und ich schluckte hart, bevor
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