Miss Carolines verwegener Plan
Da er nicht riskieren wollte, Miss Denby zu verpassen, betrat er die Stallungen, noch ehe der Horizont langsam hell wurde.
Einige Zeit später hatte er seinen Hengst im Hof so oft auf und ab geführt, dass die Pferdeknechte, die inzwischen ihrer Arbeit nachgingen, verwunderte Blicke tauschten.
Zum Teufel, wo blieb Miss Denby?
Vielleicht hatte sie sich einfach aus Vorsicht entschieden, auf den morgendlichen Ritt zu verzichten, damit sie Henshaw nicht begegnete? Viel Zeit blieb diesem nämlich nicht mehr, wenn er sie erobern wollte. Von seinem Cousin hatte Max erfahren, dass die Hausparty sich dem Ende zuneigte. Am Abend zuvor hatte Alastair ein wenig mit seiner Schwester Jane geplaudert. Und die hatte ihm voller Stolz anvertraut, dass bald zwei Verlobungen gefeiert werden würden. Sie hatte auch erwähnt, dass Lissa sich mit Eugenia Whitman angefreundet hatte und ihrer ersten Saison in London entgegenfieberte.
Miss Whitman, erinnerte Max sich, war laut Aussage seiner Tante jünger, schöner und wortgewandter als ihre Stiefschwester Caroline Denby. Diese Bemerkung nahm er ihr noch immer übel. Miss Denby hatte Vorzüge, die nicht zu verachten waren. Und dabei dachte er nicht an ihre Mitgift – auch wenn diese zweifellos der Grund dafür war, dass Henshaw sich für sie interessierte.
Nun, bald würde sie vor dessen Nachstellungen sicher sein. Zumindest bis zum nächsten Frühjahr. Würde sie dann – so wie sie befürchtete – eine weitere Saison in London über sich ergehen lassen müssen? Würde Lady Denby sie zwingen, ihre geliebten Pferde zu verlassen, um in der Stadt an all jenen gesellschaftlichen Ereignissen teilzunehmen, die sie so verabscheute?
Schade, dass ihr Jugendfreund Harry so unerreichbar weit fort war. Sie hätte es verdient, einen Mann zu heiraten, der ihre Eigenheiten zu schätzen wusste und ihr aufrichtig zugetan war. Einen, der sie nicht daran hinderte, sich dem von ihrem Vater aufgebauten Gestüt zu widmen.
Als Max sich auf den Rückweg zum Haus machte – sein Pferd hatte er einem der Stallknechte überlassen –, spielte er mit dem Gedanken, sich von Miss Denby zu verabschieden. Leider wusste er nicht recht, wie er das bewerkstelligen sollte, ohne die noch anwesenden Gäste darauf aufmerksam zu machen, dass die junge Dame mit ihm bekannt war. Nun, vielleicht konnte er ihr einen Besuch auf dem Gestüt abstatten, sobald er seine eigenen Angelegenheiten geregelt hatte. Oder sie würden sich in London begegnen.
Der Tag verging quälend langsam. Da Alastair wieder einmal seinen Pflichten als Gutsbesitzer nachgehen musste, beschloss Max schließlich, sich noch einmal mit seinem Buch ins Gewächshaus zurückzuziehen. Leise öffnete er die Tür und atmete tief ein. Ein Hauch von Jasmin und andere schwache Düfte kitzelten seine Nase. Plötzlich vernahm er Stimmen. Sie waren allerdings zu leise, als dass er die Worte hätte verstehen können.
Im ersten Moment wollte er sich zurückziehen. Aber dann überkam ihn die Neugier. Hatte sich eines der frisch verlobten Paare hier verabredet, um ein paar Minuten lang ungestört zu sein? Da wäre es nicht fair gewesen zu stören. Als Gentleman musste er das Gewächshaus verlassen.
Doch da hörte er, wie eine Frau laut und deutlich sagte: „Ihr Antrag ehrt mich, Mr Henshaw. Aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir zwei nicht zusammenpassen.“
Caroline Denby! Max blieb abrupt stehen. War Henshaw ihr heimlich ins Gewächshaus gefolgt, um sie unter Druck zu setzen?
Sein erster Impuls war, ihr zu Hilfe zu eilen. Aber vielleicht würde sie ihm seine Einmischung übelnehmen. Schließlich war sie eine ungewöhnlich durchsetzungsfähige kluge Frau, die durchaus in der Lage war, einen unerwünschten Verehrer in seine Schranken zu weisen. Dennoch konnte er sich nicht dazu überwinden, das Gewächshaus zu verlassen. Wahrscheinlich war es dieser Beschützer-Instinkt, der ihn davon abhielt. Er unterdrückte einen Fluch. Schließlich wusste er ja nur zu gut, dass es seine Ritterlichkeit gewesen war, die ihn schon einmal in große Schwierigkeiten gebracht hatte.
Jetzt redete Henshaw. Aber er sprach so leise, dass Max nur erraten konnte, was er sagte. Miss Denbys Antwort hingegen war wieder gut zu verstehen.
„Nein, ich werde meine Meinung nicht ändern. Sie werden zugeben müssen, dass ich alles in meiner Macht Stehende getan habe, um Sie zu entmutigen. Deshalb kommt mein Nein bestimmt nicht überraschend für Sie. Und jetzt lassen Sie mich bitte
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