Miss Carolines verwegener Plan
Newman sprechen, damit er dafür sorgt, dass die Pferde während meiner Abwesenheit weiter trainiert werden.“ Ein Gefühl der Panik überkam sie, aber sie drängte es mit großer Willensstärke zurück. Noch war sie die Herrin von Denby Lodge, und sie würde alles Menschenmögliche tun, um es zu bleiben. „Kannst du Dulcie bitten, ein paar Dinge für mich einzupacken?“, wandte sie sich noch einmal an ihre Stiefmutter.
„Natürlich. Und du sagst dem Kutscher am besten gleich, wann der Reisewagen morgen bereitstehen soll.“
„Ich werde die Postkutsche nehmen“, gab Caroline zurück. „Dann bin ich schneller in London.“
„Die Postkutsche?“, keuchte Lady Denby. „Unmöglich! Eine junge Dame kann nicht mit der Post reisen. Wenn du nicht den Reisewagen nehmen willst, dann miete wenigsten eine schnelle Kutsche für dich und Dulcie.“
Entschlossen schüttelte Caroline den Kopf. „Die schnellste Möglichkeit, nach London zu kommen, ist die Fahrt mit der Postkutsche.“ Und nichts war im Moment wichtiger als Schnelligkeit!
„Wo willst du in London absteigen?“
„Bei meiner Cousine Elizabeth. Ich denke, sie wird daheim sein. Sollte sie sich jedoch nicht in London aufhalten, muss ich wohl ein Hotelzimmer nehmen. Ich bin sicher, dass Mr Henderson mir, wenn nötig, ein gutes Hotel empfehlen kann. Und jetzt muss ich mich beeilen. Es gibt noch so viel zu erledigen, und ich darf die Postkutsche morgen früh auf keinen Fall verpassen.“ Damit drückte sie ihrer Stiefmutter beruhigend die Hand und verließ den Salon.
Kurz darauf betrat sie die Stallungen und rief nach Newman. Es gab eine Menge mit dem Stallmeister zu bereden.
„Machen Sie sich keine Sorgen, Miss Denby“, sagte Newman, als alle Details besprochen waren. „Alles, was ich weiß, habe ich von Ihrem Vater – Gott hab ihn selig – gelernt. Sie können mir vertrauen.“
Er wünschte ihr eine gute Nacht und ließ sie allein, damit sie sich ungestört von Sultan verabschieden konnte.
Caroline trat an dessen Box, und er hielt ihr sofort den Kopf hin, damit sie ihn streicheln konnte. „Mein Schöner“, flüsterte sie, „diesmal kann ich dich nicht mitnehmen. Sobald ich zurück bin, unternehmen wir zwei einen schönen Ausritt.“ Das Pferd schnaubte leise und zupfte mit seinen weichen Lippen an ihrer Hand.
Es war dunkel im Stall, und plötzlich hatte Caroline das Gefühl, für alle Zeit in dieser Finsternis eingeschlossen zu sein. Erneut begann die Angst von ihr Besitz zu ergreifen. Sie wehrte sich, aber vielleicht hätte sie den Kampf verloren, wenn Sultan sich nicht noch näher an sie herangedrängt hätte, so als wolle er sie trösten.
Wenn sie ihn und all die anderen Pferde verlöre, gäbe es nichts auf der Welt, das ihr hätte Trost spenden können. Sie hatte keine Geschwister, keine beste Freundin, nicht einmal fürsorgliche Nachbarn. Harry war in Indien, und Lady Denby brachte ihr zwar Zuneigung entgegen, verstand jedoch überhaupt nicht, was in ihr vorging. Seit sie denken konnte, hatte sie die Pferde als ihre engsten Freunde angesehen. Nun aber stand auf einmal ihr gesamter Lebensinhalt auf dem Spiel.
Die Vorstellung, dass jetzt irgendein selbstgerechter Mann ihr das Gestüt fortnehmen wollte, war unerträglich. Wie kam Woodbury dazu zu glauben, er könne darüber entscheiden, welchen Platz eine Frau in der Welt einzunehmen habe!
In diesem Moment hasste sie ihn.
Oh Gott, was sollte sie tun, wenn er mit seinem Plan Erfolg hatte?
Erschöpft, verängstigt und der Verzweiflung nahe legte Caroline den Kopf an Sultans Hals und tat etwas, das sie bisher nur äußerst selten getan hatte. Sie weinte.
11. KAPITEL
E twa dreißig Stunden später stieg Caroline erschöpft aus der Droschke, die sie von Mr Hendersons Anwaltsbüro zum Haus ihrer Cousine Elizabeth gebracht hatte.
Das bescheidene Stadthaus war Elizabeth trotz der Verschwendungssucht ihres Gatten geblieben, weil im Ehevertrag festgelegt worden war, dass es nicht veräußert werden durfte. Als Caroline langsam die Stufen zum Vordereingang hinaufging, dachte sie: Elizabeth hat trotz allem Glück gehabt.
Sie selbst wurde von Kopfschmerzen geplagt, und jede Bewegung fiel ihr schwer. Die lange Fahrt in der Postkutsche war noch schlimmer gewesen, als sie befürchtet hatte. Auch der Tag in London hatte sich schwierig gestaltet. Sie hatte kaum Zeit gehabt, ihre Cousine zu begrüßen, ehe sie zu Mr Henderson aufgebrochen war, wo man sie mit schlechten Nachrichten empfangen
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